Helmut Ettl und Eduard Müller, die den Vorstand der Finanzmarktaufsicht (FMA) bilden, haben am Mittwoch die alljährliche FMA-Publikation "Fakten, Trends und Strategien 2024" sowie die Aufsichts- und Prüfschwerpunkte für das kommende Jahr präsentiert. Dabei verwiesen die beiden Experten gleich zu Beginn darauf, dass Österreichs Finanzwirtschaft vor sehr großen Herausforderungen stehe. "Die abrupte Zinswende, das signifikante Inflationsrisiko sowie die weltweit düsteren Konjunkturaussichten erhöhen den Druck auf die finanzielle Leistungs- und Schuldendienstfähigkeit vieler Haushalte und Unternehmen massiv," so Ettl und Müller.
Angesichts der schwierigen Lage in der Realwirtschaft und auf den Finanzmärkten forderte der FMA-Vorstand die beaufsichtigten Unternehmen auf, "ein pro-aktives Risikomanagement zu betreiben, entsprechende Vorsorgen zu bilden und in der Ausschüttungspolitik besonnen zu agieren und so die Kapitalbasis und Risikotragfähigkeit weiter zu stärken." Überdies müsse das Kostenmanagement durch die konsequente Nutzung der Chancen, die die Digitalisierung bietet, weiter verbessert werden. Im Rahmen der Präsentation gab es aber nicht nur Schwarzmalerei.
Heimischer Finanzmarkt robust, aber...
So betonten Ettl und Müller, dass der österreichische Finanzmarkt der Serie exogener Schocks – von der Covid-19-Pandemie bis hin zu Russlands Aggressionskrieg gegen die Ukraine - gut standgehalten habe und nach wie vor stabil und krisenfest aufgestellt sei. Das würde zeigen, dass die richtigen Lehren aus der globalen Finanzkrise gezogen worden seien. Konkret wurde der regulatorische Rahmen evaluiert und überarbeitet, Lücken geschlossen und die Aufsicht europäisiert, so der FMA-Vorstand.
Obwohl sich die Bankenunion der Eurostaaten mit gemeinsamer Aufsicht und Abwicklung bewährt habe, sei nicht alles eitel Wonne. So würden sich derzeit die Warnsignale mehren: "Signifikante Wertverluste bei verschiedenen Vermögenswerten, etwa langfristig fixverzinsten Anleihen sowie Immobilien, erhöhen den Druck auf die Finanzdienstleister weiter," so Ettl und Müller. Insbesondere die schwierige Lage im Immobiliensektor werde die österreichische Real- und Finanzwirtschaft noch einige Zeit fordern.
Überdies werde es den Banken nicht auf Dauer möglich sein, die Zinserhöhungen – der Hauptgrund für ihre stark verbesserte Profitabilität (LEADERSNET berichtete) - weiterhin asymmetrisch zu Lasten der Sparer:innen und Einleger:innen an die Kreditnehmer:innen durchzureichen. Zudem drohe angesichts der angespannten Lage in Nahost eine weitere Verschärfung der geopolitischen Spannungen, die weitere exogene Schocks im Weltwirtschaftssystem auslösen könnte. "Die große Gefahr besteht darin, dass Risiken gleichzeitig schlagend werden und sich gegenseitig beschleunigen und verstärken," so Ettl und Müller.
Längerfristige Trends und eigene Schwerpunkte
Überlagert werden diese mittelfristigen real- und finanzwirtschaftlichen Herausforderungen durch längerfristig wirkende geopolitische, technologische, ökologische und gesellschaftliche Trends. Dazu zählen der FMA zufolge der Weg in eine geopolitische Neuordnung, die eine Neuausrichtung der globalen Wirtschaftsbeziehungen erfordere, der digitale Wandel, der weitreichende Veränderungen in Wirtschaft und Gesellschaft mit sich bringe, der Kampf gegen die Erderwärmung, der eine globale Neuausrichtung der Wirtschaft erfordere (aber nur schleppend vorankomme), das sich verändernde Verbraucherverhalten, das die etablierten Schutzmechanismen zunehmend ins Leere laufen lasse, sowie die steigenden Anforderungen an ethisches und regelkonformes Verhalten aller Finanzmarktteilnehmer:innen, die einen Fokus auf Sauberkeit auf dem Finanzplatz erfordere.
Als Reaktion auf diese Herausforderungen und Risiken hat die Finanzmarktaufsicht sechs Themenfelder für ihre Aufsichts- und Prüfschwerpunkte 2024 definiert (siehe Infobox).
Mit welchen konkreten Instrumenten, Projekten und Initiativen diese Themenfelder adressiert werden, ist in der aktuellen FMA-Publikation "Fakten, Trends und Strategien 2024" im Detail dargestellt (PDF-Download unten). Ebenso ist dort die "Mittelfristige Risikoanalyse 2024-2028" der FMA zu finden.
www.fma.gv.at
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