"Oft sind die derzeitigen Mieten nach den Zinserhöhungen nicht kostendeckend"

Franz Pöltl, Geschäftsführender Gesellschafter bei EHL, erklärt im LEADERSNET-Interview, wieso gedeckelte Mieten die notwendigen Nachhaltigkeitsinvestitionen kaum finanzieren und was die größten Herausforderungen für das Zinshaussegment sind.

LEADERSNET: Angenommen ich hätte noch nie von ihrem Unternehmen gehört, wie würden Sie die EHL beschreiben?

Pöltl: EHL ist Österreichs führendes Immobiliendienstleistungsunternehmen und deckt sämtliche Nutzungsarten über den gesamten Lebenszyklus der Immobilie, von der Vermittlung und Verwaltung über Bewertung, Baumanagement, Developmentberatung bis Market Research ab. Besonders stolz sind wir darauf, dass wir auf Grund unserer sehr engen, persönlichen und vertrauensvollen Beziehungen zu allen unseren Kund:innen in den letzten Jahren überdurchschnittlich gewachsen sind.

LEADERSNET: Erst kürzlich wurde der EHL-Zinshausmarktbericht 2023 publiziert. Wo sehen Sie in Zukunft die größten Herausforderungen für dieses Segment?

Pöltl: Der Zinshausmarkt ist so wie die gesamte Immobilienbranche mit einem schwierigen gesamtwirtschaftlichen Umfeld und stark gestiegenen Zinsen konfrontiert. Hinzugekommen sind zuletzt die Maßnahmen, die zur Erreichung des EU-Green-Deal im Zusammenhang mit  der Verbesserung der Nachhaltigkeit erforderlich sind. Das wird eine Mammutaufgabe, die viel Geld kosten wird, zahlreiche technische Innovationen erfordert und auch organisatorisch höchst schwierig umzusetzen ist – schließlich handelt es sich bei Zinshäusern um Bestandsimmobilien, die in der Regel vollständig vermietet sind. Diese Maßnahmen im laufenden Betrieb umzusetzen ist nicht nur herausfordernd und teuer, es fehlen dazu nach wie vor alle gesetzlichen Vorschriften, da in bestehende Mietverhältnisse und Hausgemeinschaften eingegriffen wird.

LEADERSNET: Welche sind die größten Herausforderungen für Zinshausinvestoren bei der Dekarbonisierung?

Pöltl: Bislang gibt es noch keine allgemein auf alle Zinshäuser anwendbare Technologie, die quasi auf Abruf implementiert werden könnte. Darüber hinaus wird auch die Finanzierung der Maßnahmen eine Herausforderung: Wie Sie wissen, sind die Mieten von historischen Häusern in Österreich gedeckelt. In vielen Fällen sind die derzeitigen Mieten nach den Zinserhöhungen bereits jetzt nicht kostendeckend. Zusätzliche Investitionen ohne die Möglichkeiten, zumindest einen Teil der Kosten auf die Mieter überwälzen zu können, stellt die Branche vor eine Herausforderung, auf die es noch keine Lösung gibt. Da wird sich auch auf gesetzlicher Ebene noch einiges tun müssen, wenn die Energiewende in diesem Segment erfolgreich sein soll.

LEADERSNET: Welche sind die finanziellen und ökologischen Vorteile der Dekarbonisierung für Zinshausinvestoren?

Pöltl: Abseits einer positiven Auswirkung auf die Betriebskosten hat die EU-Taxonomie das Ziel, die Erderwärmung zu stoppen. Da gibt es für Immobilienbesitzer keine finanziellen Vorteile. Der Branche ist klar, dass die Beschlüsse der EU-Kommission unumkehrbar sind und die Vorgaben umzusetzen sind. Wie schon mehrmals erwähnt, herrscht Verunsicherung über das wie und vor allem die Frage, wer wird es am Ende bezahlen. Natürlich hat auch ein Großteil der Zinshausinvestoren den Anspruch, den Gebäudebestand auf Nachhaltigkeit umzustellen. Die in der Regel mehr als 100 Jahre alten Zinshäuser haben schon mehrmals bewiesen, dass sie besonders flexibel an neue Herausforderungen angepasst werden können.

LEADERSNET: Sie haben mir vorweg erzählt, dass mit gedeckelten Mieten die notwendigen Nachhaltigkeitsinvestitionen kaum finanzierbar sein würden. Warum?

Pöltl: In Österreich gibt es für Immobilien, die mehr als zwei Wohneinheiten haben und vor 1945 gebaut wurde, gedeckelte Mieten, sogenannte Richtwertmieten. Die liegen vor allem in Wien deutlich unter dem Marktpreis. Derzeit ist es wegen der gestiegenen Zinskosten schon schwierig, daneben alle Kosten wie beispielsweise die laufende Erhaltung zu decken. Wenn ein Objekt nun mit hohen Investitionen dekarbonisiert wird, kommt das den Mietern in Form sinkender Betriebskosten und der Allgemeinheit durch Verringerung des CO2 Verbrauchs zugute. Der Vermieter hingegen hat keinen Return on investment auf das eingesetzte Kapital, denn er darf die Mieten trotz der Qualitätsverbesserung ja nicht erhöhen.

www.ehl.at

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