Laut aktueller KSV1870 Hochrechnung hat sich die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in den vergangenen Monaten konsequent erhöht.
14 Firmenpleiten pro Tag
Demnach waren im ersten Halbjahr 2023 in Österreich 2.600 Betriebe von einer Insolvenz betroffen. Das sind um 10,9 Prozent mehr Fälle als im Vergleichszeitraum des Vorjahres und im Schnitt rund 14 Firmenpleiten pro Tag.
Im Vergleich zum Jahr 2019, dem letzten "Normaljahr" vor der Corona-Krise, gab es seit Jänner 2023 um rund 40 insolvente Unternehmen mehr. Weiters sind auch die mangels Kostendeckung nicht eröffneten Fälle um 11,3 Prozent auf 1.067 Fälle gestiegen. Aufgrund dieser Entwicklung plädiert der KSV1870 dafür, darüber nachzudenken, ob in Zukunft auch bis dato mangels Kostendeckung abgewiesene Fälle eröffnet werden sollten. Denn es komme nicht selten vor, verwertbare Assets zu finden, die zugunsten der Gläubiger ausgelegt werden könnten.
"Es muss verhindert werden, dass finanziell gesunde Unternehmen aufgrund eines:r insolventen Geschäftspartners:in selbst ins Straucheln geraten. Dazu zählt unserer Meinung auch, etwaige Assets der nicht eröffneten Fälle genau unter die Lupe zu nehmen. Passiert das nicht, verlieren die Betriebe noch mehr Geld als das ohnehin schon der Fall ist", so Karl-Heinz Götze, Leiter KSV1870 Insolvenz.
Leiner/Kika-Insolvenz lässt Passiva steigen
Parallel zu den aktuellen Fallzahlen haben sich auch die vorläufigen Passiva erhöht – und zwar um 26 Prozent auf 1,04 Milliarden Euro. Geschuldet ist diese Entwicklung laut KSV1870 vor allem der aktuell größten Firmenpleite des Jahres, der Insolvenz rund um die Leiner & kika Möbelhandels GmbH, wo rund 132 Millionen Euro an Verbindlichkeiten zu Buche stehen (LEADERSNET berichtete).
Ein Blick in die Bundesländer zeigt, dass insbesondere Tirol von einem massiven Anstieg der Passiva betroffen ist. Dieser ist in erster Linie auf die bis dato zweitgrößte Pleite des Jahres, jene der Pharmazeutische Fabrik Montavit Gesellschaft m.b.H. mit einem Volumen von 45,2 Millionen Euro, zurückzuführen (LEADERSNET berichtete). Den deutlichsten Rückgang verzeichnete das Burgenland, wo die Passiva von 42 auf 15 Millionen Euro gesunken sind.
Bis zu 5.300 Firmenpleiten möglich
Der KSV1870 geht aus heutiger Sicht davon aus, dass das Vorjahresergebnis von rund 4.800 Firmenpleiten jedenfalls übertroffen wird und am Jahresende 2023 deutlich über 5.000 Fälle zu Buche stehen werden.
Aktuell gelte es aber auch abzuwarten, welche Auswirkungen unter anderem die Ausbezahlung des Urlaubsgeldes auf finanziell angeschlagene Unternehmen, und damit auch auf das derzeitige Insolvenzgeschehen, haben wird. Die Ausbezahlung von Urlaubs- bzw. Weihnachtsgeld würde jene Betriebe, die sich bereits in Schieflage befinden, zunehmend in die Bredouille bringen, heißt es vonseiten des Kreditschutzverbandes. Insgesamt bleibe aus Sicht des KSV1870 festzuhalten, dass die aktuelle Zahl der Firmenpleiten mit Blickrichtung Jahresende auf rund 5.300 Fälle zusteuert.
Gegenüber Vorkrisenzeiten wären das etwa 300 insolvente Betriebe mehr. "Was im ersten Moment nach einer Menge klingt, ist in der Realität weit weg von einer Insolvenzwelle. Es handelt sich dabei vorwiegend um Nachholeffekte aus Krisenzeiten, die wir auch in den kommenden Jahren wohl erleben werden", so Götze.
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