Energiekosten, hohe Beschaffungs-, Logistik- und Personalkosten begleiten die Unternehmen in Österreich und ganz Europa seit längerem. Der Kaskadeneffekt der Teuerung mit einer VPI-Inflationsrate von neun Prozent im Mai hat sich wie prognostiziert auf hohem Niveau eingependelt und stellt für alle Handelsformate und Warengruppen eine anhaltende Herausforderung dar. Auch beim Thema Arbeitskräftemangel, wo zuletzt in manchen Bereichen etwas entgegengewirkt werden konnte, ist keine Entspannung in Sicht.
Der Handelsverband ist in seiner neuesten Blitzumfrage der Frage nachgegangen, wie es den heimischen Händler:innen, von KMU bis zum beschäftigungsintensiven Konzern, derzeit geht.
Das sind die Kernergebnisse:
- Umsatz- und Ertragsperspektive: Die österreichischen Händler:innen erwarten für das Gesamtjahr 2023 (im Vergleich zu 2022) einen Umsatzverlust von durchschnittlich Minus 10 Prozent. 46 Prozent der Handelsbetriebe werden heuer voraussichtlich einen Verlust erwirtschaften.
- Arbeitskräftesituation: Fast die Hälfte (48 Prozent) hat aktuell mit dem Personalmangel zu kämpfen. Bei 17 Prozent aller Betriebe ist deshalb nur ein eingeschränkter Betrieb (bis hin zu Filialschließungen) möglich.
- Staatliche Subventionen: 32 Prozent gibt an, noch immer nicht alle beantragten Corona-Entschädigungen (z.B. Verlustersatz) in voller Höhe erhalten zu haben. Acht Prozent der Handelsbetriebe sind von Rückforderungen der COFAG betroffen.
- Finanzierungsstatus: Bei 42 Prozent hat sich die Kapitalstruktur in den letzten zwölf Monaten verschlechtert. 41 Prozent haben bereits eine deutliche Erhöhung der Kredittilgungsraten aufgrund der Zins- und Gebührenerhöhungen seitens der Kreditinstitute wahrgenommen. 29 Prozent klagen über eine restriktivere Kreditvergabe seitens der Banken.
Die Ergebnisse der Befragung des Handelsverbandes zeigen deutlich: "Der österreichische Handel ist aufgrund der Teuerung in der Zwickmühle. Einerseits geben die Kund:innen ziemlich genau um den Wert weniger aus, der die Inflationsrate ausmacht, andererseits bleibt die Kostenseite für die Händler:innen fast unverändert hoch. Strom- und Gaspreise sinken zwar zuletzt leicht, aber ausgehend von einem dreifach so hohen Niveau als vor den Verwerfungen. Darüber hinaus sind die Energiepreise auch in den Produkteinkaufskosten nach wie vor starke Treiber, wodurch der Effekt fast doppelt wirkt. Inflationsgebundene Kosten wie Miete und Pacht belasten so wie auch der hohe Zinseszins die Liquidität und Kapitalstruktur, was gerade den Mittelstand und KMU stark herausfordert", so Handelsverband Geschäftsführer Rainer Will.
Bevölkerung zurückhaltender
Die Bevölkerung kauft nach wie vor zurückhaltender ein. Selbst bei Lebensmitteln gibt es spürbare Verschiebungen. "Zwei Drittel der Konsument:innen achten bewusst darauf, wie viel sie für den täglichen Einkauf ausgeben und greifen vermehrt zu kostengünstigeren Produkten. 21 Prozent sind auf lebensnotwendige Güter beschränkt, ein Wert, der sich seit Längerem festgesetzt hat. Und das in einer Zeit, in der der Handel bis zu 35.000 offene Stellen mit Zuschlagsgeldern und vielfach mit Überzahlung in allen Wochenstunden-Ausmaßen zu vergeben hat", sagt Will.
Reaktion des Handels
Der Handel reagiert mit:
- Investitionsstopp (53 Prozent)
- Reduzierung der Werbespendings (48 Prozent)
- Personalabbau (29 Prozent)
- Expansionsstopp (22 Prozent)
- Verhandlungen mit Vermieter:innen über Bestandszinsreduktion (19 Prozent)
- Aufnahme (weiterer) Finanzierungen (14 Prozent)
- Beantragung von Förderungen (13 Prozent)
- Beendigung der Geschäftstätigkeit (Neun Prozent)
- Filialschließungen (Sieben Prozent)
- Stundungen diverser Abgaben (Sieben Prozent)
Kaskadeneffekt auf andere Branchen
"Die Reaktion des Handels, um die Lage zu managen, führt zu Effekten in der Gesamtwirtschaft. Wenn mehr als jede:r zweite Händler:in einen Investitionsstopp verhängt und fast ein Viertel einen Expansionsstopp ausruft, dann hat das auch Auswirkungen auf die Bauwirtschaft und die Einrichter. Wenn 48 Prozent der Händler:innen Werbeausgaben reduzieren, hat dies Effekte auf die Werbewirtschaft. Daher ist es wichtig, einen konstruktiven Weg aus dem Dilemma zu finden, indem Rahmenbedingungen für die Wirtschaft praxisnahe verbessert werden, bis sich die Kapitalmärkte beruhigen", so Will abschließend.
www.handelsverband.at
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