Im Rahmen einer Pressekonferenz der österreichischen Automobilwirtschaft (Importeure und Fahrzeughandel), die gemeinsam mit der Statistik Austria abgehalten wurde, zeigte sich, dass die Branche erneut ein schwieriges Jahr hinter sich hat. Denn die am Donnerstag präsentierten Zahlen fielen deutlich schlechter aus, als sie von Realist:innen erwartet wurden. Gründe für den Einbruch am Automarkt gibt es viele. Den größten Brocken verursachten die anhaltenden Lieferschwierigkeiten aufgrund von Chipmangel, unterbrochenen Lieferketten und der Null-Covid-Politik in China. Darüber hinaus wirkten sich laut Günther Kerle, Sprecher der österreichischen Automobilimporteure, der Ukraine-Krieg, die hohe Inflation, gestiegene Preise, hohe Treibstoff- und Stromkosten, der Mangel und die Preisintransparenz an E-Ladestationen sowie die hohe Steuerlast negativ aus.
Lediglich 215.050 Pkw wurden 2022 verkauft
Das wurde auch von Peter Laimer, verantwortlich für die Kfz-Statistik bei Statistik Austria, der die Verkaufszahlen präsentierte, bestätigt: "Insbesondere hohe Preise, die Energiekrise und Folgen der Corona-Pandemie haben auch im Jahr 2022 den Automarkt maßgeblich beeinflusst. Im Vergleich zum Vorjahr gingen die Pkw-Neuzulassungen erneut zurück. Mit 215.050 Pkw wurden 2022 um ein Zehntel weniger Autos neu zum Verkehr zugelassen als im Jahr 2021." Gegenüber dem Vorpandemiejahr 2019 (329.363 Pkw-Neuzulassungen) sind das um mehr als ein Drittel weniger Neuzulassungen.
"Während die Zulassungszahlen von Benzinern und vor allem von Diesel-Pkw zweistellige Rückgänge aufwiesen, fiel die Abnahme der mit alternativen Kraftstoffen betriebenen Pkw mit 88.368 Fahrzeugen geringer aus (-1,9 Prozent)", erläuterte der Statistik-Experte weiter. Die ausschließlich elektrisch betriebenen Pkw konnten um 2,4 Prozent auf 34.165 Fahrzeuge zulegen.
"Neuzulassungen einspuriger Kfz (Motorräder und Mofas) setzten die rückläufige Entwicklung fort und lagen mit 43.651 Fahrzeugen um 2,4 Prozent unter dem Vorjahreswert", so Laimer weiter und fügte abschließend hinzu: "Die Lkw-Neuzulassungen insgesamt erreichten aufgrund der NoVA-Einführung für leichte Nutzfahrzeuge ab Mitte 2021 einen neuen Höchstwert (62.561), der aber im aktuellen Berichtsjahr 2022 mit 25.200 Stück wieder deutlich unterschritten wurde (-59,7 Prozent)."
Marken- und Modell-Ranking
Sieht man sich das Marken-Ranking an, konnten drei der zehn beliebtesten Hersteller ihre Verkaufszahlen steigern: BMW (Platz 3), Toyota (Platz 9) und Kia (Platz 10). Die Marke Volkswagen bleibt mit 31.951 verkauften Fahrzeugen und einem Marktanteil von 14,9 Prozent trotz Verlusten unangefochtene Nummer 1. Dahinter reiht sich Skoda (18.725 Neuzulassungen) ein. Hinter BMW landet Audi auf Platz vier gefolgt von Mercedes, Hyundai, Ford, Seat, Toyota und Kia.
Beim Modell-Ranking gab es eine Premiere. Denn mit dem Tesla Model Y, das hinter Skoda Octavia und Toyota Yaris auf dem dritten Platz landete, schaffte es erstmals ein reines Elektroauto unter die Top 3 der Jahres-Charts. Komplettiert werden die Top 10 von VW Golf, Dacia Sandero, Skoda Fabia sowie den VW-Modellen Bus (T6.1/T7), Tiguan, Polo und ID.4.
Bei den meistverkauften Elektroautos sieht die Top 10 Liste wie folgt aus: Tesla Model Y, VW ID.4, Cupra Born, Skoda Enyag iV, VW ID.3, Ford Mustang Mach-E, Audi Q4 e-tron, BMW iX3, Hyundai Ioniq 5 und Tesla Model 3.
Sicht der Importeure
Günther Kerle nannte in erster Linie die Nachwirkungen der Corona Pandemie, die Lieferschwierigkeiten nicht zuletzt aufgrund des Angriffskrieges auf die Ukraine sowie die hohe Inflation und damit verbunden eine abschwächende Konjunktur als Gründe für den Einbruch am Automarkt. Zusätzlich verwies er auf die hohe Besteuerung.
"Waren die ersten Monate des vergangenen Jahres noch durch eine gute Nachfrage im Autohandel geprägt, so wurde diese im Laufe des Jahres durch die Kaufzurückhaltung der Kund:innen bedingt durch die hohe Inflation getrübt. Speziell die extremen Teuerungen beim Strom und bei den Treibstoffen führten zu einer weiteren Verunsicherung bei allen Kaufinteressent:innen. Dass die Einführung einer neuen CO2-Steuer im zweiten Halbjahr die Situation im Automobilhandel weiter verschärft hat, braucht nicht extra betont zu werden. Österreich ist nun hinter Belgien das zweitteuerste Land in Europa in Bezug auf die Besteuerung von Pkw", so Kerle.
Dass die Einführung einer neuen CO2-Steuer im zweiten Halbjahr die Situation im Automobilhandel weiter verschärft habe, brauche nicht extra betont zu werden. "Österreich ist nun hinter Belgien das zweitteuerste Land in Europa in Bezug auf die Besteuerung von Pkw", untermauerte der Sprecher der österreichischen Automobilimporteure seine Kritik. Laut aktueller Studie des Europäischen Verbandes der Automobilhersteller würden pro Pkw und Jahr hierzulande im Schnitt 2.678 Euro an Steuern und Abgaben fällig. In Deutschland seien es 1.963 Euro und in Spanien 1.068 Euro. Der eigene Pkw sei in Österreich schon ein Luxusgut geworden. Trotzdem wolle die Politik das eigene Auto weiter verteuern.
- Technologieoffenheit und E-Mobilität
Laut Kerle sind Elektrifizierung, Vernetzung und automatisiertes Fahren nach wie vor die Schlagwörter der Zukunft in der Automobilindustrie. Wichtig sei dabei jedoch eine technologieoffene Forschung und Entwicklung, um Innovationen sicherzustellen und den Standort zu stärken. Dabei verwies er auch darauf, dass sich die Automobilimporteure für den Einsatz von synthetischen Kraftstoffen (E-Fuels) stark machen würden. "Das beherrschende Thema für die Automobilindustrie sind jedenfalls die strengen Klimaschutzziele mit den Bestrebungen, den CO2-Ausstoß des Verkehrssektors signifikant zu senken. Alle Hersteller setzen auf elektrifizierte Antriebe und Zero Emissionen-Fahrzeuge, um die strengen CO2-Vorgaben der EU zu erfüllen", führte Kerle aus.
Weiters ging er auf das Thema Elektroautos ein. Mit rund 15 Prozent Marktanteil könne von einem Hochlauf der E-Mobilität noch nicht wirklich gesprochen werden. Hauptgrund dafür sei nach wie vor die Verunsicherung der Kund:innen, ob diese Antriebsart die richtige Wahl für den jeweiligen Gebrauch darstelle. Obwohl das Angebot an Modellen und die Reichweite der Fahrzeuge ständig zunehme, bedürfe es noch viel Überzeugungsarbeit, um der E-Mobilität zum Durchbruch zu verhelfen. Die größten Hindernisse seien nach wie vor das fehlende öffentliche Ladenetz, die unübersichtliche Abrechnung der Anbieter sowie die zuletzt enorme Steigerung des Strompreises.
Kerle: "Auch wenn es uns gelungen ist, die Ankaufsunterstützung von E-Fahrzeugen durch das Umweltministerium für Privatkäufer:innen für 2023 zu verlängern, ist es unverständlich, dass in diesem schwierigen Umfeld die Unterstützung für Firmenankäufe gestrichen wurde. Damit verabschiedet sich die Politik mit ihrer Unterstützung von rund 75 Prozent des Marktes." Hintergrund: Drei Viertel der Elektroautos werden von Firmen, Kommunen, etc. zugelassen - nur ein Viertel entfällt auf Privatkund:innen.
Beim Ausblick auf das neue Jahr herrscht bei Kerle zumindest etwas Optimismus. So würde es stabile Signale, dass sich die Lieferengpässe in der Zulieferindustrie in den nächsten Monaten wesentlich verbessern und mit einer stabilen Produktion in den Herstellerwerken gerechnet werden könne, geben. Das seien jedenfalls gute Vorzeichen dafür, dass mit dem Jahr 2022 die Talsohle des Automobilmarktes durchschritten wurde und es nun aufwärts gehe. Aufgrund der schwierigen Rahmenbedingungen rechnen die heimischen Automobilimporteure aber nur mit einem überschaubaren Plus des Gesamtmarktes für 2023.
Klaus Edelsbrunner © LEADERSNET/ts
Sicht des Handels
- Lage für Kfz-Betriebe spitzt sich zu
Abschließend schilderte Klaus Edelsbrunner, Obmann des Bundesgremiums des Fahrzeughandels in der Wirtschaftskammer Österreich, seine Sicht der aktuellen Marktsituation: "Die Pkw-Neuzulassungen liegen weit unter dem Vorkrisenniveau. Auf das gesamte Jahr betrachtet fehlen rund 100.000 Pkw pro Jahr im bundesweiten Vergleich – das ist rund ein Drittel aller Neuzulassungen. Auch die Preiserhöhungen bei Fahrzeugen und die diversen Erhöhungen bei NoVA, CO2-Bepreisung usw. tragen zum negativen Ergebnis bei. Fehlende Neuzulassungen spüren wir zeitlich versetzt natürlich auch bei der Auslastung in unseren Werkstätten. Bei fallenden Stückzahlen im Handel und bei Reparaturen wird es für Betriebe immer schwieriger über die Runden zu kommen."
Notwendig seien daher eine Ausweitung der Unterstützungen für Unternehmer:innen für Energiekosten. Diese Förderungen müssten auch den Fahrzeughandel effektiv erreichen, so Edelsbrunner, der auch die Herausforderungen des Fahrzeughandels bei der Umstellung auf Agentursysteme, die noch immer nicht ausreichende Infrastruktur und Implementierung einheitlicher Ladesysteme beim Umstieg auf die Elektromobilität sowie die generelle mangelnde Unterstützung der politischen Akteure für das Automobil und den Wirtschaftsstandort ansprach.
- Wenig Hoffnung auf Besserung
Denn in Hinblick auf 2023 sei nicht mit einer Besserung der Lage zu rechnen. Durch die Wirtschafts- und Energiekrise, die erhöhten Kosten beim Heizen, Strom, etc. gemeinsam mit der Inflation sei davon auszugehen, dass die Kaufzurückhaltung bleibe bzw. gegebenenfalls sogar noch zunehmen werde.
"Abschließend möchte ich betonen, dass die individuelle motorisierende Mobilität nicht im Widerspruch zum Klimaschutz steht, sondern dass vielmehr ambitionierte Ziele gemeinsam leichter erreicht werden können“, so Edelsbrunner abschließend.
www.automobilimporteure.at
www.statistik.at
Kommentar schreiben