Im Juni 2022 ist die Inflationsrate laut Statistik Austria auf +8,7 Prozent angestiegen und hat damit das höchste Niveau seit 47 Jahren erreicht. Nahrungsmittel haben sich hierzulande im Juni durchschnittlich um +11,3 Prozent verteuert; im Mai waren es +9,0 Prozent. Wie vom Handelsverband (HV) schon vor Wochen prognostiziert, betrifft die aktuelle Teuerungswelle insbesondere Öle (+25,7 Prozent), Milch, Käse und Eier (16,1 Prozent), Fleisch (+13,2 Prozent) und Gemüse (+12 Prozent).
Der Ukraine-Krieg verstärkt die Inputkosten durch den Preisauftrieb bei Agrarrohstoffen und Betriebsmitteln wie Dünger, was wiederum die Lebensmittelproduktion und -distribution verteuert. Herausfordernd für den Handel bleibe laut HV auch die Suche nach alternativen Lieferant:innen, da die ausgefallenen Produktionspartner aus der Ukraine und Russland substituiert werden müssten. Zuletzt stiegen die Großhandelspreise zu denen der Handel selbst bezieht auf einen Rekordwert von +26,5 Prozent im Vorjahresvergleich an.
Will spricht von Herkulesaufgabe
"Für den Handel ist diese Entwicklung eine Herkulesaufgabe: Sie befinden sich in einer Schere zwischen historischen Einkaufspreissteigerungen in der Beschaffung, denen er ausgesetzt ist und auf der anderen Seite einem zunehmenden Kaufkraft-Verfall in der Bevölkerung. Alles was nicht vertankt oder für Elektrizität der eigenen vier Wände verbraucht wird, wird in lebensnotwendige Güter investiert. Für Konsumgüter bleibt nach einem kurzen Aufflackern nach Erhalt des Urlaubsgeldes immer weniger über", erklärt Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will.
Wir beobachten bei Rohstoffen, Verpackungen, Papier, Energie, Futtermittel und Logistik nie gekannte Preissteigerungen. Ursache der aktuellen Teuerungswelle seien die massiv gestiegenen Kosten für Energie und Treibstoffe in Folge des Ukraine-Krieges und der Pandemie. All das wirke direkt auf die Lebensmittelpreise – durch höhere Produktionskosten, höhere Lieferkosten, höhere Kühlungskosten und höhere Instandhaltungskosten.
"Das von Wifo-Chef Felbermayr vorgeschlagene Modell zur Kostenlimitierung bei Energiekosten-Rechnungen wird vom Handelsverband unterstützt, da es sowohl bei der Ursache ansetzt als auch bei den Betroffenen. Bereits jetzt müssen sich 15 Prozent der Bevölkerung auf lebensnotwendige Güter reduzieren, daher wäre eine zeitnahe Ankündigung ebenso nützlich, damit man die Ausgaben besser planen kann. Bereits mehr als die Hälfte der Bevölkerung blickt pessimistisch in die Zukunft, weshalb es nach dem Anti-Teuerungspaket ein weiteres Signal und effektives Mittel braucht, dass gezielt gegengesteuert wird, um die Lebensqualität der Menschen zu stabilisieren.", sagt Rainer Will.
Preistreiber und Mitarbeiter:innenmangel
Besonders stark sind die Preise mit +27,3 Prozent für Haushaltsenergie bzw. mit +21,9 Prozent für Verkehr gestiegen. Auch für den Bereich Wohnung, Wasser und Energie (+10,3 Prozent) mussten die heimischen Verbraucher:innen im Mai deutlich tiefer ins Geldbörsel greifen. Besorgniserregend stimmt überdies die Teuerung im Großhandel, die im Mai bei +26,5 Prozent lag.
Der Mitarbeitermangel spitzt sich ebenso weiter zu. Insgesamt sucht die Branche derzeit 18.000 Beschäftigte.
"Strukturell fehlen der Branche mittlerweile 18.000 Mitarbeiter:innen. Temporär verstärkt sich der Mangel, da ein nennenswerter Anteil der Urlaubsrückkehrer unmittelbar coronabedingt für weitere Tage und Wochen ausfällt", sagt Handelssprecher Will.
Versorgungslage stabil
Zumindest die versorgungstechnische Lage der heimischen Lebensmittelhändler bleibe laut HV auf einem stabilen Niveau. Der Lebensmittelhandel würde aktuell keinerlei nennenswerten Engpässe oder Verwerfungen verzeichnen. Herausfordernd bleibe die Preisentwicklung bei den Rohstoff-, Verpackungs- und Logistikkosten. Die flächendeckende Versorgung der österreichischen Bevölkerung sei jedoch vollumfänglich sichergestellt. Dies sei insbesondere der regionalen Beschaffung bei österreichischen Produzenten und Landwirten zu verdanken. Auch die zahlreichen freiwilligen Initiativen des heimischen Handels zur Bekämpfung der Lebensmittelverschwendung würden sich jetzt bezahlt machen.
www.handelsverband.at
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