Bereits im Jahr 2017 brachte die Frage "Droht der Wiener Zeitung das Aus?" die heimische Medienlandschaft in Aufruhr. In einem gleichnamigen Artikel berichtete damals unter anderem Die Presse (Die Presse hatte in den 2000er Jahren noch ohne Erfolg versucht, gerichtlich gegen die staatliche Subventionierung des Amtsblattes vorzugehen – Anm. d. Red.) über die Herausforderung, der sich die älteste noch erscheinende Zeitung des Planeten stellen müsste, wenn die Regierung die Pflichtveröffentlichungen in dem staatlichen Blatt streichen würde. Diese Herausforderung ist nun sehr real und für die Wiener Zeitung existenzbedrohend geworden.
Abhängig vom Staat
Wie Anfang März auch der Standard berichtete, hat sich im die amtierende türkis-grüne Regierung (nachdem die ehemalige türkisblaue Regierung bereits davor zu selbiger Entscheidung gekommen war – Anm. d. Red.) dazu entschlossen, die Pflichtinserate bei der Wiener Zeitung abzuschaffen.
Eine EU-Richtlinie liefert nun auch einen konkreten Anlass dazu, und das bedeutet, dass das Damoklesschwert, das nun bereits seit einigen Jahren über der Wiener Zeitung schwebt, sich gefährlich senkt. Denn das Medium, dessen Finanzierung nur aus einem geringen Bruchteil aus Verkauf und Inseraten stammt, ist zu ihrem unabhängigen Erhalt de facto vom Staat abhängig, eine private Finanzierung der Wiener Zeitung ist kaum möglich – vor allem nicht in einer globalen Pandemie.
Große Sorgen und viel Engagement für den Erhalt der "Wiener Zeitung"
Nachdem die aus der beschriebenen Sachlage resultierenden Gerüchte um eine teilweise oder gänzliche Einstellung der Wiener Zeitung durch die Abschaffung des gedruckten Amtsblattes wieder laut werden, melden sich immer mehr Unterstützer zu Wort. So positionieren sch unter anderem der Klub der Bildungs- und Wissenschaftsjournalistinnen und -Journalisten, der Presseclub Concordia und der Journalistenklub klar gegen das Aus der Wiener Zeitung.
Die Wiener Zeitung nehme durch ihre ausführliche und regelmäßige Wissenschaftsberichterstattung eine bedeutsame Rolle ein, weswegen der Erhalt dieses Mediums für die österreichische Presselandschaft seitens des Klubs als "besonders wichtig" angesehenen wird, plädiert so beispielsweise der Klub der Bildungs- und Wissenschaftsjournalistinnen und -Journalisten in einer offiziellen Aussendung. Die für den Erhalt der Zeitung notwendigen Mittel seien "im Vergleich zu den sonstigen Aufwendungen im Mediensektor gering" und stünden "in keiner Relation zu dem Schaden, der der Medienlandschaft in Österreich durch den Verlust der ältesten kontinuierlich bestehenden Tageszeitung der Welt entstünden", heißt es weiter in der Aussendung.
Warten auf Antworten
Es ist nicht das erste Mal, dass die Wiener Zeitung vor dem Aus steht, tatsächlich musste das Blatt auch schon einmal Abschied nehmen: Unter dem nationalsozialistischen Regime musste das Blatt am 29. Februar 1940 vorläufig eingestellt werden, nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Wiener Zeitung aber rasch wieder herausgegeben.
Fakt ist, dass für die aktuell sehr unsichere Zukunft der Wiener Zeitung neue Wege eingeschlagen werden müssen. Veränderung ist gefragt, und laut eigenen Angaben des Klub der Bildungs- und WissenschaftsjournalistInnen obliegt die Umsetzung dieser Veränderungen der Republik Österreich: Sie habe "die Pflicht" die Existenz der Wiener Zeitung als gedrucktes Tagesmedium sicherzustellen und, für den Fall, dass die bislang verpflichtenden Inserate als Einnahmequelle wegfallen, "alternative Finanzierungsmöglichkeiten zu eröffnen und ihr angekündigtes Konzept für einen Weiterbestand der Zeitung sowohl in Print als auch digital vorzulegen", so die Forderung der Bildungs- Wissenschaftsjournalistinnen und -Journalisten.
Die Förderung des unabhängigen Journalismus ist in jedem Fall zu unterstützen, und ein neuer Vorschlag für die Weiterführung der Wiener Zeitung darf die Unabhängigkeit des Blattes nicht gefährden oder gar kompromittieren. Ein entsprechender Vorschlag liegt zu diesem Zeitpunkt noch nicht vor. (rb)
www.wienerzeitung.at
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