Amazon muss sich auch in der Coronakrise wohl kaum Sorgen um seine Einnahmen machen, denn das Geschäft des Online-Only-Händlers floriert. Im vergangenen Jahr löste Jeff Bezos' Firma Microsoft als wertvollstes börsennotiertes Unternehmen der Welt ab und in den vergangenen Monaten bekam Amazon durch die COVID-19-Pandemie einen weiteren Push.
Dennoch ist auch der Online-Gigant nicht unfehlbar oder gar vor Betrugsmasche gefeit: Wie nun bekannt wurde, wurde Amazon nämlichh über zwei Jahre hinweg von vier Brüdern aus New York um mindestens 19 Millionen Dollar (16 Millionen Euro) gebracht.
Overshipping als Betrugsmasche
Die Täter kommunizierten ihre Machenschaften via WhatsApp-Gruppe, die den zuständigen Ermittlern nun als Beweismaterial zur Verfügung steht. Dort hätten sie offen darüber geschrieben, was taten, berichtet das US-Magazin Wired. Das Schema, nach dem die Brüder vorgingen, war dabei wenig gefinkelt und basiert auf einem üblicherweise unbeabsichtigten Vorgang, und zwar dem des "Overshipping".
Die Brüder nutzen also eine Lücke im vollautomatisierten Vendor-System des Online-Riesen, und das absolut bewusst: Wired zitiert einen der vier Brüder bereits relativ zu Beginn der WhatsApp-Kommunikation mit dem Satz "I'm so in the mood to fuck Amazon", zu gut Deutsch "Ich bin dermaßen in Stimmung, Amazon zu f***en".
Eine Schwäche des vollautomatisierten Vendor-Systems, welches von Händlern genutzt wird, die Amazon direkt beliefern – im Gegensatz zum Seller-System, wo über Amazon Endkunden beliefert werden – kam den Tätern hier gerade Recht. Jeder Artikel im Vendor-System verfügt nämlich um eine einmalige ID, (ASIN: Amazon Standard Identification Number – Anm. d. Red.). Die vier Brüder nahmen Bestellungen von Amazon für Produkte entgegen und sendeten stattdessen andere – eigentlich deutlich billigere Produkte – die sie mit derselben ASIN versahen. Weil das im Vendor-System möglich ist, vervielfachten sie noch dazu die Anzahl der gesendeten Produkte ("Overshipping").
Zahnbürsten für 94 Dollar das Stück
Um einen konkreten Fall zu schildern: Einmal orderte Amazon beispielsweise zwölf Kanister Desinfektionsmittel zu je 94,03 Dollar (79,78 Euro). Sttattdessen schickten die Brüder allerdings 7.000 Zahnbürsten, für die sie jeweils 94,03 Dollar verlangten – mit der ASIN der Kanister. Dann verrechneten sie Amazon rund 650.000 US-Dollar (551.500 Euro). Als Amazon in einem anderen Fall ein einzelnes Fläschchen edlen Parfums für 289,78 US-Dollar (246 Euro) bestellt hatte, versendeten die Betrüger stattdessen 927 Kunststoff-Barttrimmer, für die sie jeweils denselben Preis in Rechnung stellten.
Es sollen auch mehrmals mehr als 10.000 Stück verschickt und verrechnet worden sein, als Amazon weniger als 100 Stück eines anderen Produkts geordert hatte. Amazon kam dahinter und sperrte die Accounts der Betrüger, diese ließen sich jedoch nicht davon abhalten und eröffneten unter Angabe falscher Daten neue Profile und führten ihre Overshipping-Masche fort. Gegen die vier Brüder wird nun ermittelt. (red)
www.amazon.de
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