Es rumort in der internationalen Automobilbranche: es sind schwierige Zeiten, und schon seit Monaten herrschte zusätzlich Aufruhr, nachdem bekannt geworden war, dass zwei große Hersteller ihre Köpfe verdächtig nah zusammengesteckt hatten. Nun ist es beschlossene Sache: die Opel-Mutter Peugeot (Groupe PSA) und Fiat Chrysler fusionieren. Nach wochenlangen Verhandlungen teilten die Unternehmen am Mittwoch den Beschluss mit, der die Konzerne zum viertgrößten Autohersteller der Welt machen wird. Nur noch die Genehmigung der Wettbewerbsbehörden steht aus, dann gilt der Millarden-Deal als besiegelt.
Branche unter Druck
Die neue Mega-Fusion kommt nicht überraschend. Die Branche sieht sich – nicht zuletzt durch den Aufstieg von und den Umstieg auf e-Mobility – enormem Druck ausgesetzt. Hersteller haben keine andere Wahl, als Milliarden in autonome Autos und Elektromobilität zu investieren. Mit besonderen Problemen sieht sich zudem Fiat Chrysler konfrontiert, denn der Konzern hatte unter der Führung des verstorbenen Sergio Marchionne auf große Investitionen in Elektroantriebe verzichtet. Derzeit ist der italo-amerikanische Autobauer vor allem mit den großen Spritschluckern der Marken Jeep und Ram in den USA erfolgreich.
Absatzziel: 8,7 Millionen Fahrzeuge pro Jahr
Der durch die Fusion entstandene Mega-Player hat sich selbst ein großes Ziel gesetzt: 8,7 Millionen Fahrzeuge pro Jahrwolle man absetzen. Nur noch Volkswagen, Toyota und der französisch-japanische Renault-Nissan-Verbund wären größer als der neue Autogigant.
Der neue Verbund käme auf einen Jahresumsatz von knapp 170 Milliarden Euro und einen jährlichen Betriebsgewinn von mehr als 11 Milliarden Euro - ohne die Marken der Zulieferer Magneti Marelli und Faurecia. Beschäftigt werden nach früheren Angaben des französischen Wirtschafts- und Finanzministeriums rund 400.000 Menschen. PSA führt neben Opel die Marken Peugeot, DS und Citroen. Fiat Chrysler umfasst die Marken Alfa Romeo, Chrysler, Dodge, Jeep, Lancia oder Maserati. Opel gehört seit gut zwei Jahren zu PSA und wird mit harter Hand auf Effizienz und Gewinne getrimmt.
PSA-Boss an der Spitze des neuen Big Players
Im neuen Unternehmen wird ein Zusammenschluss "unter Gleichen" mit einem ausgewogen besetzten Vorstand angestrebt. PSA-Chef Carlos Tavares wird Vorstandsvorsitzender. Der Portugiese hat sich als knallharter Sanierer sowohl bei Peugeot als auch bei der Tochter Opel einen Namen gemacht.
Der FCA-Verwaltungsratsvorsitzende John Elkann übernimmt diese Rolle auch in dem neuen Unternehmen. Er ist der Enkel das legendären Fiat-Bosses Giovanni "Gianni" Agnelli (1921-2003) und Ururenkel des Fiat-Gründers Giovanni Agnelli senior (1866-1945). Das italienische Traditionsunternehmen war 2014 in Fiat Chrysler Automobiles aufgegangen.
Milliarden-Einsparungen ohne Fabrikschließungen
Mit der Fusion sollen Spareffekte von 3,7 Milliarden Euro erzielt werden, ohne eine Fabrik zu schließen. Die Effizienzgewinne, die sich etwa aus Einsparungen beim gemeinsamen Einkauf ergäben, ließen sich nach vier Jahren zu 80 Prozent heben, hatte es geheißen.
Es ist vor allem das gut ausgebaute Vertriebsnetz in Nordamerika, das FCA in den gemeinsamen neuen Konzern mit einbringen kann. Es dürfte den Markteinstieg von Peugeot in Amerika erheblich erleichtern. PSA ist dafür in Europa stärker. Auch bei der Entwicklung von Hybrid- und Batterie-Fahrzeugen sind die Franzosen weiter als die Italoamerikaner. (red)
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