Der Franzose Axel Herpin leitet seit rund zwei Jahren die Geschicke von Pernod Ricard Austria. Der Spirituosenunternehmer ist einer der großen Player am globalen Markt. leadersnet.at hat sich mit Herpin über fertiggemischte Drinks, die Havana Club Sommertour, Marketing auf Snapchat und Corporate Social Responsibility unterhalten.
leadersnet.at: Wie ist 2016 für Pernod Ricard bisher gelaufen und wie entwickelt sich der Spirituosenmarkt in Österreich?
Herpin: Die Pernod Ricard Gruppe hat ein Geschäftsjahr, das nicht dem Kalenderjahr entspricht. Wir sind ein bisschen wie die Juweliere. Das heißt, dass die letzten drei Monate des Kalenderjahres für uns die wichtigsten sind, während die Sommermonate eher ruhig sind. Aus diesem Grund läuft unser Geschäftsjahr vom 1. Juli bis zum 30. Juni. Wir stehen also noch am Anfang unseres aktuellen Geschäftsjahres. Bisher bestätigt sich die gute Entwicklung unserer Gin-Marken und auch die Aperitifs, wie Lillet und Ramazzotti Aperitivo Rosato.
leadersnet.at: Können Sie zu den Steigerungsraten konkrete Zahlen nennen?
Herpin: Wir haben vergangenes Jahr eine Studie durchgeführt, wo wir die Consumption Occasions (Konsumanlässe, die sich bieten) überprüft haben. Da haben die Aperitifs mit einer Rate von 71 Prozent mit Abstand am besten abgeschlossen. Dahinter folgen dann Wodka und Liköre mit einem Wert von 45 bis 50 Prozent. Somit handelt es sich um eine Kategorie, die regelrecht am explodieren ist. Die Nachfrage wird in Zukunft massiv steigen. Das bestätigt uns auch der Einzelhandel, wo es fast dreistellige Absatzzuwächse gibt. Dieses Wachstum treiben wir mit unseren Marken entscheidend an.
leadersnet.at: Ist dieses Wachstum ein österreichspezifisches Phänomen?
Herpin: In Deutschland liegt der Consumption Occasions-Wert bei den Aperitifs bei gerade einmal 37 Prozent – sprich die Hälfte vom Wert, den wir in Österreich haben. Ich habe vorher in Deutschland gearbeitet und ich denke, dass der Unterschied daher rührt, dass die Genusskultur in Österreich eine andere ist. Hier ist sie meiner Meinung nach viel ausgeprägter, ähnlich wie beispielsweise in Frankreich. Aus diesem Grund glaube ich auch, dass wir bei den Aperitifs ein wirklich großes Potential in Österreich haben.
leadersnet.at: Diese Genusskultur und der bewusstere Umgang mit Lebensmitteln scheint derzeit überhaupt ein Revival zu erleben.
Herpin: Ja, ich denke, dass der Trend auch in unserer Branche in diese Richtung geht: gute, hochwertige Drinks und weniger billige Schnäpse. Das spielt uns, mit unserer Vielfalt an Marken und Getränken, natürlich in die Karten. Es gibt unzählige Rezepte, was man beispielsweise mit einem Lillet alles mixen kann – Soda, Tonic (Lillet Vive), Schweppes Wildberry etc.
leadersnet.at: Gibt es Pläne, diese Drinks bereits fix und fertig gemixt zum Verkauf anzubieten?
Herpin: Das passt nicht unbedingt in die Philosophie von Pernod Ricard. Unsere Philosophie lautet Herkunft und Authentizität. Das ist auch die Stärke von Pernod Ricard. Jede Flasche Absolut Vodka kommt aus Åhus in Schweden und das ist uns sehr wichtig. Das ist nicht bei allen Herstellern so. Deswegen würden Ready-To-Drink Getränke nicht unbedingt zur Philosophie von Pernod Ricard passen. Ein Drink ist am besten, wenn er frisch gemixt wird. Aber wir haben schon ein paar Innovationsprojekte in unserer Gruppe, die dieses Thema aufgreifen. Eines heißt „Guttenberg“ und es geht darum, dass man sich zuhause seine eigenen Cocktails mixen kann. Aber das Ganze ist noch nicht wirklich offiziell.
leadersnet.at: Pernod Ricard hat kürzlich die Ginmarke Monkey 47 übernommen. Wie ist es dazu gekommen?
Herpin: Ganz übernommen haben wir Monkey 47 nicht. Wir haben aber einen Mehranteil an den Black Forrest Distillers, die den Gin herstellen, gekauft. Zudem haben wir mit 1. Juli die Distribution von Monkey 47 in Österreich übernommen. Monkey 47 hat mit Alexander Stein weiterhin den gleichen Managing Director und es ist geplant, dass das in den kommenden Jahren auch so bleibt.
leadersnet.at: Stehen weitere Zukäufe an?
Herpin: Es gibt bei Pernod Ricard immer Platz für Produkte, die das Portfolio ergänzen – entweder global oder regional. Wir haben aber auch das wahrscheinlich breiteste Portfolio der ganzen Industrie, was es auch schwierig macht, bei neuen Akquisen die richtige Lücke zu finden.
leadersnet.at: Hat der Brexit einen Einfluss auf das Geschäft von Pernod Ricard?
Herpin: Das betrifft uns nicht wirklich. Ich möchte da Pernod Ricard-CFO Gilles Bogaert zitieren, der gesagt hat, dass es aufgrund des Whisky-Exports aus Großbritannien sogar einen kleinen positiven Effekt für die Pernod Ricard Gruppe in Höhe von 30 Millionen Euro hat.
leadersnet.at: Wir haben eingangs bereits über das große Potential von Aperitifs gesprochen. Welche anderen Segmente performen am besten?
Herpin: Gin ist definitv eine Kategorie, die wächst. Im vergangenen Jahr konnte Gin Zuwächse im zweistelligen Bereich erzielen. Man muss aber auch dazu sagen, dass Gin nur einen Anteil von zwei Prozent am Gesamtspirituosenmarkt hat.
leadersnet.at: Denken Sie, dass dieser Trend anhält?
Herpin: Bei Gin denke ich schon, dass es eine nachhaltige Entwicklung ist. Ein wichtiger Grund für die Zuwächse bei den Gin-Verkäufen ist sicherlich, dass Gin Tonic zur Zeit groß im Trend liegt. Es gibt Bars, die haben 20 oder 30 verschiedene Tonic Wasser in ihrem Sortiment. Wir haben in unseren Sortiment Beefeater Gin – die mittlerweile größte Gin-Marke am österreichischen Markt – Plymouth und Monkey 47. Plymouth ist eine kleine Marke, die in der High End Gastronomie sehr beliebt ist. Ich bin ein Gin-Liebhaber und muss sagen, dass ich mit unserem Gin-Portfolio wunschlos glücklich bin. You can not ask for more, wie der Engländer dazu sagen würde.
leadersnet.at: Das Thema Werbung ist für ein Unternehmen wie Pernod Ricard – das Alkohol, dazu noch hochprozentigen, verkauft – nicht ganz einfach. Wie wählt man hier die richtigen Marketingstrategie aus?
Herpin: Wir haben nicht wirklich große Budgets um klassische Werbekampagnen machen zu können und investieren unsere Mittel auch nicht in klassische Werbung. Wir investieren das Geld lieber in Social Media oder in Events. Bei Events können Konsumenten unsere Markenwelt erleben und wir können eine Beziehung zu ihnen herstellen und sie können eine gute Zeit erleben. Das andere große Thema ist, wie gesagt, Social Media. Wir gehörten heuer mit Absolut Vodka zu den ersten, die eine sehr innovative Snapchat-Kampagne durchgeführt haben. Das wollen wir auch weiterführen. Für Absolut steht jetzt im Herbst dann eine weitere Social Media-Kampagne für eine Limited Edition, die wir auf den Markt bringen, an. Wir haben bereits einen eigenen YouTube-Channel für Absolut Facet gelauncht.
leadersnet.at: Im Eventbereich haben Sie diesen Sommer unter anderem auf die Havana Club Sommertour gesetzt. Wird es mit anderen Marken ähnliche Aktionen geben?
Herpin: Alles was funktioniert und von den Konsumenten, den Gastronomiekunden und unserem Außendienst positiv angenommen wird, wollen wir weiterführen. Die Havana Club Sommertour wurde beispielsweise verlängert. Auf unserer Facebook-Seite kann man beispielsweise eine Kubareise gewinnen. Von unseren Aperitifs gibt es beispielsweise Marken-Verkostungstouren, wo wir die Marken zu den Konsumenten bringen.
leadersnet.at: In Ihren Werbeaktionen wird immer auch auf den verantwortungsvollen Umgang mit Alkohol hingewiesen. Welche Corporate Social Responsibility (CSR) Maßnahmen setzen Sie aktuell?
Herpin: CSR, also der verantwortungsvolle Umgang mit Alkohol ist tatsächlich ein sehr großes Thema in der Pernod Ricard Gruppe und steht immer an der Tagesordnung. Es gibt einen sehr umfangreichen Kodex, den wir befolgen müssen und auch gerne befolgen. Wir haben auch einen Tag im Jahr, den The Responsib'all Day, wo wir uns firmenintern einem CSR-Thema widmen.
leadersnet.at: Sie leiten jetzt seit 2014 die Geschicke von Pernod Ricard in Österreich. Welche Eindrücke konnten sie in diesen zwei Jahren sammeln?
Herpin: Ich bin begeistert von Österreich. Unsere Head of Marketing kommt aus dem Mostviertel, ein Sales Director aus dem Waldviertel, einige Mitarbeiter aus Tirol – ich bin echt begeistert von Österreich und seiner Vielfalt, von der Gastronomie und der fantastischen Lebensqualität.
leadersnet.at: Wie wichtig ist der österreichische Markt für Pernod Ricard?
Herpin: Natürlich haben 8,5 Millionen Österreicher nicht das gleich Gewicht wie 65 Millionen Franzosen oder 80 Millionen Deutsche. Aber alleine, dass wir hier eine eigene Tochtergesellschaft haben und das Geschäft nicht von Deutschland aus gesteuert wird, zeigt den Stellenwert, den Österreich für Pernod Ricard hat. Wir haben hier ein volles Managementteam und treffen alle unsere Entscheidungen unabhängig.
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