„Ich konnte eine Marktnische besetzen"

Schuhmachermeister Gerhard Wieser im Interview über Erfolg, berufliche Vorbilder und geniales Marketing.

Seit 2013 erzeugt Schuhmachermeister Gerhard Wieser Schuhe nach traditioneller Maßschuhfertigung mit dem Anspruch, der Aktualität von morgen Rechnung zu tragen. Grund genug für leadersnet.at mit dem Geschäftsführer von Wieser Shoe Design über die Stärken seines Unternehmens, Visionen und selbstgesteckte Ziele zu plaudern.

leadersnet.at: Was bedeutet für Sie Erfolg?

Wieser: Für mich bedeutet Erfolg, wenn ich mit dem Erreichten zufrieden bin. Ich setze mir grundsätzlich hohe Ziele, das ist mein naturell. Danach habe ich allerdings schon das nächste Ziel im Auge. Solange ich gesund bin, kann ich meine Ziele auch erreichen, das ist das Wichtigste. Auch wenn mein Betrieb finanziell gesund dasteht, ist das für mich Erfolg. Geld ist sicher auch ein Parameter für Erfolg, obwohl es nicht der vorrangige Antrieb für mich ist. Wenn meine Kunden, mein Umfeld und ich selbst meine Leistung anerkennen, dann bin ich erfolgreich.

leadersnet.at: Welche sind die Stärken Ihres Unternehmens?

Wieser: Die Individualität, eine Stärke, die man selten woanders findet. Das hat sicher auch damit zu tun, dass ich sieben Jahre Erfahrung in der Industrie habe und selbstverständlich auch damit, dass ich ebenso lange in Italien, im Land des Designs, arbeiten konnte. Dort habe ich meinen eigenen Stil geprägt. Diese Erfahrung, verbunden mit dem traditionellen handwerklichen know how ist ein großer Vorteil gegenüber den Mitbewerbern.  

leadersnet.at: Welchen Stellenwert hat Ihr Unternehmen am Markt?

Wieser: Mit dem 2013 übernommenen Geschäft konnte ich eine Nische besetzen, die es im Maßschuhbereich vorher nicht gegeben hat. Trendige, coole Maßschuhe, in diesem Segment bin ich sicher Vorreiter, obwohl ich selbstverständlich auch den klassischen Maßschuh anbiete. Wir bewegen uns im Maßschuhbereich in einer kleinen Welt, wir decken nicht die Masse ab, sondern müssen uns die Individualisten herauspicken, die Wert auf Einzigartigkeit legen und das Handwerk lieben. So konnte ich mir in den letzten zwei Jahren einen guten Namen erarbeiten, wenn jemand einen Maßschuh will, kommt er auch um meine Website nicht herum. Ohne je in Internetwerbung investiert zu haben, erscheint mein Name in der Suchmaschine unter den Top-3. Das Internet ist für mich überhaupt ein wesentlicher Faktor. Die Internetadresse ist schon wichtiger als die Geschäftsadresse zu kommunizieren. Zu mir ins Geschäft kommen müssen die Kunden dann soundso, aber die Information, das Kennenlernen läuft größtenteils über das Internet.

leadersnet.at: Haben Sie ein berufliches Vorbild?

Wieser: Ein Persönlichkeit, die mich fasziniert ist der Gründer und Eigentümer von Geox, Mario Moretti Polegato. Mit einer einfachen Message „Geox, der Schuh der atmet“ verkauft er weltweit eine Riesenmenge an Schuhen. Ein genialer Slogan, der in der ganzen Welt gleich kommuniziert wird. Ich konnte aus nächster Nähe seinen Aufstieg zum Großunternehmen mitverfolgen und bin nach wie vor von dieser Leistung beeindruckt. Aber auch Pepi Fischer, der Eigentümer der gleichnamigen Skimarke oder der Südtiroler Heiner Oberrauch, der den angeschlagenen Bergsportspezialisten Salewa saniert und danach weltweit expandiert hat, sind für mich großartige Unternehmer mit einem unglaublichen Gespür. Die Bereitschaft unternehmerische Risiken einzugehen, findet man heute ganz selten.  

leadersnet.at: Wenn es möglich wäre, würden Sie heute etwas anders machen?

Wieser: Nein, es ist gut wie es ist, ich bin froh darüber, wie sich alles entwickelt hat.

leadersnet.at: Trennen Sie Beruf und Privatleben?

Wieser: Nein, das geht einfach nicht. Ich finde es aber auch nicht störend. Einzelunternehmer ist man 24 Stunden und wenn ich in der Nacht aufwache weil mir etwas einfällt, dann gehe ich auch am Sonntag in die Werkstatt um es sofort auszuprobieren. Das ist keine Belastung, weil ich es für mich selbst mache, für meine eigene Entwicklung. Ich finde es als Luxus, meinen Beruf allgegenwärtig zu haben. Ich habe zum Beispiel auch in meinem Haus eine Werkstatt und da können auch meine Kinder an meiner Arbeit teilhaben und hautnah erleben, was ich mache. Sie wissen genau was ihr Vater tut, wenn Kunden kommen, kennen sie schon genau die Werkzeuge, die Stifte, die ich zum Anmessen brauche. Wir verbinden auch Reisen nach Italien mit Beruflichem. Da kaufe ich Material ein, wir machen Firmenbesuche in Montebelluna, dort pflege ich meine Kontakte und meine Familie nimmt ebenfalls daran teil. Es entwickeln sich auch persönliche Freundschaften, mit den meisten Kunden bin ich mittlerweile „per du“. Als Schuhmacher kommt man den Kunden ziemlich nahe, die Füße sind schon fast eine intime Zone. Also spielt auch Vertrauen eine große Rolle. Andererseits fällt eine Hemmschwelle und die Sache wird persönlich, vor allem dann, wenn die Kunden merken, mit welcher Freude, du deinen Beruf ausübst.

leadersnet.at: Welchen Stellenwert haben Mitarbeiter in Ihrem Unternehmen?

Wieser: Generell einen hohen Stellenwert. Ohne Mitarbeiter wäre eine gewisse Größe nicht zu schaffen. Andererseits ist es nicht immer leicht, wenn man an sich hohe Ansprüche stellt, dies seinen Mitarbeitern nicht abzuverlangen. Hier eine Balance zu finden, fällt manchmal etwas schwer.  

leadersnet.at: Worin liegen ihre persönlichen Stärken?

Wieser: Eine meiner größten Stärken ist die Zielstrebigkeit, ich verfolge meine Ziele mit einer gewissen Sturheit, vor allem aber mit Ausdauer.

leadersnet.at: Welche Personen sind in Ihrem Leben wichtig?

Wieser: Ganz klar, meine Familie. Dieser Rückhalt ist enorm wichtig, auch als Anlaufstelle, von der du weißt, da kann ich mich immer hinwenden. Dazu zählen auch gute Freunde, die man oft ein dreiviertel Jahr nicht sieht, jedoch wenn es darauf ankommt, sind sie da.

leadersnet.at: Welcher Versuchung können Sie nicht widerstehen?

Wieser: An einem Schuhgeschäft vorbei zu gehen. Das schaffe ich einfach nicht, es zieht mich hinein, wie mit einem Magneten.

leadersnet.at: Wobei können Sie entspannen?

Wieser: In meiner Werkstatt, ohne Spaß, manuelle Arbeit macht den Kopf frei. Es wäre für mich mehr Belastung, den ganzen Tag zu telefonieren oder E-Mails zu beantworten, da bin ich lieber in meiner Werkstatt und betreue meine Kunden persönlich. Ich hatte als Geschäftsführer, als Divisionmanager einen gutbezahlten Job in der Industrie, trotzdem war es nicht mein eigenes Unternehmen und ich war während dieser Zeit nicht so entspannt wie jetzt.

leadersnet.at: Was bedeutet für Sie Luxus?

Wieser: Als Unternehmer über meine Zeit frei entscheiden zu können. Oft bin ich während der Woche hier in der Werkstatt und am Wochenende bei diversen Veranstaltungen, wo ich meine Schuhe präsentieren kann. Dort kann ich Kunden gewinnen, Kontakte pflegen, das macht mir Spaß, weil es zu meinem Business gehört. Dafür leiste ich mir den Luxus, mein Geschäft zwei Wochen im Winter und vier Wochen im Sommer zuzusperren. Obwohl ich in dieser Zeit wieder nach Italien fahre und dort läuft es ab, wie vorher geschildert.

leadersnet.at: Welche Ziele haben Sie?

Wieser: Das ist eine Frage, die ich mir immer wieder selbst stelle. Will ich, dass mein Geschäft weiter wächst oder genügt mir diese Größe? Wenn ich weiteres Wachstum will, bedeutet dies Einbußen an meiner Lebensqualität. Aber dieses Geschäft wird immer meine Basis bleiben, es hat sich mittlerweile etabliert und soll auch in Zukunft so weiterlaufen. Was es sonst noch an Träumen und Zielen gibt, darüber bin ich mir selbst noch nicht ganz klar. Klar ist, mein Geschäft hat oberste Priorität, was sich daraus noch alles entwickelt, bleibt abzuwarten. Vielleicht lässt sich der Erfolg von Geox noch einmal wiederholen, wer weiß. Im Grunde steht dahinter eine gute Idee und geniales Marketing.

www.wieser-shoe-design.at

        

Profil

Name: Gerhard Wieser
Beruf: Schuhmachermeister und Orthopädischer Schuhmachermeister
Firma: Wieser Shoe Design – Shoetec GmbH
Position: Geschäftsführer  
Geburtsdatum und -ort: 16. November 1974 in Tulln
Familienstand: verheiratet
Kinder: Marlene und Sara
Hobbies:
Sport jeglicher Art, Radfahren, Laufen und Skifahren
Ehrungen und Auszeichnungen:
12 Goldmedaillen, Internationaler Leistungswettbewerb im Schuhhandwerk seit 1995 (wird alle drei  Jahre vergeben); WKNÖ-Preis für „Kreativ in die Zukunft“
Funktionen:
Ausschussmitglied der Wiener Schuhmacherinnung

Profil

Name: Gerhard Wieser
Beruf: Schuhmachermeister und Orthopädischer Schuhmachermeister
Firma: Wieser Shoe Design – Shoetec GmbH
Position: Geschäftsführer  
Geburtsdatum und -ort: 16. November 1974 in Tulln
Familienstand: verheiratet
Kinder: Marlene und Sara
Hobbies:
Sport jeglicher Art, Radfahren, Laufen und Skifahren
Ehrungen und Auszeichnungen:
12 Goldmedaillen, Internationaler Leistungswettbewerb im Schuhhandwerk seit 1995 (wird alle drei  Jahre vergeben); WKNÖ-Preis für „Kreativ in die Zukunft“
Funktionen:
Ausschussmitglied der Wiener Schuhmacherinnung

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