leadersnet.at hat Thomas Neusiedler und Werner Panhauser, Vorstände bei der Helvetia Versicherung, zum Interview getroffen und sich über das Erfolgsmodell Lebensversicherung, die Spezialisierung auf Klein- und Mittelunternehmen, den rückläufigen KFZ-Markt und Vertragsabschlüsse via Handy unterhalten.
leadersnet.at: Wie war das Geschäftsjahr 2012 für die Helvetia?
Panhauser: Wir hatten ein gutes Geschäftsjahr und konnten das Geschäftsergebnis auf über acht Millionen Euro verdoppeln. Wir waren im Bereich Lebensversicherung die wahrscheinlich am stärksten wachsende Gesellschaft und in der Schaden-Unfall-Versicherung sind wir auf Kurs.
leadersnet.at: Laut eigenen Angaben haben Sie einen derzeitigen Marktanteil von rund 1,5 Prozent. Wo haben Sie noch die größten Wachstumschancen und was ist das Ziel?
Panhauser: Der strategische Plan sieht vor, dass wir im Bereich Schaden-Unfall-Versicherung bis 2016 in die Top-10 wachsen. Das muss aber mit einem profitablen Wachstum einhergehen und das können wir auch schaffen. Im Bereich Lebensversicherung kommen wir eher aus einer kleineren Marktposition, weil es die fondgebundenen noch nicht so lange gibt und Anker (so hieß die Helvetia in Österreich bis 2006 – Anm. d. Red.) auch nicht der klassische Lebensversicherer war. Da bekommen wir aber viel Know-how aus der gesamten Helvetia-Gruppe mit. Deswegen haben wir in diesem Segment sicherlich noch die größeren Wachstumsmargen, aber es gibt noch keine konkrete Position, die wir einnehmen wollen. Wir versuchen einfach stärker als der Markt zu wachsen und das gelingt uns derzeit sehr gut.
leadersnet.at: Ist das Modell Lebensversicherung noch zukunftsträchtig, nachdem der Garantiezins derzeit doch sehr niedrig ist. Und gibt es überhaupt eine Alternative dazu?
Panhauser: Sicherlich waren die Renditen in den 90er Jahren höher. Aber die Frage ist, welche Alternativen es wirklich gibt und ob die Renditen tatsächlich so schlecht sind. Wenn jemand nach einer alternativen langfristigen Altersvorsorge sucht, dann bleibt nicht mehr wirklich viel übrig. Als sicheres, langfristiges Vorsorgeinstrument ist es eine tolle Sache. Und die Versicherer können etwas, was keine Bank kann, sie können nämlich eine Rente zusagen, die lebenslang ist. Ich breche eine Lanze für die klassische Lebensversicherung.
Neusiedler: Wir fahren mit dem konservativen Schweizer Ansatz sehr gut. Marketingtechnisch denke ich, dass wir noch mehr unsere Verbindung zur Schweiz herausstreichen müssen und die damit verbundenen Schweizer Imagewerte wie finanzieller Erfolg, Seriosität und Nachhaltigkeit.
leadersnet.at: Wie hat sich die Krisenstimmung der letzten Jahre auf Ihre Branche ausgewirkt?
Neusiedler: Gerade im Lebensversicherungsbereich haben wir eine Zeitlang gemerkt, dass sich die Menschen nicht mehr so langfristig veranlagen. Die große Sparwelle haben wir aber glücklicherweise nicht gesehen. Als nachgelagerter Wirtschaftszweig merken wir zum Beispiel, wenn es weniger Neuwagenzulassungen gibt, dass das Auswirkungen auf die Kaskoversicherungen hat. Heuer gibt es zehn Prozent weniger Neuwagenzulassungen und das spüren wir natürlich. Ansonsten geht es darum, für bestimmte Versicherungszweige, wie Unfall, durch qualifiziertes Verkaufen eine Nachfrage zu generieren. In anderen Produktbereichen, wie KFZ, fragt der Kunde nach.
leadersnet.at: Sie sagen, eine Ihrer größten Stärken liege im individuellen Service speziell für die Versicherung von Kleinunternehmen. Wie sieht das genau aus und warum die Spezialisierung auf Kleinunternehmen?
Panhauser: Wir achten auf eine starke Sustainability unseres Geschäftes. Mit kleineren und mittleren Unternehmen hat man weniger Schwankungen im Kundenabgang und –zugang, als wenn man einen großen Kunden verliert. Wir haben rund 20 Zielbranchen ausgewählt, in die wir uns sehr stark hineindenken. Da sind wir von der Schadensliquidierung bis zur Deckung die klare Benchmark am Markt.
Neusiedler: Wir haben viele Maklerpartner und haben gemeinsam mit der Wirtschaftskammer eine zertifizierte KMU-Ausbildung für Makler. Dort können sie ihr Wissen deutlich professionalisieren um sich klar abzuheben. Wir schaffen dadurch eine Win-Win-Win-Situation: Der Makler bekommt eine hervorragende Ausbildung, der Kunde hat jemanden, der sich auskennt und wir haben auch einen Partner, der mit der Helvetia verbunden ist. Aus dieser Maßnahme ist dann die nächste Maßnahme entstanden, dass wir eine Ausbildung zum zertifizierten Versicherungsmakler angeboten haben. Und dieser Lehrgang war schon beim ersten Tag der Anmeldung ausgebucht.
leadersnet.at: Welche Trends erwarten Sie sich für 2013 und 2014 in der Versicherungsbranche?
Panhauser: Einer der Trends der nächsten Jahre wird sicherlich die On Demand-Versicherung sein. Ein Beispiel: Ich stehe auf der Skipiste und merke, dass ich mich sicherer fühlen würde, wenn ich eine entsprechende Versicherung hätte. Dann muss es möglich sein, dass ich mich mit dem Smartphone On Demand versichern kann. Grundsätzlich ist die Kommunikation mit dem Kunden aufgrund der Digitalisierung stark im Wandel begriffen. Der Kunde will Verfügbarkeit rund um die Uhr. Er will seine Finanzamtsbestätigung vielleicht um 23.30 Uhr anfordern und ausdrucken und nicht nur zwischen 8 und 16 Uhr. Der Trend vom Bene-Ordner und den klassischen Büroöffnungszeiten zum On Demand-Service ist unverkennbar.
Neusiedler: Was für uns immer wichtiger wird, ist aus einem stagnierenden KFZ-Markt heraus verstärkt auch in die Nicht-KFZ-Schiene hinein zu gehen. Mit allen Herausforderungen – Stichwort Überschwemmungen – die diese Seite hat. Was interessant zu beobachten sein wird, ist wie sich das Thema Solvency weiterentwickeln wird. Im Endeffekt sind auch die Kapitalthemen im Zusammenhang mit Solvency möglicherweise ein Einflussfaktor in welche Produktschiene ich investiere. Für uns als Helvetia ist entscheidend, dass wir im Lebensbereich am Ball bleiben um im Endeffekt eine gesamtheitliche Antwort geben zu können. Wir als Helvetia brauchen einen gesicherten Marktanteil in den Top 10 um im Sinne eines funktionierenden Kostenmanagements vorne mitspielen zu können. Da wollen wir mit organischem Wachstum hin und wir sind guten Mutes, dass wir da auch hinkommen.
leadersnet.at: Apropos Digitalisierung: Wird es Ihrer Ansicht nach in naher Zukunft ein Segment geben, in dem der Kunde seinen Vertrag direkt online auf der Website der Versicherungsgesellschaft abschließen kann?
Neusiedler: Da gibt es die unterschiedlichsten Meinungen am Markt. Für Spezialprodukte, wie zum Beispiel die Haustierversicherungen, macht das aber sicherlich Sinn. Wir sind damit durchaus erfolgreich. Preisvorinformation ist auch ein wichtiges Stichwort in diesem Zusammenhang. Der Kunde macht sich im Vorhinein einmal schlau, was könnte das von ihm gewünschte Produkt kosten und dann geht er zu seinem persönlichen Berater, um über die Details zu reden. Es gibt auch bereits Kunden, die ihre Schadensmeldung per Facebook schicken. Wir bearbeiten es und das funktioniert.
leadersnet.at: Die Novelle zu den Versicherungsvermittlungsrichtlinien wird heftig diskutiert. Wie stehen Sie zu dieser Problematik?
Panhauser: Ich glaube nicht, dass das angestrebte Modell – dass nicht mehr das Versicherungsunternehmen, sondern der Kunde die Provision zahlt – funktioniert. In Dänemark und Australien hat es dazu geführt, dass in größeren Ortschaften, in denen es 30 Anbieter gab, am Ende nur noch zwei übrig geblieben sind, die aber dann den Preis diktiert haben. Somit ist genau das Gegenteil von dem eingetroffen, was die Konsumentenschützer wollten. Ein weiteres Problem ist, dass bei uns in Kontinentaleuropa diese Vorgehensweise nicht gelernt ist. In Dänemark rudert man schon wieder zurück und in Australien war man mit einem Honorardumping konfrontiert. Ich glaube, dass der Markt für diesen Kleinmargen-Ausweis nicht bereit ist.
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