Dass die chinesischen Autobauer in einem beeindruckenden Tempo zu den etablierten Herstellern aufgeschlossen haben, steht außer Zweifel. Bei Elektroautos zählen sie mittlerweile sogar zu den Innovationstreibern. Doch wie stehen sie im Vergleich zu den alteingesessenen Marken tatsächlich da? Diese Frage beantwortet Jahr für Jahr der "Automotive Innovations-Report" des von Stefan Bratzel geleiteten Center of Automotive Management (CAM) in Bergisch Gladbach. Dessen Ergebnisse wurden nun veröffentlicht. Dabei wird der Vormarsch der chinesischen Hersteller zwar untermauert, ganz an die Spitze haben sie es aber (noch) nicht geschafft.
Für ihr jährliches Ranking haben die Autoexpert:innen die technologischen Innovationen von 30 globalen Autoherstellern mit zusammen 100 Automarken analysiert. Dabei wurden nicht weniger als 709 technologische Neuheiten erfasst und nach unterschiedlichen Kriterien (Originalität, Kundennutzen, etc.) bewertet.
BMW Gruppe holt Gesamtsieg
Der Automotive Innovations-Report listet also auf Basis verschiedener Bewertungspunkte die innovativsten Automobilkonzerne der Welt auf. Und in diesem Jahr landet die BMW Group auf Platz eins. Damit verweist die deutsche Traditionsmarke die chinesischen Hersteller Geely (149,4 Indexpunkte) und SAIC (136,8 Indexpunkte) auf die Plätze zwei und drei. Laut der CAM-Auswertung verbuchte BMW in den letzten 12 Monaten nicht weniger als 70 Serienneuerungen, von denen es sich bei 27 sogar um Weltpremieren handelt. Damit erreicht der deutsche Premiumhersteller, zu dem auch die Marken Mini und Rolls-Royce gehören, einen Innovationsindex von 151 Punkten und sichert sich somit den Titel "Innovativster Autobauer der Welt". Besonders erwähnenswert seien Erfindungen wie der autonome Staupilot (Level 3) im Luxus-Flaggschiff 7er, der blickgesteuerte Spurwechselassistent in der 5er-Reihe oder die KI-basierte "Proactive Maintenance". Bei den E-Autos Mini Cooper E/SE und dem i5 loben die Forscher:innen die ordentliche Reichweite und Ladeleistung.
Chinesische Marken am Vormarsch
Zu den großen Gewinnern des Rankings zählen eindeutig die chinesischen Hersteller. Von ihnen schaffen es erstmals fünf Konzerne in die Top 10 der innovationsstärksten Automobilgruppen weltweit. Laut dem Report würden Marken wie Geely, SAIC, BYD und Xpeng in Sachen Elektromobilität, Fahrerassistenzsysteme und Connectivity mittlerweile neue Standards setzen. GAC schafft es ebenfalls unter die besten zehn Konzerne. Insgesamt stieg ihr Anteil an der globalen Innovationskraft von 21 Prozent im Jahr 2019 auf aktuell 46 Prozent. Stefan Bratzel sagt zum weiteren Vormarsch: "Wir erleben eine massive Verschiebung der Machtverhältnisse zugunsten chinesischer Automobilunternehmen. Sie haben entscheidende Kompetenzen in Elektromobilität, softwaredefinierten Fahrzeugen und Vernetzung aufgebaut."
Mercedes verteidigt Premiumkrone, Toyota holt auf
Doch zurück zu den deutschen Herstellern. Mercedes-Benz (89,8 Indexpunkte) konnte den Titel der innovativsten Premiummarke erfolgreich verteidigen. Das liege vor allem an der neuen E-Klasse, die sich auch als innovativstes Modell 2024 bezeichnen darf. Bei der neuesten Generation ihres "Brot und Butter"-Autos legte die Marke mit dem Stern den Fokus auf Plug-in-Hybride, Connectivity und Innenraumgestaltung, heißt es im Report. Der Vorjahressieger, die Volkswagen Gruppe (LEADERSNET berichtete), verzeichnet hingegen einen Verlust von 44 Prozent der Vorjahrespunkte (heuer: 85,9 Indexpunkte) und muss sich in diesem Jahr mit Platz sechs begnügen. Volkswagens Rückgang sei vor allem auf die Innovationsschwäche der Tochtermarke Audi sowie die Stärke anderer Hersteller wie BMW und chinesischer OEMs zurückzuführen, resümiert Bratzel.
Bei der Innovationskraft konnten neben den chinesischen auch die japanischen Hersteller in den letzten Jahren zulegen. So schafft es Toyota in diesem Jahr auf Platz vier und verbessert sich damit um sechs Plätze (2023: Rang 10).
USA am absteigenden Ast
Während die Chinesen stark im Kommen sind, ist bei den US-amerikanischen Autobauern das Gegenteil der Fall. So verzeichneten General Motors und Ford im aktuellen Automotive Innovations-Report einen Rückgang ihrer Innovationskraft um rund ein Drittel und schafften es nur auf die Plätze 15 und 16. Selbst Tesla landet nur auf Platz 13, was aber sogar einer leichten Verbesserung (2023: Rang 15) entspricht.
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