Sebastian Kurz ist bei "seinem" Prozess gar nicht Hauptangeklagter

| Tobias Seifried 
| 20.08.2023

Auf der Zeugenliste für die drei Verhandlungstage stehen hochkarätige Wirtschaftsvertreter:innen. Kein Wunder, schließlich geht es u.a. um die Besetzung eines der (wirtschafts-)politisch wichtigsten Posten der Republik.

Seit Freitag ist es fix: Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKSTA) hat einen Strafantrag gegen den ehemaligen Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) gestellt. Seit der Bekanntgabe kamen immer mehr Details über die Anklage und Vorwürfe ans Licht. Neben Kurz sind in dem Prozess, der am 18. Oktober 2023 am Straflandesgericht Wien startet und für drei Tage anberaumt ist, auch noch dessen einstiger Kabinettschef Bernhard Bonelli und die frühere ÖVP-Vizeparteichefin und Managerin Bettina Glatz-Kremsner angeklagt. Alle drei bestreiten die Vorwürfe und für sie gilt natürlich die Unschuldsvermutung. Zudem zeigen sie sich siegessicher.

Sebastian Kurz und Bernhard Bonelli werden Falschaussagen vor dem Ibiza-Untersuchungsausschuss vorgeworfen. Dieser Vorwurf gilt auch für Glatz-Kremsner, der aber zusätzlich Falschaussagen vor den WKSTA-Ermittler:innen vorgeworfen wird. Sie ist auch Erstangeklagte, nicht Kurz. Der Strafrahmen für das zur Last gelegte Delikt beträgt für alle drei Angeklagten bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe.

Postenbesetzungen

Im Mittelpunkt der Anklage stehen Aussagen zu Postenbesetzungen. So sollen der Ex-Kanzler und dessen ehemaliger Kabinettschef, dem Parlament nicht alles preisgegeben haben, was sie über die Besetzung von Aufsichtsrat und Vorstand der ÖBAG wussten. Chef der Staatsholding wurde letztendlich Thomas Schmid, der mittlerweile einen Antrag auf Kronzeugenstatus gestellt hat (LEADERSNET berichtete). Die Österreichische Beteiligungs AG (ÖBAG) verwaltet die Beteiligungen der Republik Österreich an großen börsennotierten Unternehmen (OMV, Telekom Austria, etc.). Der Chefposten zählt somit zu den wirtschaftspoltisch wichtigsten Jobs des Landes.

Sebastian Kurz hat noch am Tag der Anklage via X (vormals Twitter) verkündet, dass er sich freue, da nun endlich die Wahrheit ans Licht komme. "Die Vorwürfe würden sich als haltlos erweisen", so der Ex-Kanzler.

Bei Bettina Glatz-Kremsner geht es um eine andere Postenbesetzung - und zwar um jene des Vorstands der Casinos Austria AG (Casag). Die Managerin wurde im Mai 2021 selbst zur Chefin der Casag. Als Finanzchef kam der damalige FPÖ-Politiker Peter Sidlo zum Zug, wobei Glatz-Kremsner bestritt, dessen Bewerbung unterstützt zu haben. Laut der WKSTA würden sichergestellte Chat-Verläufe anderes nahelegen. Ähnlich wie Sebastian Kurz zeigt sich auch Glatz-Kremsner zuversichtlich. Sie ließ über ihren Anwalt Lukas Kollmann mitteilen, davon überzeugt zu sein, dass sie ihre Sicht der Dinge vor Gericht umfassend darlegen werde können.

Prominente Zeugenliste und straffer Zeitplan

Insgesamt sollen an den drei Verhandlungstagen 21 Zeug:innen vor Gericht erscheinen. Auf der Liste finden sich auch diverse hochrangige (Ex-)Vertreter:innen aus Politik und Wirtschaft. Neben Ex-Öbag-Chef Thomas Schmid, Peter Sidlo und Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache sind unter andrem die früheren Finanzminister Hartwig Löger und Gernot Blümel, der ehemalige Kurz-Berater Stefan Steiner sowie Wirtschaftsgranden wie ehemalige Generalanwalt des Österreichischen Raiffeisenverbandes Walter Rothensteiner, Ex-Magna-Boss Siegfried Wolf, Sazka-Chef Robert Chvatal sowie Ex-Öbag-Aufsichtsratschef Helmut Kern und dessen Nachfolgerin Christine Catasta geladen. 

Den Prozess wird Michael Radastzics leiten, der seit Anfang Jänner als Richter am Landesgericht Wien für Strafsachen tätig ist. Er muss als Einzelrichter die Stichhaltigkeit der Anklage der WKStA, die in einem 108 Seiten umfassenden Strafantrag dargelegt wurde, für die - wie erwähnt - die Unschuldsvermutung gilt, beurteilen. Die Verhandlung ist auf drei Tage anberaumt, die Urteile sollen bereits am 23. Oktober 2023 fallen.

www.justiz.gv.at/wksta

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