Umweltverschmutzung, Klimaerwärmung, Biodiversitätsverlust und die Verknappung der Ressourcen sind die Hauptgründe für ein Umdenken hin zu einem zirkulären Wirtschaftssystem. Expert:innen sind sich einig: Um die von der Politik gesetzten Ziele zu erreichen, muss jedes in einem Produkt verwendete Material möglichst ressourcenschonend hergestellt und so lange wie möglich verwendet werden. Dies hält zum einen die Umweltverschmutzung und den Klimawandel auf und führt zum anderen auch zu neuen Innovationen und einem nachhaltigeren Wirtschaftssystem.
Doch wie können private Haushalte und Unternehmen dazu beitragen, dass unser Land die Klimaziele erreicht? Wie können die Wirtschaftsakteure knappe und wertvolle Ressourcen möglichst effizient und umweltschonend einsetzen? Fragen, die Moderator und Klimaexperte Andreas Jäger beim jüngsten Bank Austria Future Talk mit Expert:innen und Experten diskutierte.
Vermeidung von Elektroschrott
Kilian Kaminski, Co-Founder und CEO bei Refurbed, erläuterte in einem Video-Interview, wie sein Unternehmen seit fünf Jahren sehr erfolgreich gebrauchte Handys und Laptops wieder unter die Leute bringt – und damit sowohl Elektroschrott als auch CO2-Emissionen reduziert. Heute ist das in Wien beheimatete Unternehmen der am schnellsten wachsende Marktplatz für erneuerte Produkte im deutschsprachigen Raum. Wie berichtet, werden auf der Plattform mittlerweile auch Klamotten verkauft.
Robert Zadrazil, Vorstandsvorsitzender der Bank Austria, nannte als einen konkreten Beitrag zur Kreislaufwirtschaft die langjährige Kooperation mit dem gemeinnützigen IT-Unternehmen AfB, dem die Bank ihre „ausgedienten" IT-Geräte zur Verfügung stellt. Im Jahr 2021 waren das mehr als 5.200 IT- und Mobilgeräte mit einem Gesamtgewicht von fast 30 Tonnen – mehr als vier Fünftel dieser Geräte konnte AfB wiedervermarkten. Gleichzeitig unterstrich Zadrazil, dass in der Bank auch die Transformation des Kerngeschäftes in Richtung Nachhaltigkeit voranschreite, einschließlich innovativer Produkt- und Serviceangebote.
Expert:innenrunde beim Bank Austria Future Talk im November 2022 © oreste.com
Hoher Ressourcenverbrauch, niedrige Recyclingquote
Brigitte Karigl, Leiterin des Schwerpunktbereichs Kreislaufwirtschaft im Umweltbundesamt, wies darauf hin, dass jede:r Einwohner:in in Österreich pro Jahr rund 19 Tonnen an Ressourcen verbraucht. Das liege deutlich über dem europäischen Durchschnitt und schlage sich insbesondere in hohem Flächenverbrauch etwa für Straßen- und Gewerbeflächen nieder. In Bezug auf IT-Geräte betonte Karigl, dass etwa der Ressourcenverbrauch für die Herstellung eines Smartphones ein Vielfaches des Gewichts des Geräts ausmache – weshalb eine möglichst lange Nutzungsdauer von zentraler Bedeutung sei. Angesichts der internationalen Vernetzung in der industriellen Produktion müsse auch immer die gesamte Lieferkette betrachtet werden.
Christoph Scharff, Professor an der TU Wien und ehemaliger Vorstandsvorsitzender der ARA, sah die nach wie vor hohe Abhängigkeit Österreichs von fossilen Energieträgern als einen Grund dafür, dass Österreichs Kreislauf-Quote derzeit nur 12 Prozent pro Jahr der verbrauchten Ressourcen beträgt. Denn insbesondere mit der Verkehrsinfrastruktur und Gebäuden jeglicher Art würden wir als Land Jahr für Jahr ein potenzielles Rohstofflager erweitern, und dieses Potenzial müsse die Kreislaufwirtschaft in der Zukunft nutzen. Gleichzeitig liege Österreich bei der Recyclingquote von Siedlungsabfällen (private Haushalte plus kleine Gewerbebetriebe) europaweit – nach Deutschland – im Spitzenfeld.
Michael Fend, Geschäftsführer Leader-Management Steirisches Vulkanland, erläuterte, wie gut die Bioökonomie-Modellregion Steirisches Vulkanland die zur Verfügung stehenden Ressourcen bereits heute nutzt – insbesondere durch die umfassende Nutzung von Biomasse, beispielsweise für die Nahwärme-Erzeugung.
Was ist in fünf Jahren möglich?
In der Abschlussrunde danach gefragt, welche Fortschritte in ihrem jeweiligen Bereich in den nächsten fünf Jahren möglich erscheinen, antwortet die Diskussionsrunde:
Karigl: "Wir werden dann für ausgewählte Produktgruppen viel konkretere Regelungen haben als heute, die es den Konsument:innen leichter machen, sich 'kreislauforientiert' zu verhalten."
Scharff: "Ein Erfolg ist aus meiner Sicht, wenn wir bis dahin vor allem die Transformation in den Köpfen schaffen. Denn die Grundidee der Kreislaufwirtschaft ist ja, die Zukunft von Produkten vorwegzunehmen und aus Rohstoff- und Energiesicht zu optimieren, noch bevor ich sie produziere – von der einfachen Glasflasche über Fahrzeuge bis hin zu Gebäuden."
Fend: "Es geht mir um die Perspektive, die wir den Menschen geben müssen. Wenn uns das gelingt, dann werden wir in der Modellregion Steirisches Vulkanland mit der Unterstützung hunderter und tausender Menschen – Unternehmer, Landwirte, Private – die Idee der Kreislaufwirtschaft noch umfassender realisieren können."
Zadrazil: "Wir begleiten Unternehmen seit Jahren bei ihrer Transformation Richtung Nachhaltigkeit, hin zum klimafreundlichen Unternehmen. Daher sehen wir Tag für Tag und unterstützen diese Entwicklung auch sehr aktiv, wie rasch der Umbau der Wirtschaft in Richtung Nachhaltigkeit voranschreitet. In fünf Jahren wollen wir jedenfalls die erste Bank in Österreich sein, die den Menschen zu diesen zentral wichtigen Themen einfällt."
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