Handel bleibt trotz Pandemie Wirtschaftsmotor und zweitgrößter Arbeitgeber

Die 77.700 Unternehmen der Branche erzielten 2020 stolze 266,3 Milliarden Euro an Umsätzen.

Der Handel bleibt für die österreichische Wirtschaft von zentraler Bedeutung, so lautet die Botschaft des neuen "Jahrbuch Handel 2021", das der Handelsverband (HV) am Donnerstag gemeinsam mit der KMU Forschung Austria präsentiert hat. Das Booklet liefere die umfassendste Datenanalyse des österreichischen Handels, zeige neueste Zahlen zur Branchenstruktur, Umsatz- und Personalentwicklung sowie zur Rentabilität und Wertschöpfung, hieß es im Rahmen der Pressekonferenz.

Offizielle Zahlen

Demnach waren im Gesamtjahr 2020 77.700 Unternehmen mit 598.600 unselbstständig Beschäftigten in der Handelsbranche (Einzelhandel, Großhandel, Kfz-Handel) tätig. Gemeinsam erzielten sie 266,3 Milliarden Euro an Umsätzen sowie eine Bruttowertschöpfung von knapp 39 Milliarden Euro. Der Einzelhandel komme auf 41.990 Unternehmen mit insgesamt 330.680 Beschäftigten und einem Umsatz von 74,8 Milliarden Euro (2021). Davon entfielen 35 Prozent auf den Lebensmitteleinzelhandel. Im EU-Vergleich komme Österreich bei der Zahl der Beschäftigten auf Platz 9 (Platz 1: Deutschland mit 5,98 Mio. Beschäftigten) und beim Umsatz auf Platz 8 (Platz 1: Deutschland mit 2,03 Billionen Euro).

"Handel ist umsatzstärkster Wirtschaftsbereich"

"Der Handel stellt in Österreich die meisten Unternehmen der marktorientierten Wirtschaft (23 Prozent) und ist der umsatzstärkste Wirtschaftsbereich (34 Prozent). Er ist aber auch der zweitgrößte Arbeitgeber und schultert fast ein Fünftel der gesamten Wertschöpfung des Landes. Wir sind ein wirtschaftlicher Riese, aber in der politischen Wahrnehmung ein Zwerg", fasst Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will die volkswirtschaftliche Bedeutung der Branche zusammen.

"Mehr als die Hälfte (55 Prozent) der Beschäftigten im Handel sind Frauen, die Teilzeitquote liegt bei rund 36 Prozent. Der Handel ist auch ein wichtiger Arbeitgeber für Migrantinnen und Migranten, mehr als ein Viertel der Mitarbeitenden haben Migrationshintergrund", ergänzt Wolfgang Ziniel, Projektleiter der KMU Forschung Austria.

Corona als Sargnagel für den Modehandel

Im Jahresverlauf 2015 bis 2019 habe sich der Handel dynamisch entwickelt und damit wesentlich zum Wachstum der österreichischen Wirtschaft beigetragen. Mit Beginn der Corona-Pandemie im Jahr 2020 habe der positive Trend allerdings ein abruptes Ende gefunden. Die Zahl der Handelsunternehmen sei allein im ersten Pandemiejahr um rund fünf Prozent gesunken, jene der Beschäftigten um fast zwei Prozent. Die Umsätze sind 2020 um vier Prozent eingebrochen.

"2021 hat sich die wirtschaftliche Situation wieder verbessert. Sowohl die Zahl der Beschäftigten als auch die Umsätze im Handel sind über das Vor-Corona-Niveau geklettert. Dabei müssen allerdings die hohen Preissteigerungen (+10%) im Großhandel beachtet werden. Im Einzelhandel sind die Netto-Umsätze nicht-inflationsbereinigt von 70 Milliarden (2019) auf 74,8 Milliarden Euro (2021) angestiegen", so Ziniel.

Vier Punkte sorgen für Unmut

Also trotz Corona alles gut im Einzelhandel? Mitnichten, so der HV. "Inflationsbereinigt haben die Einzelhandelsumsätze 2020 im Vergleich zu 2019 stagniert, auch 2021 gab es nur ein minimales Umsatzwachstum. Zweitens hat die Pandemie eine dramatische Verschiebung von Stationär zu Online ausgelöst. Drittens ist Umsatz nicht gleich Gewinn. Viele Händler mussten sich das Geld in der Kassa durch ungesunde Rabattaktionen teuer erkaufen. Und viertens waren die einzelnen Branchen ganz unterschiedlich von der Krise betroffen. Am schlimmsten hat es den Mode- und Schuhhandel sowie die Spielwarengeschäfte erwischt", stellt Will klar.

Erleichterungen

Am 12. Februar 2022 hat die Bundesregierung die 2G-Regelung im Handel aufgehoben. Seither dürfen wieder alle Menschen mit FFP2-Maske – aber unabhängig von ihrem Impfstatus – im heimischen Handel einkaufen. Was die Umsätze und Kundenfrequenzen betrifft, waren die ersten Tage nach der Öffnung durchaus positiv – allerdings war dies vor allem dem Valentinstag geschuldet.

"Seit dem Valentinstag verzeichnen die meisten Geschäfte wieder stagnierende oder sogar leicht rückläufige Umsatzzahlen. Laut unserer jüngsten Händlerbefragung haben die Umsätze in den letzten zwei Wochen im Branchenschnitt um 4% und die Kundenfrequenzen um 1% nachgelassen. Daran konnte auch die Umstellung von 2G auf 3G in der Gastronomie und Hotellerie am 19. Februar nichts ändern", bilanziert Will.

LEADERSNET war bei der Präsentation des Jahrbuch Handel 2021 dabei. Eindrücke finden Sie hier. (ts)

www.handelsverband.at

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