Zahlungsausfälle in Österreichs Kernbranchen haben sich mehr als verdreifacht

Atradius-Studie: Abschreibungen wegen uneinbringlicher Forderungen in Agrar- und Ernährungswirtschaft, Chemie- und Transportbranche steigen stark an.

Bei zahlreichen Unternehmen aus österreichischen Kernbranchen hat sich die Zahlungsmoral der Kunden in den vergangenen zwölf Monaten deutlich verschlechtert. Das zeigt die aktuelle Studie "Zahlungsmoralbarometer" des weltweit zweitgrößten Kreditversicherers Atradius.

Deutlicher Anstieg gegenüber dem Vorjahr

Demnach waren bei den befragten Unternehmen aus den Branchen Agrar- und Ernährungswirtschaft, Chemie und Transport in den vergangenen zwölf Monaten 57 Prozent der Forderungen nach erfolgter Lieferung oder erbrachter Dienstleistung auch am Fälligkeitstag noch nicht bezahlt. Zum Vergleich: In der Vorjahresbefragung lag dieser Wert bei nur 33 Prozent.

Noch ärger stellt sich die Situation bei den Zahlungsausfällen dar: Branchenübergreifend konnten die befragten Firmen in den vergangenen zwölf Monaten elf Prozent der Außenstände nicht einziehen und mussten sie abschreiben – ein deutlicher Anstieg zur Vorjahresbefragung (drei Prozent).

"Die aktuelle Entwicklung der Zahlungsmoral birgt erhebliche Risiken für die österreichische Wirtschaft", sagt Franz Maier, Generaldirektor Österreich, Ungarn und Südosteuropa von Atradius. "Eine verzögerte oder gar ausgefallene Forderung verursacht nicht nur zusätzliche Kosten. Sie kann auch einen Dominoeffekt auslösen. Die Folgen reichen von der Verschiebung von Investitionen in wichtige Zukunftsprojekte für das eigene Unternehmen über verzögerte Bezahlung der eigenen Lieferanten und Mitarbeiter bis hin zur eigenen Folgeinsolvenz."

Viel Mehraufwand nötig

Wie empfindlich ein Forderungsausfall eine Organisation treffen kann und wie viel Mehraufwand nötig ist, um diesen zu kompensieren, zeigt folgendes Rechenbeispiel: Bereits ein kleines Unternehmen mit 500.000 Euro Umsatz und einer Umsatzrendite von fünf Prozent muss bei einem Forderungsausfall von 10.000 Euro schon um die 33.000 Euro zusätzlich erwirtschaften, um den Schaden gänzlich auszugleichen.

Studienteilnehmer aus der Agrar- und Ernährungswirtschaft berichteten, dass sie in den vergangenen zwölf Monaten zehn Prozent des Gesamtwerts ihrer Forderungen nicht einziehen konnten und als uneinbringlich abschreiben mussten. Zudem war jede zweite Rechnung nach Ablauf der Zahlungsfrist noch unbezahlt, was zusätzlich zu Liquiditätsengpässen führte.

In der Chemiebranche mussten 13 Prozent der Rechnungen bei den befragten Firmen als Verlust verbucht werden, in der Vorjahresbefragung waren es hier noch sieben Prozent. Gleichzeitig waren 58 Prozent der Forderungen am Fälligkeitstag noch offen (Vorjahr: 34 Prozent). In der Transportbranche versechsfachte sich der Wert der Abschreibungen gegenüber der Vorjahresstudie auf zwölf Prozent. 62 Prozent der Rechnungen waren hier zu spät bezahlt (Vorjahr: 43 Prozent).

Forderungseinzug erhöht die Kosten

Parallel zum erhöhten Forderungsrisiko gab ein signifikanter Teil der befragten Unternehmen an, das Risiko für Forderungsausfälle in den vergangenen Monaten verstärkt im eigenen Unternehmen gelassen zu haben. Der Großteil dieser Firmen berichtete in der Befragung von erhöhtem Aufwand und steigenden Kosten, um überfällige Rechnungen einzuziehen.

"Es überrascht, dass doch eine beträchtliche Zahl an Unternehmen zuletzt diesen Weg gewählt hat, da er Firmen sehr häufig teuer zu stehen kommt. Schon ein kleinerer Zahlungsausfall erfordert viel Mehraufwand, um ihn zu kompensieren. Unternehmen, die ihre Forderungen absichern, haben diese Belastungen nicht. Im Schadenfall erhalten sie von Kreditversicherern wie Atradius schnell ihre Liquidität zurück. Zudem profitieren sie von der Risikoexpertise der Assekuranz, so dass solche Schäden deutlich weniger auftreten", erläutert Franz Maier.

Optimistischer Blick auf 2022

Mit Blick auf das anstehende Geschäftsjahr 2022 gibt sich ein Großteil der befragten österreichischen Firmen optimistisch. 60 Prozent der österreichischen Agrar- und Ernährungswirtschaftsunternehmen gehen von guten Wachstumschancen im kommenden Jahr aus. Gleiches gilt für 78 Prozent der Firmen in der österreichischen Chemiebranche sowie 87 Prozent der österreichischen Transportunternehmen. Gleichzeitig erwarten die Unternehmen aber auch erhebliche Herausforderungen hinsichtlich ihrer Liquiditätslage, unter anderem durch steigende Insolvenzen.

In der Agrar- und Ernährungswirtschaft sowie im Transportsektor wollen jeweils rund ein Drittel der befragten Unternehmen Zahlungsziele anbieten, um ihre Vertriebsaktivitäten zu unterstützen. "Es ist aus vertrieblicher Sicht sehr sinnvoll, seinen potenziellen Kunden Zahlungsziele anzubieten, um im Wettbewerb um Aufträge am Ende die Nase vorn zu haben. Jedoch sollte eine Forderung bei der Zahlungsmodalität 'auf Rechnung' versichert sein, sonst geht das Konzept am Ende des Tages möglicherweise nicht auf", erklärt Maier abschließend. (as)

www.atradius.at

Das Atradius-Zahlungsmoralbarometer

Das Zahlungsmoralbarometer Österreich ist Teil des Atradius-Zahlungsmoralbarometers West- und Osteuropa. Dieses enthält die Befragungsergebnisse zum Zahlungsverhalten im Firmengeschäft in 20 Ländern in den vergangenen zwölf Monaten.

In Westeuropa wurden insgesamt mehr als 2.600 Firmen in Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, den Niederlanden, Österreich, Schweden, der Schweiz, Spanien und dem Vereinigten Königreich befragt; in Osteuropa mehr als 1.400 Firmen in Bulgarien, Polen, Rumänien, Slowakei, der Tschechischen Republik, der Türkei und Ungarn.

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Das Atradius-Zahlungsmoralbarometer

Das Zahlungsmoralbarometer Österreich ist Teil des Atradius-Zahlungsmoralbarometers West- und Osteuropa. Dieses enthält die Befragungsergebnisse zum Zahlungsverhalten im Firmengeschäft in 20 Ländern in den vergangenen zwölf Monaten.

In Westeuropa wurden insgesamt mehr als 2.600 Firmen in Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, den Niederlanden, Österreich, Schweden, der Schweiz, Spanien und dem Vereinigten Königreich befragt; in Osteuropa mehr als 1.400 Firmen in Bulgarien, Polen, Rumänien, Slowakei, der Tschechischen Republik, der Türkei und Ungarn.

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