Die wachsende Bedeutung nachhaltiger Mobilität verschiebt die Priorisierung der "CASE"-Dimensionen (Connected-Car-Dienste, Automatisiertes Fahren, Smart Mobility und Elektrifizierung) für Automobilhersteller – aktuell vor allem mit einem Fokus auf Elektrifizierung, aber mittel- und langfristig auch in den anderen Dimensionen.
USA und Europa vor China
So wird beispielsweise bereits 2025 jedes zweite Fahrzeug in Europa (49 Prozent) vollständig vernetzt sein, wie der erste Teil des "Digital Auto Report 2021" von Strategy&, der globalen Strategieberatung von PwC, zeigt. Im Fokus der Connected-Car-Dienste stehen dabei vor allem Sicherheitsanwendungen, Navigation, erweitertes Fahrzeugmanagement und Functions-on-Demand wie zum Beispiel das flexible Zuschalten zusätzlicher Batteriereichweite sowie Info- und Entertainmentangebote. Auch in den USA wird die Vernetzung bis 2025 auf mehr als die Hälfte (52 Prozent) vorangetrieben, während es in China bis 2030 dauern wird, bis in mindestens jedem zweiten Auto Connected-Car-Dienste verfügbar sind.
Peter Trögel © Strategy&
"Vernetzte Fahrzeugdienste erleben in den kommenden Jahren einen zweiten Frühling, nachdem sich die Umsatzhoffnungen der OEMs (Original Equipment Manufacturer/Originalausrüstungshersteller) in den letzten Jahren nicht erfüllt haben. Sie werden ein erfolgskritischer Faktor für das Fahrerlebnis und somit differenzierender Faktor für die Wahl eines Autos. Zuverlässige Over-the-Air-Updates und die kontinuierliche Weiterentwicklung fahrzeugnaher Dienste werden immer stärker nachgefragt. Zukünftig könnten kollaborative Anwendungen auch ein nachhaltigeres Fahr- und Nutzungsverhalten fördern", kommentiert Peter Trögel, Automobilexperte und Director bei Strategy& Österreich.
Skepsis gegenüber dem autonomen Fahren
Beim autonomen Fahren bleibt die technologische Entwicklung rasant, das Zusammenspiel von Hardware, Software, Infrastruktur und regulatorischen Vorgaben gestaltet sich jedoch weiterhin komplex. In Europa ist für Neufahrzeuge der Level-3-/Level-4-Technologie ein relevanter Marktanteil von mehr als 20% erst ab 2030 zu erwarten.
Das Vertrauen der Verbraucher in autonomes Fahren zeigt sich auch mit Blick auf das subjektive Sicherheitsgefühl volatil: Im Vergleich zum Vorjahr würden sich nur noch 38 Prozent der Befragten selbst für ein vollautomatisch fahrendes Auto entscheiden (Vergleich zu 2020: 64 Prozent). Von den Befürwortern des automatischen Fahrens zeigt eine große Mehrheit (84 Prozent) die Bereitschaft, für autonome Modelle auch einen Aufpreis zu bezahlen (Verbraucherumfrage Deutschland).
E-Autos auf der Überholspur
Gleichzeitig befindet sich die Elektromobilität in Europa weiterhin auf der Überholspur, was auch durch starke staatliche Anreize sowie rechtliche Vorgaben vorangetrieben wird. Bis 2025 wird der E-Anteil an Neuwagenverkäufen bereits 27 Prozent betragen – noch vor China (19 Prozent) und den USA (sechs Prozent). Dabei könnte allerdings die Geschwindigkeit beim Aufbau der Ladeinfrastruktur bald zu einem Wachstumshindernis werden.
Ein eher langfristiges Wachstum wird für den Bereich Smart Mobility mit intelligenten Mobilitätslösungen jenseits des Fahrzeugbesitzes erwartet. Mit der steigenden Zahl von Angeboten für Auto-Abonnements oder flexible Mietoptionen wird dieser Markt vor allem in Europa am stärksten dazugewinnen und bis 2025 zehn Prozent der gesamten zurückgelegten Kilometer pro Person ausmachen. Dahingegen präsentiert sich China bis 2025 als größter Wachstumsmarkt für passive Smart-Mobility-Formen wie Ride-Hailing (zehn Prozent gegenüber drei Prozent in Europa und ein Prozent in den USA).
Jonas Seyfferth © Strategy&
"Um den gesteigerten Mobilitätsansprüchen der Nutzerinnen und Nutzer auch in Zukunft gerecht zu werden, müssen für integrierte Verkehrskonzepte große Datenmengen erhoben und miteinander vernetzt werden. Komplexe Daten-Architekturen sollten in ihrer Entwicklung die Anforderungen der verschiedenen Stakeholder in den Vordergrund stellen und dürfen gerade mit Blick auf die Verbraucherakzeptanz Aspekte wie Sicherheit und Privatsphäre keinesfalls außer Acht lassen", kommentiert Jonas Seyfferth, Co-Autor der Studie und Director bei Strategy& Deutschland.
E-Mobilität: Wille zur Veränderung
Das Bewusstsein für CO2-einsparendes Mobilitätsverhalten ist in Europa stark ausgeprägt, wie aus einer Verbraucherumfrage in Deutschland, den USA und China hervorgeht. In Deutschland sind 70 Prozent der Befragten bereit, ihr Mobilitätsverhalten zu ändern, um CO2 einzusparen. In China wollen nach eigenen Angaben fast alle Bürger (97 Prozent) durch ihr Mobilitätsverhalten zur Reduktion von CO2 beitragen, in den USA sind es 52 Prozent.
Doch trotz hoher Bereitschaft, den eigenen CO2-Fussabdruck zu reduzieren, signalisieren die Deutschen auch für die Zeit nach Abklingen der Corona-Pandemie eine ausgeprägte Affinität zum Individualverkehr. Knapp die Hälfte davon will in Zukunft kürzere Distanzen vermehrt zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurücklegen, 26 Prozent nehmen sich einen Komplettverzicht auf Kurzstreckenflüge vor und 18 Prozent geben an, der Umwelt zuliebe vom Verbrenner auf ein E-Auto zu wechseln (China: 61 Prozent, USA: 30 Prozent). Allerdings wollen nur sieben Prozent der Deutschen verstärkt auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen. Größtes Hindernis bei der Nutzung nachhaltiger Mobilitätskonzepte wie Bike-/ Carsharing oder ÖPNV sind für 55 Prozent zu hohe Preise, 23 Prozent wünschen sich eine bessere Verfügbarkeit bzw. mehr Angebote. (as)
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