Google sponsert Bibliotheken

Interesse an europäischer Kultur soll Image aufpolieren.

Der Internetriese hat eine Kooperation mit dem Museum "Mundaneum" in Mons, Belgien, bekanntgegeben. Der Suchmaschinenkonzern interessiert sich vor allem für ein System aus 16 Mio. Indexkarten, mit dem versucht wurde, das Wissen des 19. Jahrhunderts in einer Datenbank zu sammeln. Google sieht darin eine Art analoge Vorstufe zum Internet. Die Partnerschaft ist Teil einer breiteren Charme-Offensive, mit der die europäische Öffentlichkeit zurückerobert werden soll, nachdem Datenschutz-Verfehlungen, wachsende Marktmacht und Kultur-Angst die Stimmung verschlechtert haben.

Digitalisierte Bücher

Das Karteikartensystem in Mons soll vorerst nicht digitalisiert werden, wie die New York Times berichtet. Anstelle dessen finanziert Google eine Wanderausstellung und einige Internet-Features, die das Projekt international bekannt machen sollen. Eine spätere Digitalisierung wird nicht ausgeschlossen. Bei Abkommen mit anderen europäischen Kulturinstitutionen wird hingegen gleich digitalisiert. Die Bestände der Bibliothek der Universität Gent  sind nur das jüngste Beispiel für den Einfluss Googles auf die Modernisierung von Kulturschätzen.

"Die bayrische Staatsbibliothek und die österreichische Nationalbibliothek haben ebenfalls Abkommen mit Google geschlossen. Diese Kooperationen haben in der Digitalisierung der Bestände einen enormen Schritt nach vorne bedeutet. Ohne Google lägen wir noch 20 Jahre zurück", sagt Klaus-Rainer Brintzinger, Leiter der Bibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München. Die Angst vor einem europäischen Kontrollverlust im Kulturbereich teilt der Experte nicht. Er sieht dafür andere Gefahren.

Kein Altruismus

"Aus Altruismus macht Google gar nichts. Das Anbieten von Gratis-Inhalten verfolgt die Strategie, sich ein Datenmonopol für die Zukunft zu sichern. Sind die Bestände erst einmal digitalisiert, wird keine andere Firma sich daran wagen, ähnliche Archive aufzubauen, weil die Markteintrittskosten zu hoch sind", so Brintzinger. Das birgt die Gefahr, dass die Dinge, die für Google nicht von Interesse sind, im Internet nicht verfügbar sein werden. "Es besteht die Gefahr, dass hauptsächlich Material in einer handvoll wichtiger Sprachen im Netz erhalten bleibt", so der Bibliotheksleiter. Auch die Qualität der Digitalisierung durch Google ist nicht immer optimal. "Google digitalisiert nur, was automatisch zu bewältigen ist. Das führt zu unlesbaren Seiten und anderen Fehlern, die einer Bibliothek selber vielleicht nicht unterlaufen wären", erklärt Brintzinger. Auch die fehlenden Metadaten werden Google oft vorgeworfen. Trotzdem gäbe es ohne den US-Konzern kaum Fortschritte bei der Digitalisierung. "Europäische Projekte bestehen bisher zumeist nur aus politischen Absichtserklärungen", so Brintzinger. Wichtig ist laut dem Experten, dass die Bibliotheken es schaffen, entsprechende Konditionen mit Google auszuhandeln: "Das Gewähren der selben Zugriffsrechte, die Google genießt, für die Bibliotheken ist Voraussetzung." (pte)

www.mundaneum.be

www.pressetext.com

leadersnet.TV