Die mit Beginn des dritten Quartals 2020 eingesetzte Erholung der Industriekonjunktur in Österreich gewinnt an Schwung. "Im Oktober ist der UniCredit Bank Austria 'EinkaufsManagerIndex' auf 54 Punkte angestiegen. Nach dem Einbruch aufgrund der COVID-19-Pandemie liegt die heimische Industrie seit vier Monaten wieder auf Expansionskurs und der aktuelle Indikator weist sogar auf das stärkste Wachstum seit fast zwei Jahren hin", meint UniCredit Bank Austria Chefökonom Stefan Bruckbauer.
Mit Rückenwind aus dem Ausland habe sich der Aufschwung der heimischen Industrie nach einem eher ruhigen Start im Herbst beschleunigt. Die spürbare Verbesserung der Industriekonjunktur spiegelt sich im Oktober in fast allen Komponenten des UniCredit Bank Austria "EinkaufsManagerIndex" wider: "Im Oktober haben die heimischen Industriebetriebe, gestützt auf einen kräftigen Anstieg des Neugeschäfts, die Produktion deutlich ausgeweitet. Steigende Auftragsrückstände, längere Lieferzeiten und höhere Preise weisen zudem auf die Verbesserung der Auftragslage hin", erläutert Bruckbauer. "Wermutstropfen der Entwicklung ist jedoch, dass die Unternehmen ihre Kapazitäten an die geringere Auslastung anpassen und der Jobabbau beschleunigt fortgesetzt wird."
Klar verbesserte Auftragslage
Die österreichische Industrie hat im Oktober spürbar mehr neue Aufträge erhalten. Die Belebung der internationalen Konjunktur ausgehend von Asien und auch die Verbesserung des Exportumfelds in Europa machen sich vor allem in einer gesteigerten Nachfrage aus dem Ausland bemerkbar. Doch auch aus Österreich nimmt das Neugeschäft wieder zu. Vor allem die Investitionsgüterindustrie und die Erzeuger von Halbfertigprodukten standen einer starken Nachfrage gegenüber, während die Konsumgüterindustrie weniger Neuaufträge einbuchen konnte.
"Der Index für die Neuaufträge ist im Oktober auf 58,1 Punkte gestiegen, was auf das stärkste Auftragswachstum in der österreichischen Industrie seit 2,5 Jahren hinweist. Die heimischen Betriebe haben daher den vierten Monat in Folge mehr produziert und dabei aktuell das Tempo sogar deutlich erhöht", sagt UniCredit Bank Austria Ökonom Walter Pudschedl. Trotz der beschleunigten Produktionsausweitung haben sich die Auftragsrückstände der heimischen Industrie im Oktober stark erhöht, da offenbar das Ausmaß des Nachfragezuwachses unterschätzt wurde. Das zeigt sich auch am erneuten Anstieg der Lieferzeiten.
Höhere Nachfrage sorgt für leichten Preisanstieg
Infolge der global höheren Nachfrage sind im Oktober die Preise für Vormaterialien und Rohstoffe im Durchschnitt gestiegen. Auch der Sinkflug der Verkaufspreise hat geendet. "Den erstmaligen Kostenanstieg im Einkauf seit eineinhalb Jahren konnten die heimischen Betriebe dank einer gestiegenen Nachfrage auf die Verkaufspreise übertragen, sodass die Preistrends im Durchschnitt zu keiner Veränderung der Ertragslage der heimischen Betriebe geführt haben", so Pudschedl.
Angesichts der unsicheren Rahmenbedingungen haben die heimischen Betriebe ein vorsichtiges und kostenbewusstes Lagermanagement fortgesetzt. Infolge der gestiegenen Nachfrage wurde zwar die Einkaufsmenge deutlich erhöht, doch nicht stark genug, um einen erneuten Abbau der Lagerbestände an Vormaterialien zu verhindern. Allerdings gingen die Lagerbestände deutlich langsamer zurück als in den Vormonaten. Dies trifft auch auf die Entwicklung der Bestände in den Auslieferungslagern zu, die trotz der starken Produktionsausweitung der höheren Nachfrage nicht ganz gewachsen waren.
Wermutstropfen Arbeitsmarkt
Der Konjunkturaufschwung in der heimischen Industrie gestützt auf einer Verbesserung des Exportumfelds schlägt sich bisher nicht in einem Zuwachs der Beschäftigung nieder. Im Oktober hat sich der Beschäftigtenabbau sogar wieder beschleunigt. Der Beschäftigtenindex sank auf 46,7 Punkte, den niedrigsten Wert seit Juni. Aufgrund des Kurzarbeitsprogramms, das von der heimischen Industrie stärker genutzt wird als von anderen Branchen, erfolgte bislang nur eine geringe Anpassung des Beschäftigtenstands an die gesunkene Auslastung in der COVID-19-Krise. Während die Auslastung noch immer fast 10 Prozent unter dem langfristigen Durchschnitt liegt, ist die Beschäftigung in der Herstellung von Waren seit dem Ausbruch der Pandemie nur um rund 1,5 Prozent gesunken.
"Strukturelle Anpassungen und eine erhöhte Kostendisziplin werden auch in den kommenden Monaten den Arbeitsmarkt belasten, da die heimische Industrie krisenbedingt noch längere Zeit nicht voll ausgelastet sein wird. Wir gehen aber davon aus, dass sich die in der Sachgütererzeugung günstigere Konjunktur im Vergleich zu anderen Sektoren der österreichischen Wirtschaft vorteilhaft auswirken dürfte. Die Arbeitslosenquote wird mit durchschnittlich knapp unter fünf Prozent 2020 deutlich unter den zehn Prozent in der Gesamtwirtschaft liegen", meint Pudschedl.
Kurzfristig verbesserter Ausblick, aber längerfristig vorsichtiger
Der aktuelle Anstieg des UniCredit Bank Austria 'EinkaufsManagerIndex' weist auf eine klare Verbesserung der Industriekonjunktur gegenüber den Vormonaten hin. Die Belebung der globalen Wirtschaft hat das Neugeschäft angekurbelt und zu einer kräftigen Ausweitung der Produktion geführt. Allerdings vollzieht sich der Aufschwung zweigeteilt. Getragen wird der Aufschwung von der Investitionsgüterindustrie und der Herstellung von Halbfertigprodukten während die Konsumgüterindustrie unter einer unverändert schwachen Auftragslage leidet. Auf kurze Sicht wird diese Konstellation eine Fortsetzung des Konjunkturaufschwungs in der heimischen Industrie erlauben, worauf das Indexverhältnis zwischen Neuaufträgen und den Beständen im Absatzlager hinweist. Mit den vorhandenen Lagerbeständen können die eingelangten Aufträge nicht ohne eine weitere Produktionssteigerung erfüllt werden.
"Während unmittelbar eine weitere Belebung der Industriekonjunktur in Österreich in Sicht ist, sind die Betriebe hinsichtlich der mittelfristigen Aussichten vorsichtiger geworden. Die Produktionserwartungen im kommenden Jahr blieben im Oktober zwar positiv, doch die Zuversicht hat erstmals seit fünf Monaten abgenommen. Der Hoffnung auf ein Ende der Pandemie und der damit verbundenen Nachfrageverbesserung steht die steigende Sorge über die Auswirkungen der zweiten Infektionswelle entgegen", so Bruckbauer abschließend. (red)
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