"Wir haben die Chance, die Medien-Monopole aus dem Silicon Valley zu brechen"

Milborn und Breitenecker sprechen im LEADERSNET-Interview über ihr neues Buch und erklären, wie man sich das Netz von Facebook zurückerobern kann. 

Journalistin Corinna Milborn und Medienmanager Markus Breitenecker haben ihr erstes gemeinsames Buch veröffentlicht. In "Change the Game" zeigen sie auf, wie die Machtkonzentration der Plattformkonzerne die Demokratie zerstört und erklären, was man dagegen tun kann. LEADERSNET hat die Beiden zum Interview getroffen.

LEADERSNET: Sie setzen sich schon lange öffentlichkeitswirksam mit dem Thema Internetgiganten auseinander. Wie kamen Sie zum Entschluss, jetzt ein Buch schreiben zu wollen? Wie kam es zur Zusammenarbeit?

Breitenecker: Wir arbeiten im gleichen Unternehmen und laden seit drei Jahren prominente Experten zum 4Gamechangers Festival, mit denen wir diese Themen umfassend diskutieren. Wir haben gesehen, welches Unheil eintritt, wenn man Facebook weiter so unkontrolliert walten lässt. Das geht bis zur Beeinflussung von Wahlen und der Gefährdung der Demokratie.

LEADERSNET: Kann die Machtkonzentration von Konzernen wie Google, Facebook und Amazon wirklich die Demokratie zerstören?

Milborn: Ja, wir haben uns das ganz genau angesehen. Beispielsweise darf man als normales Medienunternehmen keine Wahlwerbung ohne Absender senden. Bei Facebook allerdings ist alles möglich, man kann Lügen verbreiten und sogar dafür zahlen, dass diese verbreitet werden. Der Einfluss auf Wahlen ist unumstritten, man denke an den Brexit oder Trump.

Obwohl Facebook und Google mit YouTube sich immer nur als Tech-Plattformen titulieren, sind sie auch Herausgeber von Massenmedien: Diese Player müssen sich dabei allerdings nicht an die Regeln halten, die aus gutem Grund für Massenmedien gelten.

LEADERSNET: Wie kann man sich das Netz von Facebook und Co. zurückerobern? Ist es überhaupt möglich, sich aus den Fängen von Facebook zu befreien?

Breitenecker: Es ist natürlich schwierig, ein Monopol zu verlassen, wenn man Social Media süchtig ist. Man sollte die Sucht hinterfragen und wissen, dass man dem Monopol und dem Produkt voll und ganz ausgeliefert ist -  und ihm Inhalte und Daten schenkt. Sobald es europäische Alternativen gibt - und die wird es geben - rate ich, zu diesen zu wechseln.

LEADERSNET: Wie wollen Sie die heimischen Medien stärken, um den Giganten Paroli zu bieten?

Milborn: Aktuell stellt sich die Situation so dar, dass sich die Medienhäuser im Konkurrenzkampf selber ein Messer in den Rücken rammen und oftmals dabei gar nicht merken, wo die wirkliche Gefahr lauert. Die sitzt nämlich im Silicon Valley. Ich wünsche mir, dass dieser sinnlose Konkurrenzkampf aufhört.

LEADERSNET: Ist also Kooperation der richtige Weg um weiterhin bestehen zu können?

Milborn: Auf jeden Fall. Wir fordern eine Allianz der europäischen Medienunternehmen zur Entwicklung europäischer Social Media, zudem brauchen wir einen neuen öffentlich-rechtlichen Auftrag.

LEADERSNET: Was wünschen Sie sich von der österreichischen Medienpolitik?

Milborn: Die Lösung ist sicherlich auf europäischer Ebene zu finden. In Sachen Datenschutz und Medienrecht ist allerdings Österreich gefordert.

Breitenecker: Die öffentlich-rechtliche Idee ist so notwendig wie nie zuvor. Wenn es das öffentlich-rechtliche System nicht gäbe, müsste man es jetzt erfinden.

Man muss versuchen, die gesamte Reichweite von europäischen Public-Value-Inhalten im Vergleich zu den US-Medien zu pushen und so für höchstmögliche Qualität am gesamten Medienmarkt sorgen.

LEADERSNET: Ist man "ein kleines bisschen schlauer", wenn man ihr Buch gelesen hat?

Milborn: Wenn man das Buch gelesen hat, weiß man wie die Medien, die den Alltag jedes Einzelnen so stark bestimmen, funktionieren. Man kennt ihre Ziele und es wird einem bewusst, was sie täglich aus uns heraussaugen - nämlich unsere wichtigste Ressource - unsere Aufmerksamkeit. 

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