Andreas Vretscha ist seit rund einem Jahr CEO der MediaCom. LEADERSNET hat den gebürtigen Grazer zum Interview getroffen und sich mit ihm über die ersten zwölf Jahre an der Spitze der größten Mediaagentur des Landes, neue Kunden, warum er ein Fan von Veränderungen ist und ob Mediaagenturen überflüssig sind, unterhalten.
LEADERSNET: Sie stehen seit gut einem Jahr an der Spitze der größten Mediaagentur des Landes. Wie fällt Ihr bisheriges Resümee aus?
Vretscha: Salopp gesagt: Es ist verdammt cool. Trotz der Größe der Agentur und der Tatsache, dass wir Teil eines großen Netzwerkes – bringt Vorteile, aber auch ein striktes Regelwerk – sind, habe ich das Glück, sehr viel gestalten zu können. Ich bin ein Fan von Änderungen, wenn sich dadurch Verbesserungen ergeben. Wir sind zudem in unserem Kundenportfolio sehr vielfältig aufgestellt. Das ist sehr inspirierend. Man kann mit seinen Kunden sehr viel lernen und sich gemeinsam weiterentwickeln.
LEADERSNET: Das klingt alles sehr positiv. Sind Sie aber auch auf Schwierigkeiten gestoßen?
Vretscha: Natürlich gibt es manchmal Schwierigkeiten. Aber jedes Problem ist nur der Ausgangspunkt einer Lösung. In der Regel ergeben sich aus Herausforderungen immer neue, aufregende Chancen sowie Erfahrungen und Erkenntnisse, die mit Geld nicht aufzuwiegen sind.
LEADERSNET: Apropos Geld: Wie hat sich die Agentur im vergangenen Jahr wirtschaftlich entwickelt?
Vretscha: Ich bin zufrieden mit dem, was wir in wirtschaftlicher Hinsicht erreicht haben. Wir haben sowohl bei internationalen als auch nationalen Pitches signifikant zulegen können. Auf internationaler Ebene ist es durch enge Kooperation im Netzwerk gelungen, die PSA Group (Peugeot, Citroen, DS und Opel) für MediaCom zu gewinnen. Auch dass wir Deutsche Telekom und Procter & Gamble in sehr anspruchsvollen Ausschreibungsverfahren von einer weiteren Zusammenarbeit überzeugen konnten, hat uns sehr viel Freude bereitet. Zudem sind der Flughafen Wien, Kika/Leiner, ImmobilienScout24, AutoScout 24, ELGA und viele andere spannenden Kunden dazugekommen. Wir arbeiten daran, diesen positiven Trend auch 2018 fortzusetzen.
LEADERSNET: Um noch einmal auf das Eingangsthema zurückzukommen: Können Sie konkret ein paar Beispiele für Veränderungen, die Sie eingeleitet haben, nennen?
Vretscha: Dazu muss ich vorausschicken, dass wir so viele Pitches hatten, dass manche Dinge, die wir uns vorgenommen haben, ein wenig auf der Strecke geblieben sind. Wenn es rein nach meinen Vorstellungen gegangen wäre, würde MediaCom heute schon anders ausschauen, als sie es derzeit tut. Was die strukturellen Veränderungen betrifft, bin ich daher noch unzufrieden mit dem aktuellen Status. Wir haben zwar Veränderungen eingeleitet – beispielsweise wurde das Board von zwei auf drei Personen verbreitert (COO Omid Novidi, CIO Andrea Kainz) und der digitale Bereich erweitert – aber hier stehen für dieses Jahr noch ambitionierte Schritte ante portas. Unser Agenturmodell verlangt es, dass wir sehr agil agieren und stark auf die Bedürfnisse der Kunden eingehen. Media ist für Kunden ein großes Investment und das muss man als Agentur im Fokus haben. Eine Agentur kann für einen Kunden nur gut und erfolgreich arbeiten, wenn sie das jeweilige Geschäftsmodell des Kunden versteht. Ein stark ausgeprägtes, gegenseitiges Vertrauensverhältnis ist hierfür conditio sine qua non.
LEADERSNET: Was antworten Sie jemandem, der Ihnen sagt, dass Mediagenturen mittlerweile überflüssig sind?
Vretscha: Ich wäre auf jeden Fall falsch am Platz, wenn ich nicht davon überzeugt wäre, dass eine Mediaagentur ein unverzichtbarer Bestandteil im Ecosystem der Werbung ist. Kommunikation ist eine Ressource, die bei jedem Konzern, jedem Betrieb, jeder Marke den Unterschied macht. Wer besser kommuniziert, wird wirtschaftlich schneller wachsen. Wer den Konsumenten über Kommunikation seine Produkte besser verkauft und die USPs besser hervorhebt, der wird erfolgreicher sein. Deshalb braucht es Mediaagenturen. Sie sind die Spezialisten für den Einsatz der Ressource Kommunikation und verstehen es am besten, diese zu skalieren. Banal ausgedrückt: Scale ist in unserem Business wichtig. Natürlich wäre es viel zu kurz gegriffen, uns nur als Einkaufsmacht zu sehen. Wir sind eine Agentur, die das wirtschaftliche Wachstum bzw. die Zielerreichung unserer Kunden auf Basis systematischer Kommunikationsstrategien voranbringt. Nicht zu unterschätzen ist die Funktion, für unsere Kunden den Überblick im Kommunikationsdschungel zu bewahren. Wir stehen nicht immer in der ersten Reihe und schreien für jeden noch so kleinen Detailbereich laut "das können wir auch, das können wir besser". Lieber managen wir die Zusammenarbeit unserer Kunden mit allen Agenturen, die in ihrem Bereich Spezialisten sind.
LEADERSNET: Durch die zahleichen technischen Neuerungen der vergangenen Jahre, wird es aber immer schwieriger den Gesamtüberblick zu bewahren ...
Vretscha: Es gibt viele Agenturen die behaupten, dass sie alles können. Aber aus meiner Erfahrung gib es keine Agentur, die wirklich alles kann. Wir verzetteln uns nicht in der falschen Ambition, jede vielleicht auch noch so unausgereifte Technik sofort erstklassig bedienen zu können. Wir beurteilen aber sehr wohl, welche Rolle sie im Kommunikationsfächer einnehmen sollte und beraten Kunden dahingehend. Diesen breiten Überblick kann niemand besser als eine Mediaagentur bieten. Wir müssen und können nicht alles für den Kunden machen, aber wir müssen einen Gesamtüberblick bieten.
LEADERSNET: Viele Mediaagenturen orientieren sich Richtung Kreation. Was halten Sie von dieser Entwicklung?
Andreas Vretscha: Ich denke, dass diese Entwicklung falsch ist. Kreation ist nichts, was eine Mediaagentur per se beherrschen muss. Es ist nett, wenn man ein paar schnelle Lösungen anbieten kann, aber wir sind keine Kreativagentur. Was für uns im Zusammenhang mit Kreation allerdings zu einer Selbstverständlichkeit geworden ist, ist die technische Erstellung von Werbemitteln für den digitalen Bereich.
LEADERSNET: Welche Pläne und Erwartungen haben sie für das kommende Jahr für MediaCom?
Vretscha: In einem Jahr möchte ich gerne noch überzeugter sagen können: "In diesem Land gibt es Mediaagenturen und es gibt MediaCom." Wir verstehen Kommunikation als ein Investment in Wachstum und Zielerreichung, für diesen Anspruch steht MediaCom. Persönlich wünsche ich mir, dass unsere MitarbeiterInnen eine Freude daran haben, dass sie bei MediaCom arbeiten und die Unternehmenskultur vom Gefühl geprägt ist, dass sie hier etwas bewegen können.
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