„Wir werden nach außen hin lauter sein, ohne Lärm zu machen"

Gerhard Mitrovits, General Manager des Palais Hansen Kempinski, im Interview. 

Gerhard Mitrovits leitet seit zwei Monaten das Palais Hansen Kempinski in Wien. Mit dem Eisenstädter holte das Unternehmen einen der erfahrensten General Manager in die Donaumetropole. Im leadersnet-Interview erläutert der österreichische Top-Manager seine Pläne zur Aufwertung des relativ jungen 5-Sterne-Hotels.

leadersnet: Das Hotel „Palais Hansen Kempinski“ in Wien existiert nun seit vier Jahren. Wie hat es sich entwickelt und wo ist es derzeit positioniert?

Mitrovits: Wir sind unter den Top-Drei der Stadt und da wollen wir uns auch ganz fest etablieren. Die Positionierung ist in einem 5-Sterne-Plus-Hotel nie abgeschlossen, denn man muss die internationale Dynamik des Marktes schon langfristig erkennen, und das Haus entsprechend anpassen. Es gab einen guten russischen Markt, der später aufgrund der Rezession zurückging, es gab einen arabischen Markt, der hielt recht lange und wurde dann durch den arabischen Frühling reduziert. Derzeit kommen verstärkt Gäste aus dem asiatischen Bereich, natürlich angeführt von den starken Reiseländern China und Japan sowie generell aus Südostasien. Neuestens haben auch mehr und mehr indische Gäste Österreichs Hauptstadt in ihrem Fokus. Das sind also die Märkte, auf die wir im Moment setzen. Das Palais Hansen Kempinski ist ja kein riesiges Hotel, wir haben 152 Zimmer und Suiten. Deswegen beherbergen wir hauptsächlich Geschäftsleute, Familien und kleinere Gruppen. Somit garantieren wir permanente höchste Qualität.

leadersnet: Welche Gruppe überwiegt, Business-Gäste oder Privatpersonen?

Mitrovits:  Das hält sich die Waage. Für Meetings haben wir einen Ballsaal für 220 Personen sowie acht Meeting-Räume und eine neu adaptierte Dachterrasse im ersten Stock, auf der etwa 100 bis 120 Personen Platz finden. Auch für den Incentive-Sektor ist das Haus prädestiniert. Am meisten freue ich mich über das Segment Privatkunden, ein Markt der mit 45 Prozent den wichtigsten Stellenwert einnimmt. Dieses „Public-Segment“ wird rein durch Individualismus geprägt. Unser Hotel verzeichnet das höchste Rating von positivem Kundenfeedback in der Stadt. Wir sind bei 96,4 Prozent. Das ist sensationell hoch.

leadersnet: Hat Wien tatsächlich Bedarf an so viel Top-Hotellerie?

Mitrovits:  Wien gilt weltweit im Beliebtheits- und Qualitäts-Ranking stets als eine der Top-Städte der Welt. Die Stadt liegt ganz vorn in der Lebensqualität. Wien verzeichnet eine sehr hohe Anerkennung bei medizinischen Kongressen und gilt als Top-Incentive-Stadt. Dazu kommt, dass die 5-Sterne-Hotels in der Bundeshauptstadt relativ kleinere Häuser sind, also können wir nicht von einer drastischen Überkapazität sprechen. Was hilft, ist Nischen-Märkte zu kennen, und dementsprechend zu agieren.

leadersnet: Wie sehen Sie den Status Quo des Palais Hansen Kempinski und welche Pläne haben Sie?

Mitrovits: Wie ich bereits erwähnt habe, ist unser Hotel in den Gästebewertungen sehr hoch angesiedelt und sehr gut positioniert. Ich werde also vorrangig auf dem aufbauen, was meine Vorgänger geschaffen haben, erstens das Vorhandene festigen und zweitens dort einsteigen, wo wir noch Möglichkeiten haben. Da ich der erste österreichische General Manager in unserem Hause seit der Eröffnung bin, werde ich das Haus logischerweise mehr unserer Stadt und seinen Bürgern näher bringen. Da werden im Moment viele Ideen eingebracht. Unser Credo: Wir werden nach außen hin lauter sein, ohne Lärm zu machen.

Business-Lunch im Hauben-Restaurant: Das „Edvard“, unser Restaurant mit einem Michelin-Stern, zwei Hauben und 16 Punkten im Gault Millau ist jetzt schon ein Aushängeschild. Das Restaurant ist auch deshalb sehr wichtig, weil es eine Schnittstellte zur Wiener Bevölkerung darstellt. Seit Juni öffnet das Edvard nun auch zu Mittag, mit einem ausgezeichneten Business-Lunch um 39 Euro, mit einer Auswahl von neun Gerichten, die der Gast selbst beliebig zusammenstellen kann. Unsere Gäste aus den umliegenden Kanzleien, Büros und Börsenviertel-Geschäften freuen sich darüber, denn so etwas fehlte an dieser Seite des Rings. Jetzt heißt es noch, vor dem Haus mehr Präsenz zeigen. Mit einem Gourmetgarten vor dem Edvard setzen wir erst einmal ein schönes Zeichen. Ebenso steht bereits ein Fiaker vor dem Hotel. Das ist auch ein Eye-Catcher für ausländische Gäste, etwas, was sie mit Wien assoziieren.

Cooking for friends: Mit der „Küche Wien“ lassen wir ein vorhandenes Restaurantkonzept wieder aufleben. Wer immer möchte, kann als Gastgeber mit der Hilfe eines Koches bei uns zehn bis zwölf Gäste in der Showküche des Hauses bekochen. Das Konzept eignet sich hervorragend für eine Geburtstagsfeier, wenn jemand zum Beispiel die Ehegattin überraschen will, aber auch wenn der CEO einer Firma etwas unerwartet Neues bietet und sich hinstellt und für seine Geschäftspartner kocht. Dazu bieten wir auch bereits kleine feine Caterings an, inklusive Küchenchef, der zu den Kunden nach Hause kommt und vom Einkauf der Zutaten bis zur Fertigstellung des Menüs komplett zur Verfügung steht. Die private Küche wird danach natürlich blitzsauber verlassen.

Henri Lou und Zigarren-Lounge: In absehbarer Zeit wollen wir auch unsere schöne Henri-Lou-Bar wieder aktivieren, dafür suchen wir den besten Barman oder die beste Barfrau Wiens. Die Gäste wird eine Chill-Out-Atmosphäre erwarten mit guter Musik und hervorragenden Cocktails aus der ganzen Welt. Der Fokus wird auf Champagner und Premium-Weinen im Glas liegen. Es ist eine wunderschöne Bar in der City Wiens mit Outdoor-Möglichkeit, bessere Voraussetzungen kann man sich hier nicht wünschen.
Das Hotel verfügt über einen schönen Raum für Zigarrenliebhaber mit Investition im siebenstelligen Bereich der auch im nächsten Jahr weiterbestehen soll, um den Return on Investment zu garantieren. Wir hoffen, dass diese Lounge gehalten werden darf, denn ein Hotelgast befindet sich ja doch zwölf bis 14 Stunden im Gebäude und sollte alle seine Bedürfnisse auf höchstem Niveau stillen können.
Das Lokalkolorit ist mir wichtig, deshalb unterstütze ich auch als Vorstand das Börsenviertel. Es gibt bereits sehr gute Aktionen und wir wollen demnächst noch mehr aktiv werden. Ich persönlich könnte mir sogar einen Bauernmarkt vorstellen. Da kauf ich dann auch selber ein.

leadersnet: Was macht ein gutes Hotel aus?

Mitrovits: Ein gutes Hotel braucht in erster Linie selbstbewusste, gut ausgebildete Mitarbeiter mit der richtigen Einstellung. Ich habe schon vor längerer Zeit den Slogan „attitude before skills“ geprägt, denn wenn die Einstellung stimmt, kann jeder sein Fachwissen verbessern. Wir haben einen Stab von mehr als einem Mitarbeiter pro Zimmer. Das ist ein sehr guter Prozentsatz und in einem 5-Sterne-Plus-Hotel unbedingt notwendig.

Grundsätzlich sind die Mitarbeiter für uns extrem wichtig. Wir haben das große Glück im Tourismusland Österreich, dass hier die beste Ausbildung der Welt geboten wird, mit Deutschland und der Schweiz sind wir die einzigen Länder mit dualem Ausbildungssystem. Immer mehr ausgezeichnete Mitarbeiter kommen direkt aus den hervorragenden Hotelfachschulen. Wir haben zwei Damen im Haus, die Prüferinnen für die Abschlusslehre sind, das zeigt auch das Engagement unseres Hauses für unsere Mitarbeiter. Der GM sollte als Vorbild vorangehen und alle Mitarbeiter mit Namen ansprechen. Ich führe eine Politik der offenen Tür, die in der Tat wirklich für jeden permanent geöffnet ist, auch ohne Voranmeldung. Als guter Arbeitgeber in Wien werden wir im nächsten Jahr die Anzahl der Lehrlinge verdoppeln, weil wir hervorragende Ausbilder haben und gleichzeitig das Gefühl, dass es auch unser Job ist, Arbeitsplätze für junge Menschen zu schaffen.


leadersnet: Womit punkten Sie noch?

Mitrovits: Den Gästen unerwartet etwas anzubieten, macht ebenso ein gutes Hotel aus. Seit kurzer Zeit läuten Mitarbeiter in der Hotelhalle warmen Apfelstrudel ein. Das kommt bei den Gästen sehr gut an, immerhin assoziieren viele von ihnen Wien mit Mehlspeisen. Aufmerksame Mitarbeiter bieten dort auch Champagner an, eine kleine Aufmerksamkeit, die unsere Gäste ebenfalls zu schätzen wissen.

Das Palais Hansen Kempinski ist ein wunderschönes historisches Gebäude. Laut unseren Gästen besitzen wir die schönste Hotelhalle Wiens, das wollen wir mehr nützen und mehr Leben hineinbringen. Mit Musik- und Jazz-Sessions, Künstlerlesungen, aber auch kleine Fashionshows sollen hier stattfinden.

Die Zimmer sind hervorragend, ich behaupte, dass wir das beste Zimmerprodukt haben, eine Kombination aus Klassik und Moderne. Die Qualität, das Finishing sind exzellent, die Marmorarbeiten, die Auswahl der Teppiche, der Architekt hat hier Hervorragendes geleistet. Auch der Bauherr, wenn man sehr weit in der Welt herumgekommen ist, kann man das beurteilen. Da fehlt kein Splitter im Marmor, da sind die Fugen perfekt ausgearbeitet, es wurde einfach höchste Qualität verwendet.

leadersnet: Welche sind die Stärken Ihres Unternehmens?

Mitrovits: Kempinski feierte heuer als die älteste private Hotelkette das 120-jährige Jubiläum und steht auf einer unglaublich interessanten Position, weil es eben eine kleinere Gesellschaft ist, mit derzeit 75 Hotels in Operation, die in etwa zwei Jahren auf ca. 100 erhöht werden. „Luxury is limited“ oder „small is beautyful“ trifft bei uns voll zu. Wir sind Individualität. Im Vergleich zu Ketten, die über 5.000 bis 7.000 Hotels verfügen, sind unsere Häuser sehr speziell ausgesucht. In 35 von 75 Städten stellt Kempinski das führende Haus. Zum Beispiel das Adlon in Berlin, das Çırağan in Istanbul, das Emirates Kempinski in Abu Dhabi, oder das neue Grandhotel Manzana auf Kuba, mitten in Havanna, das erste tatsächliche 5-Sterne-Hotel in Kuba. Wir haben alte Paläste, wie eben das Palais Hansen hier in Wien, moderne Luxushäuser wie das Royal Maxim Palace in Kairo, in Jakarta ein Landmarkhotel, das in den 1920er-Jahren als erstes 5-Sterne-Hotel in Südostasien überhaupt eröffnet wurde. Dort wohnten Gäste wie John F. Kennedy oder Marylin Monroe. Dieses Hotel habe ich nach zweijährigem Umbau neu eröffnet. Das Baltchug – Kempinski in Moskau, das ich drei Jahre als Russland/GUS-Chef leitete, ist ebenso 130 Jahre alt und sehr bekannt. Ich habe dort in drei Jahren etwa 20 Staatsoberhäupter begrüßt. In China, wo ich das Hotel in Peking leitete, haben wir ebenso 25 Hotels in Operation.

Bei Kempinski sehen alle Hotels anders aus. Das ist das Schöne, du kommst an und weißt jetzt bin ich Venedig oder in Moskau. Erkennbar an der Art des Gebäudes, zum Beispiel das Palais Hansen gibt es kein zweites Mal. Bei manchen Hotelketten wissen vielreisende Manager nicht, in welcher Stadt sie gerade sind.

www.kempinski.com/de/vienna/palais-hansen

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