Die RMA (Regionalmedien Austria) hat ihre 129 regionalen Wochenzeitungen – darunter die bz-Wiener Bezirkszeitung, die Bezirksblätter, die Woche sowie die Bezirksrundschau – einem Relaunch unterzogen. leadersnet.at hat sich mit den Vorständen Georg Doppelhofer und Stefan Lassnig zum Interview getroffen und sich über die Digitalstrategie des Medienhauses, die Zusammenarbeit mit der Satireplattform tagespresse.com, Lesereporter als Multiplikator und die Kooperation mit dem Regionalsenderverbund R9 unterhalten.
leadersnet.at: Nach dem Relaunch von meinbezirk.at, wurden jetzt auch die 129 Wochenzeitungen der RMA einem Facelifting unterworfen. Was war der Grund für den Relaunch der Printausgaben?
Doppelhofer: In erster Linie wollen wir den Servicecharakter noch stärker in den Vordergrund bringen. Unser USP ist das Lokale, das Regionale und dann natürlich das Nationale – gebündelt in unseren 129 Ausgaben. Vor diesem Hintergrund haben wir gesagt, dass wir dem Kunden ein Produkt bieten wollen, das noch leserfreundlicher ist. Das ist uns auf jeden Fall geglückt. Die Reaktionen von den Leserinnen und Lesern wie auch von den Kunden sind sehr zufriedenstellend. Wir haben mit unserem Relaunch ein Zeichen gesetzt: Print lebt. Wir haben in der Gliederung der Zeitungen einiges gemacht,die thematische Aufmachung ein wenig umgestellt und ein einheitliches Leitsystem erstellt. Auf den Titelseiten der unterschiedlichen Ausgaben nehmen wir Bezug auf unsere einheitliche Domain meinbezirk.at. Denn was alle 129 Ausgaben verbindet, ist der gemeinsame digitale Auftritt.
leadersnet.at: Hat sich der Relaunch von meinbezirk.at in den Zugriffen bemerkbar gemacht?
Lassnig: Wir haben uns in der ÖWA Plus über die Jahre sehr gut entwickelt. Wie stark der Relaunch für die jüngste Entwicklung verantwortlich ist, lässt sich so absolut natürlich nicht sagen. Aber man sieht schon, dass die Zugriffe langfristig gesehen stetig bergauf gehen. Wir sind in der ÖWA Plus 2011 mit 5,7 Prozent Reichweite gestartet und sind jetzt bei 20,8 Prozent Reichweite. Da spielen wir also schon im Konzert der Großen mit. Ich denke in Summe ist diese Steigerung die Summe von vielen Faktoren, von Suchmaschinenoptimierung über das neue Layout bis hin zur wirklich guten Arbeit der Redaktion.
Doppelhofer: Dass wir als Wochenzeitung mit den Onlineangeboten der Tageszeitungen mithalten können, liegt auch daran, dass wir 500.000 bis 600.000 Artikel pro Jahr publizieren.
leadersnet.at: Werden diese Artikel tagesaktuell auf meinbezirk.at veröffentlicht?
Doppelhofer: Mit dem digitalen Relaunch haben wir festgelegt, dass auf unseren 118 regionalen Portalen täglich jeweils vier aktuelle Geschichten online gehen müssen. Wir haben unsere Lesereporter, die Regionauten, noch stärker mit einbezogen. Sprich auf der Startseite jeder Region ist eine aktuelle Regionauten-Story als Fixelement dabei. Die Regionauten sind ein starker Multiplikator.
Lassnig: Vier tagesaktuelle Meldungen wirken auf den ersten Blick nicht viel. Aber wenn man das dann mit 118 multipliziert, dann schaut die Sache schon anders aus.
leadersnet.at: Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit den Regionauten?
Doppelhofer: Wir haben rund 330.000 registrierte Regionauten, von denen rund ein Viertel regelmäßig mit uns in Kontakt tritt und Stories und Fotos auf meinbezirk.at veröffentlicht. Das Ganze entwickelt zum Teil eine Eigendynamik und es entwickeln sich richtige Regionauten-Communities. So hat es beispielsweise schon Regionauten-Wandertage gegeben. In Wien sind mehr als 20 Regionauten auf uns zugekommen und haben gesagt, sie möchten gerne lernen, bessere Fotos zu machen, damit diese in unseren Zeitungen noch besser zur Geltung kommen.
leadersnet.at: Die RMA ist vor allem für ihre Gratiszeitungen, sprich die Printausgaben, bekannt, während der Onlineauftritt nicht die Aufmerksamkeit hat, den die Zahlen dahinter vermuten lassen würden. Wird der starke Auftritt von meinbezirk.at von eurer Seite noch zu wenig nach außen kommuniziert?
Doppelhofer: Wir haben in den vergangenen Jahren intern viel in die Stärkung von meinbezirk.at investiert – von der Redaktion über den Verkauf bis hin zum Management. Dabei haben wir aber auch den Printbereich nicht vernachlässigt und uns auch dort gesteigert.
Lassnig: Wir sind dabei, das auch nach außen zu kommunizieren. Aber wer uns kennt weiß, dass wir nicht marktschreierisch unterwegs sind. meinbezirk.at wird derzeit sicherlich noch ein wenig unterschätzt, aber bei den Kunden dringt es immer stärker durch. Darüber hinaus ist es so, dass wir nicht in den Kategorien Print und Digital denken, sondern in Inhalten.
leadersnet.at: Kommen wir wieder auf das Thema Print zurück. Die RMA hat mit ihren 129 Regionalausgaben die höchste Auflage und die meisten Leser in Österreich. Welche Ziele kann man sich da noch stecken?
Lassnig: Natürlich wäre es jetzt vermessen zu sagen, wir wollen im Printbereich noch stark wachsen. In Zeiten wie diesen ist es bereits ein sehr ehrgeiziges Ziel, die Print-Zahlen stabil zu halten oder vielleicht noch leicht zu steigern. Aber die nationale Reichweite wieder auf über 50 Prozent zu bekommen ist definitiv ein Ziel und ich denke, dass es auch machbar ist.
Doppelhofer: In diesem Zusammenhang ist es wichtig über die Inhalte zu sprechen. Was sind die Themen, die die Menschen bewegen und auf welchen Kanälen kommunizieren wir sie? Wie bereits vorhin erwähnt, bewerben wir in unseren Printausgaben unser Onlineportal stärker, was auf jeden Fall ein Multiplikator ist. Wenn man über Inhalte spricht, dann geht es auch darum, wie wir der Bevölkerungsveränderung begegnen. Wir müssen uns die Frage stellen, wie wir den Zuwächsen im urbanen Raum und den Ballungsräumen begegnen, da sich da meist auch andere Interessensgebiete als im ländlichen Raum auftun. Da müssen wir einen anderen Nutzen stiften als in ländlichen Gebieten. Das heißt, dass wir uns bewegen müssen.
leadersnet.at: Im Sommer habt ihr die crossmediale Kampagne „Einfach näher dran„ gestartet. Was sind die Erwartungen dahinter und können schon erste Schlüsse gezogen werden?
Doppelhofer: Mit der RMA wollen wir Dinge so bündeln, dass sie eine noch stärkere Kraft entwickeln können. Im Zuge dessen haben wir uns natürlich auch angeschaut, welche Slogans quer durch die RMA in allen Bundesländern verwendet werden. Es war eine Vielzahl und wir haben gesagt, dass es eines gemeinsamen Auftritts bedarf, mit dem alle gut leben können und der alles verkörpert, wofür wir stehen: Lokalität, Regionalität und gleichzeitig der nationale Anspruch. Daraus ist dann der Claim „Einfach näher dran“ entstanden. Wir sind näher dran am Leser, näher dran am Kunden und näher dran an den Bedürfnissen. Gleichzeitig ist es auch ein Credo und ein Leitbild für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Der Claim ist das verbindende Element, ohne die Lokalität und Regionalität aufzugeben.
Lassnig: Der Claim kann in allen Ausgabeformen gespielt werden: einfach näher dran an Österreich, einfach näher dran an Voitsberg, einfach näher dran an den Leserinnen und Lesern, einfach näher dran am Kunden. Wir werden ihn jetzt noch stärker forcieren.
leadersnet.at: Ihr kooperiert seit rund einem Jahr mit der Tagespresse. Wie kommt dieses satirische Element bei den Lesern an?
Doppelhofer: Es wird gut angenommen, teilweise sogar zu gut. Damit will ich sagen, dass manche Leser einzelne Artikel nicht als Satire, sondern als „richtige“ Geschichten wahrnehmen.
Lassnig: Bei bestimmten Themen ist es mittlerweile ja wirklich schwer zu unterscheiden, ob es Satire ist oder nicht. Ich habe mich selber schon dabei ertappt, dass ich Meldungen gelesen habe, bei denen ich mir gedacht habe, das kann es jetzt aber nicht sein. Aber es war dann nur ein Artikel in der Tagespresse. Ich glaube, dass die satirische Überhöhung immer schwieriger wird, weil die Realität schon so kurios und skurril ist.
leadersnet.at: Ein interessanter Aspekt an dieser Kooperation ist auch, dass damit quasi einen Rückwärtsweg gegangen wurde: von Digital zu Print.
Lassnig: Ja, das ist definitiv ein interessantes Signal. Im Grunde sagen wir damit, so wie auch mit dem Relaunch unserer 129 Regionalzeitungen, dass Print lebt. Dadurch haben wir auch das Denken, dass Digital modern und Print altmodisch ist, aufgebrochen. Die Tagespresse ist hochmodern und wurde digital aufgezogen und freut sich trotzdem darüber, dass ihre Geschichten in einem Printprodukt abgedruckt werden. Ich glaube, wir haben soviele User und Leser wie nie zuvor, weil wir die Chance erkannt haben, die Menschen sowohl über Print als auch über meinbezirk.at zu erreichen. Dieser Dualismus ist in Wahrheit eine Riesenmöglichkeit viele Leute zu erreichen. Das sollte eigentlich das Ziel jedes Medienunternehmens sein.
leadersnet.at: Dazu kommt jetzt auch noch das Fernsehen. Die RMA hat eine Kooperation mit dem Regionalsenderverbund R9 gestartet. Was versprechen Sie sich von dieser Zusammenarbeit?
Lassnig: Nachdem sich Print und Digital in ihrer Bedeutung bei der RMA bereits angeglichen haben, ist der nächste logische Schrittung die Forcierung von Bewegtbild. Der erste Gehversuch in diese Richtung ist die Kooperation mit R9. Das passt gut zusammen. Die sind genauso wie wir regional ausgerichtet, wenn auch nicht mit so einer starken lokalen Ausprägung wie die RMA. Wir können einerseits Content austauschen und wir können den Kunden gemeinsam auch einen Mehrwert bieten. Zudem haben wir in der RMA die Grundlage geschaffen, die Bewegtbildinhalte in unserem eigenen Player auf meinbezirk.at auszuspielen. Wenn es rein um die Verbreitung gehen würde, könnten wir die Inhalte natürlich einfach auf YouTube veröffentlichen, aber was die Vermarktung betrifft ist es natürlich sinnvoller die eigene Plattform zu nutzen. Somit sind die technischen Voraussetzungen geschaffen, um die nächsten Schritte zu gehen und das Ganze mit Leben zu füllen. Ob wir das selber oder mit Kooperationspartnern machen, wird sich noch weisen.
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