"Unabhängigkeit ist gerade in dem kleinen Markt Österreich besonders wertvoll"

| 18.11.2015

VÖZ präsentierte Public Value Bericht.

Der Verband Österreichischer Zeitungen hat soeben seinen vierten Public Value Bericht veröffentlicht. 28 Experten - Medienmanager, Wissenschafter, Unternehmer und Journalisten - wurden vom Consulting-Unternehmen Kovar & Partners befragt. 55 Prozent der 14- bis 19-Jährigen werden laut aktueller Media-Analyse regelmäßig mit Tageszeitungen erreicht. Aus der Sicht der befragten Experten ist das geänderte Mediennutzungsverhalten vor allem ein Schichtenproblem. „Jugendliche aus bildungsaffinen Elternhäusern informieren sich weiterhin über Zeitungen in Print und Online, bildungsfern aufwachsende junge Menschen verweigern zunehmend Informationen der klassischen Medien.“ Osztovics stellte fest, dass die Befragten den Wandel der Mediennutzung in dieser Bevölkerungsgruppe mit ernsthafter Sorge sehen: „Beim Mediennutzungsverhalten der Jungen entsteht die Gefahr, dass eine ganze Generation politisches Interesse, Orientierung und Diskursfähigkeit verliert“, so sein Befund. Vor allem sehen die Opinion-Leader die Mechanismen der Info-Selektion in den Sozialen Medien kritisch, da diese zu einem immer engeren Blick auf die Welt führen würden. „Was nicht der eigenen Meinung oder dem eigenen Interesse entspricht, wird gar nicht mehr wahrgenommen. Rund um die User entsteht eine Filter Bubble, in der er nur jenen Teil der Welt sieht, der ihn im Status quo bestätigt.“  
 
Zwar könnten die interaktiven Möglichkeiten der Sozialen Medien dem politischen Diskurs neue Chancen eröffnen, doch zeige die bisherige Praxis, dass er sich nur in der Intensität gesteigert hat, nicht in der Qualität. „Stammtisch bleibt Stammtisch, auch wenn er via Smartphone-App zustande kommt“, so der Studienautor. Sein Fazit: Bildung und Medienpädagogik seien gefordert. „Die Notwendigkeit, jungen Mediennutzern in der Schule die Fähigkeit zum kritischen Differenzieren zu vermitteln, ist umso größer, als Internet und Soziale Medien in hohem Maße auch Kanäle für Desinformation und Propaganda sind.“

Klassische Medien müssen sich wandeln

Auch klassische Medien müssten sich wandeln, denn die Ansprüche der Medienkonsumenten würden sich ebenfalls verändern, auch bei jenen, die den gedruckten Medien treu bleiben, so der Studienautor. „Viele erwarten, dass Print und Online stärker verzahnt werden. Während Erklärungskompetenz und Hintergrundberichterstattung weiterhin bei Print verortet werden, wollen Mediennutzer Infohäppchen und Live-Ticker bei Großereignissen online konsumieren.“
 
Die Teilnehmer der Befragung sind überzeugt, dass Printmedien auch in Zukunft eine zentrale Rolle in der Informationsvermittlung spielen werden; „Im Konzert der unterschiedlichen Medien wird Print noch stärker als bisher die Rolle des Stifters von Sinn, Zusammenhang und Überblick zukommen. Klassische Printmedien werden neben Online- und anderen wichtigen zielgruppenadäquaten Angeboten in Geschäftsmodelle von Verlagen eingebettet. In dieser vielfältigen Palette an Verlagsprodukten kommt den Printmedien die wichtige Funktion des Marken-Flagships zu: Es ist das positive Image und die Reputation des Qualitätsmediums, das Vertrauen bei Konsumenten und Werbepartnern ausstrahlt. Von den positiven Werten der Verlagsmarke profitieren somit auch andere Produkte und Angebote."

Relevanz von Journalismus für Gesellschaft und Politik

"Bedachtsame und behutsame Berichterstattung, das Aufzeigen aller Facetten, nicht in den Tenor der Hetze in Sozialen Medien einzustimmen, diesen Weg werden die österreichischen Qualitätsmedien unabhängig und mit überzeugter Haltung weiter beschreiten", so Verbandspräsident Thomas Kralinger, angesichts der aktuellen Flüchtlingskrise, bei der Präsentation. „Auch die im heurigen Jahr stattgefundenen Wahlen haben einmal mehr gezeigt, wie wichtig eine unabhängige und qualitätsvolle Berichterstattung ist“, unterstrich der VÖZ-Präsident. Die Unabhängigkeit der Berichterstattung von Kaufzeitungen sei gerade in dem kleinen Markt Österreich besonders wertvoll. „Meinung und Berichterstattung kann man sich in unseren Medien nicht kaufen. Unser Geschäftsmodell spart daher aus Überzeugung einen Geschäftsbereich aus, den andere Medien ungeniert bestreiten." (jw)

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