media.at und die deutsche Pilot Group haben 2012 ein gemeinsames Unternehmen ins Leben gerufen. Das Ziel: pilot@media.at GmbH soll führender Digitalmarketinganbieter in Österreich werden. leadersnet.at hat Petra Hauser, Geschäftsführerin media.at, und Andreas Martin, Geschäftsführer pilot@media.at, zum Gespräch über veränderte Anforderungen an Media-Agenturen, die Neuaufstellung der Gruppe, neue Ideen- und Geschäftsfelder, den Big Player Google und wie nahe sie einer Marktführerschaft in Österreich schon gekommen sind, getroffen.
leadersnet.at: Wie war das Werbejahr 2014 aus der Sicht einer Media Agentur?
Hauser: Grundsätzlich war das Werbejahr 2014 eines, das sich an den groben Parametern der Gesamtwirtschaft orientiert. Das heißt ein eher rückläufiger Konsum, moderates bis gar kein Wachstum in wichtigen Säulen der Wirtschaft, wie z.B. im Handel und auch ein im Nettobereich rückläufiger Werbemarkt. Allerdings ist es als Media Agentur immer möglich, sich dieser wirtschaftlichen Entwicklungen zu entkoppeln. Dieses Jahr ist es uns durch den Gewinn von 15 Neukunden nachhaltig gelungen, darunter etwa kika Leiner und ÖAMTC. Somit war das Werbejahr, das Kalenderjahr betrachtend, für uns im Gesamten ein Gutes.
Martin: Wenn man das in den Digitalbereich verlängert, ist diese gesamtwirtschaftliche Entwicklung dahingehend etwas abgefedert, dass der Digital Share (gemessen an den Gesamtspendings) tendenziell steigt. Weil Digitales Marketing transparent, nachvollziehbar und messbar ist, bemerkt man hier sehr deutlich, dass die dafür Marketing Verantwortlichen stark auf die Kennzahlen achten. Dabei geht es häufig um sehr Performance-getriebene Umfelder, in denen letztlich gerne Cost per Order als Benchmark herangezogen wird. Ich glaube, das ist ein Thema bei dem man große Hoffnungen in den Digitalbereich setzt. Hochbrisant ist weiters der gesamte Bereich der Automatisierung: Real Time Advertising als Überbegriff bis hin zu Geschäftsmodellen wie Real Time Bidding.
leadersnet.at: Real Time Advertising hatte in Österreich mit einem Imageproblem zu kämpfen, konnte das Maßnahmenpaket "RTA Gold" hier positive Akzente setzen?
Martin: Als wir vor zwei Jahren begonnen haben, Real Time Advertising und insbesondere RTA Gold (Hinweis: Premiumformate) am Markt zu propagieren sind wir häufig auf pure Ablehnung gestoßen. Jetzt sieht das ganz anders aus. Das hat aber wahrscheinlich nichts mit unserem Dasein zu tun, sondern beruht auf einer generellen Tendenz im Markt.
leadersnet.at: media.at und die deutsche Digitalmarketingagentur pilot machen seit zwei Jahren gemeinsame Sache. Ist Deutschland der Alpenrepublik immer einen Schritt voraus?
Martin: In Deutschland wird ein viel höherer Prozentsatz vom gesamten Mediaetat über Real Time Advertising verbucht, als in Österreich. Der nächste logische Schritt ist, dass man in diese Systeme Premiumformate mithinein nimmt und dann auch Imagewerbung betreibt und nicht nur die Performance-Schiene bedient. Natürlich hat effektive Image Werbung sehr viel mit Formatgrößen zu tun. Wir ziehen in Österreich nach, indem wir hier auch mit dem lokalen Vermarkter sprechen, die Themen sensibilisieren und die Geschäftsmodelle gemeinsam definieren, um auch hier unseren Werbekunden ein hochwertigeres Inventar anbieten zu können.
leadersnet.at: Haben Display-Ads in Deutschland ausgedient? Wie beurteilen Sie die Lage in Österreich?
Martin: Um es positiv zu formulieren stagnieren die Spendings für Display Ads zumindest auch in unserem Nachbarland. Viele Dinge entwickeln sich parallel. Die Geschäftsmodelle von Google sind dabei natürlich ein Thema, das ist kein Geheimnis. Der „Kuchen“ wird letztlich nicht mehr….
leadersnet.at: Das EU-Parlament machte sich kürzlich für eine Aufspaltung von Internetkonzernen wie Google stark. Wie stehen Sie dazu?
Hauser: Eine derartige Aufspaltung greift zu stark ins Wirtschaftsgeschehen ein. Die richtige Maßnahme wäre, einen gesetzlichen Rahmen zu schaffen, der es Google nicht mehr ermöglicht, gewisse Dinge, wie etwa Steuerschlupflöcher, auszunützen. Das liegt nicht am Unternehmen sondern an Gesetzgebungen. Hier sehe ich Handlungsbedarf. Ansonsten denke ich, dass auch Google „disrupted“ werden kann.
Auch Amazon und andere e-commerce Player bergen die Gefahr, klassische Industrien nicht zu ersetzen, aber auf deren Kosten mit wenig Manpower hohe Profits abzuschöpfen. Das ist ein grundsätzliches Problem, bei dem es nicht reichen wird, Google zu zerschlagen.
Martin: Da kann ich mich nur anschließen. In meiner beruflichen Vergangenheit habe ich mich ja intensiv mit Wettbewerbsrecht und Regulierung auseinandergesetzt. Meine persönliche Meinung ist, dass die Politik mitunter hinterherhinkt und natürlich gehören all diese Themen in allen Aspekten intensiv diskutiert. Fakt ist, dass letztlich faire Markt-Bedingungen geschaffen werden müssen. Man kann nicht gewisse Bereiche und Sektoren teilweise sogar überregulieren, und bei anderen Themen tut sich kaum etwas.
leadersnet.at: Vor kurzem verpasste sich die media.at Agenturgruppe ein neues Kleid. Was war der Anlass für einen Relaunch des Corporate Designs? Welche Ziele werden damit angepeilt? Inwieweit ist der Prozess schon abgeschlossen, warum hat es länger gedauert?
Hauser: Das Unternehmen besteht seit 1975, 2012 gab es eine Corporate Identity, die die Gruppe Media Austria dargestellt hat. Ab Mai 2012 wurde die Gruppe restrukturiert - media.at wurde als Mutter nach oben gehoben mit OmniMedia und den anderen Töchtern darunter. Somit war der Zeitpunkt gekommen, das Corporate Design nachzuziehen. Eine Website ist doch ein größeres Projekt. Es wurden neue Logos entwickelt, die bereits im Vorhinein veröffentlicht wurden - die Website kann als Finale des Prozesses gesehen werden.
leadersnet.at: Inwieweit ist es in den vergangenen Jahren wichtiger geworden, nicht nur die Big Player zu bedienen sondern auch kleinere Unternehmen als Kunden zu gewinnen?
Hauser: Wenn man überlegt, dass Österreich ein KMU-Land ist und über 90% der Gesamtwirtschaftskraft über KMUs abgebildet wird, dann ist es natürlich ein Ziel. Die große Problematik ist aber eben, dass man dort mit Kenntnisstrukturen zu tun hat, die wahnsinnig schwer zu bedienen sind und, dass die Bearbeitung dieser fragmentierten Märkte sehr schnell in einer Unprofitabilität für Agenturen münden kann. Hier ist noch extrem viel an Grundarbeit im Sinne eines Aufbaus von möglichst weit standardisierten Plattformen zu leisten. Denn eine Vertriebsmannschaft à la herold.at wird sich kaum eine Agentur leisten wollen.
Martin: Das ist übrigens das Erfolgsgeheimnis von Google, da es im Prinzip so simple ist, dass sich theoretisch jeder seine Kampagne selbst einpflegen und abwickeln kann.
leadersnet.at: Welche Assets der beiden Unternehmensgruppen haben besonders zum Erfolg im Digitalmarketing beigetragen? Können Sie ein kleines Resümee darüber ziehen?
Martin: Es war ein gelungener strategischer Schachzug, das in diesem Set-up aufzuziehen. Letztlich hat uns aber der Markt Erfolg bestätigt. Verbesserungspotential gibt es natürlich immer, mit dem Start kann man jedenfalls sehr zufrieden sein.
leadersnet.at: Es gibt ja immer auch wieder neue Ideen wie Hybrides Online Tracking. Inwieweit können Sie sich mit neuen Produkten in Österreich profilieren?
Martin: Es sind genau diese Assets, die wir von Hamburg nach Wien bringen wollen. Eines dieser neuen Produkte in Deutschland nennt sich Double Play, bei dem die hybride Mediaplanung über TV und Online gewährleistet wird. Das gibt es in dieser Form in Österreich noch nicht.
leadersnet.at: Welche Modelle werden künftig eine Rolle spielen, um neue Geschäftsfelder zu generieren? Wie relevant ist Big Data?
Hauser: Big Data ist ein Feld, in dem wir definitiv – gemeinsam mit unserem deutschen Partner - investieren werden. Im Vergleich zu großen Netzwerken müssen wir uns im Bereich Big Data als unabhängiger Player eine für Österreich relevante Nische suchen. Bei uns sehe ich diese Nische ganz klar in der Beratung von Unternehmen, die nicht in erster Linie international agieren und für die Gesamtlösungen à la Adobe nicht unbedingt in Frage kommen.
Für den Großteil unserer Kunden ist derzeit im Fokus, rückblickend ein ganzes Mediajahr betrachten zu können, um den Media-Mix strategisch zu verbessen und den ROI (Return on Investment) bei den einzelnen Mediagattungen zu optimieren. Wir sind als Agentur nicht dazu aufgestellt, CRM mit Content-Management-Systemen zu verbinden, das ist ein sehr IT-lastiges Unterfangen, aber bei der Umsetzung im täglichen Marketing kommen wir massiv ins Spiel.
leadersnet.at: Eine aktuelle Studie besagt, dass nächstes Jahr in England zum ersten Mal 50% des Gesamtwerbekuchens in digitales Marketing fließen werden. In Österreich steckt jeder zweite Werbeeuro im Printsektor. Wie sehen Sie die Entwicklung in Österreich?
Hauser: Nicht jeder zweite Euro geht in Print. Ein großer Teil des digitalen Werbemarktes ist bei dieser Betrachtung gar nicht abgebildet, etwa Search oder Social. Wir sehen schon eine deutliche Entwicklung in den letzten Jahren hin zu einer Angleichung an ein europäisch bekanntes Level der Print-Spendings, wenn auch die traditionelle Printstärke in Österreich die Totalzahlen noch anders erscheinen lässt. Digital wird sich definitiv auch in Österreich weiter und stark entwickeln -wenn vielleicht auch nicht mehr mit den extremen Zuwachsraten, die wir aus den letzten Jahren gewohnt sind.
Martin: Fakt ist und bleibt, selbst wenn man sich andere Zahlen ansieht, dass der Digitalanteil im Vergleich mit anderen Märkten geringer ist. Das spiegelt natürlich keinesfalls die tatsächliche Mediennutzung wieder, so wie diese heute ist.
Im mobilen Bereich könnte demnächst der nächste Quantensprung durch die flächendeckende Einführung von NFC stattfinden. Das ist eine derart extrem spannende Thematik, sodass sich das mittelfristig auch in den Spendings niederschlagen wird. Letztlich kann hier die Brücke zwischen der analogen und digitalen Welt geschlagen werden.
leadersnet.at: Welche Ziele hat sich media.at für 2015 gesetzt?
Hauser: Unser Ziel ist es, weiter zu wachsen. Ich habe mein Ziel der Marktführerschaft – auch in quantitativer Hinsicht - noch immer nicht aufgegeben, obwohl ich Marktführerschaft in erster Linie auf inhaltlicher Ebene und der Ebene der Qualität unserer Dienstleistung für den österreichischen Markt definiere. Natürlich haben wir auch qualitative Wachstumsziele. Ich denke, wir haben dem Markt gezeigt, dass wir wettbewerbsfähig sind, dass wir an der Spitze mitspielen und das wollen wir im nächsten Jahr weiter unter Beweis stellen.
Martin: Im Digitalbereich geht es sicher weiterhin mit voller Kraft in Richtung Full-Service. Abgesehen vom etablierten Mediaplanungs-Business wollen wir auch andere Geschäftsbereiche weiterhin stärken. In der Kreation ist noch mehr möglich, ebenso wie im Bewegtbild, wo wir spannende Produkte im Bereich Branded Entertainment anbieten.
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