Läutet Amazon die Todesstunde des Buches ein?

„Kindle Unlimited“: Thalia-Chef sieht nachhaltige Veränderung der Strukturen des Buchhandels und der Verlage.

Amazon hat die Bücher-Flatrate „Kindle Unlimited“ offiziell im deutschsprachigen Raum gestartet. Für 9,99 Euro monatlich können Nutzer uneingeschränkt aus 650.000 Titeln (davon rund 40.000 deutschsprachige Bücher) auswählen. Offiziell wird das Angebot als „Leihservice“ bezeichnet, allerdings ist die Leihfrist unbegrenzt. Die Werke können also theoretisch beliebig lange bzw. solange das Abo vom Kunden läuft, ausgeborgt werden – ohne zusätzliche Kosten. In den USA ist „Kindle Unlimited“ bereits seit August verfügbar. Durch den Service ausgeliehene Bücher können nicht nur auf Amazons E-Book-Reader Kindle sondern auch mit der Kindle-Lese-App auf diversen Geräten wie Smartphones, Apple- oder Windows-Rechnern gelesen werden.

Umgehung der Buchpreisbindung

Das Service wird jedoch von vielen Verlagen, Autoren und Buchhandlungen als massiver Angriff auf die Branche gewertet. Benedikt Föger, Präsident des Hauptverbands des österreichischen Buchhandels, kündigte in einem Gespräch mit dem Standard an, solche „Abo-Modelle sehr genau in Richtung Buchpreisbindung und einer möglichen Umgehung“ zu beobachten. Föger ist aber dennoch überzeugt, dass ein Teil des Buchmarkts in Zukunft sicher über diesen Vertriebsweg laufen werde. Gerhard Ruiss von der IG Autorinnen Autoren tut das Amazon-Angebot hingegen als „Werbegag“ ab: „Wer nicht wenigstens das rund 650.000 Titel umfassende englischsprachige Angebot nutzen kann, hat von diesem Flatrate-Angebot von Amazon nichts.“

Kulturgut Buch wird zu Konsumgut

Auch beim Buchhändler Thalia steht man Amazons Vorgehen kritisch gegenüber. „Globale Onlineplayer wie Amazon verändern die Strukturen des Buchhandels und der Verlage nachhaltig und drohen, das Kulturgut Buch in ein Konsumgut zu verwandeln“, so Thalia Österreich Geschäftsführer Josef Pretzl im Gespräch mit leadersnet.at. Dennoch steht er „Kindle Unlimited“ gelassen gegenüber, da das Angebot in Europa aktuell keine Relevanz habe und verweist gleichzeitig auf den eigenen E-Reader Tolino: „Tolino bietet bereits heute und jetzt die größte und breiteste Auswahl an deutschsprachigen eBooks.“ (as)

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