Der Bescheid des Bundeskommunikationssenats bestätigt die vom Verband Österreichischer Privatsender (VÖP) im September 2011 eingebrachte Beschwerde. Der VÖP hatte mittels einer quantitativen Analyse aufgezeigt, dass das Fernsehprogramm des ORF nicht die vom Gesetz geforderte Ausgewogenheit aufwies. Die KommAustria hatte diesen Vorwurf in erster Instanz bestätigt. Auch der Bundeskommunikationssenat als zweite Instanz hat dies nun für den Zeitraum Januar bis August 2011 bestätigt. Damit liegt eine Verletzung des öffentlich-rechtlichen Kernauftrags vor. Dadurch habe der Bundeskommunikationssenat auch bestätigt, dass ein wesentlicher Teil der für den betreffenden Zeitraum vereinnahmten Gebührengelder offensichtlich gesetzeswidrig eingesetzt wurde, lautet es in einer Aussendung des VÖP.
Diskussion um Interpretation
Die Interpretationen des Bescheids des Bundeskommunikationssenats (BKS) zur Programmausgewogenheit des ORF gehen weit auseinander. Sowohl ORF als auch VÖP sehen sich nämlich in wesentlichen Punkten bestätigt. Der ORF sieht sogar eine weitgehende Aufhebung des KommAustria-Bescheids. "Es ist erfreulich, dass der Bundeskommunikationssenat der ORF-Argumentation in zentralen Fragen gefolgt ist“, so ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz in einer Aussendung. So sei etwa der ursprünglichen Annahme, Ausgewogenheit könne anhand von Quoten und mathematischen Formeln mit der Stoppuhr berechnet werden, eine Absage erteilt worden. "Bei der Beurteilung der Ausgewogenheit sind nicht einzelne Programme, sondern das Gesamtprogramm zu betrachten, also auch die ORF-Spartenkanäle. Der BKS anerkennt, dass vom ORF Kultur für alle erwartet werden darf und verwirft damit den von der KommAustria verwendeten engen Kulturbegriff." Zudem sei laut Wrabetz festgestellt worden, dass Inkonsistenzen in dem von der KommAustria zugrunde gelegten Gutachten von Jens Woelke bestehen. "Wir sind nach wie vor der Meinung, dass es entscheidend auch auf die Publikumsinteressen und -bedürfnisse ankommt, die von KommAustria und BKS nach wie vor nicht ausreichend berücksichtigt wurden. Der ORF wird diesbezüglich die Höchstgerichte anrufen."
Für das Jahr 2010 wurde vom BKS keinerlei Gesetzesverletzung festgestellt. Bei der Berechnung der Anteile in Jänner bis August 2011 wird weiterhin eine Gesetzesverletzung angenommen, allerdings noch ohne Anrechnung des im Oktober 2011 gestarteten Kultur- und Informationskanals ORF III. "Damit ist ein weiterer Versuch der kommerziellen Mitbewerber gescheitert, gegen den ORF mit juristischen Mitteln zu punkten, was sie im Programm angesichts der hohen Qualität und Publikumsakzeptanz der Angebote nicht schaffen", so Wrabetz. (red)
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