Wie so gut wie jede Branche steht auch der Tourismussektor vor großen Herausforderungen. So ist es nicht nur der Klimawandel samt seinen Auswirkungen auf die Umwelt, der die Branche belastet, sondern auch Faktoren wie ein höherer Personalaufwand, Mehrkosten, Arbeitsplatz- und Infrastrukturanpassungen sowie Schulungsbedarf schlagen sich auf den Sektor nieder. Doch trotz all dieser Hürden zeichnet sich hierzulande ein neuer Trend in der Tourismusbranche ab. Laut einer Sonderauswertung des Branchenradars ÖHV-Inside ist Österreich auf dem besten Weg, zur Ganzjahresdestination zu werden.
Viele Kürzungen, aber noch mehr Verlängerungen
Anhand von 221 Leitbetrieben konnte festgestellt werden, dass es in den letzten Jahren Veränderungen bei der Saisondauer gegeben hat. Demnach kürzten 23,2 Prozent der Befragten die Öffnungszeiten um durchschnittlich 23,6 Tage. Gründe dafür sind in erster Linie wirtschaftliche wie zu niedrige Rentabilität oder als Reaktion auf die angespannte Arbeitsmarktsituation. "Da hat es die Politik in der Hand, gegenzusteuern und mehr herauszuholen, mehr Wertschöpfung und dadurch auch mehr Staatseinnahmen – ganz ohne die ungeliebte, konjunkturfeindliche Steuererhöhung", gibt Markus Gratzer, Generalsekretär der Österreichischen Hoteliervereinigung, einen Denkanstoß: "Der Tourismus läuft noch auf Hochtouren, wenn andere schon in der Krise stecken. Da wäre jetzt Rückenwind angebracht. Denn nicht nur lassen die vielen internationalen Gäste viel Geld im Land, auch die Unternehmen investieren. Und genau das ist jetzt dringend nötig."
Gleichzeitig verlängerten mehr als doppelt so viele Hotels (50,4 Prozent) ihre Öffnungszeiten um durchschnittlich 19 Tage. Und weitere zehn Prozent haben von einem Saison- auf einen Ganzjahresbetrieb umgestellt. "In Summe ergibt das über die Jahre ein enormes Wertschöpfungsplus", zieht Gratzer, eine erste Bilanz: "Dieser Langfristtrend ist extrem positiv! Die steigende Nachfrage, die ihr zugrunde liegt, bestätigt die hohe Qualität des Angebots und ein überzeugendes Preis-Leistungs-Verhältnis, ohne das so eine Entwicklung nicht möglich wäre."
Die Saisonverlängerung betrifft vor allem den Herbst. 27 Prozent ziehen ihre Öffnungszeiten inzwischen in die dritte Jahreszeit. Jeweils 18 bis 19 Prozent lassen auch länger im Frühjahr geöffnet sowie im Winter und im Sommer. Laut Gratzer würde man hier vor allem den Einfluss der Herbstferien sehen, die nicht nur den Schüler:innen guttäten, sondern auch dem Tourismus.
Wer besonders profitiert
Gefragt nach den Motiven für eine Saisonverlängerung, antworteten die Befragten mit der Nachfragesteigerung. Besonders Hotels in höheren Lagen sehen sich durch die Schneesicherheit im Winter und den kühlen Temperaturen im Sommer im Vorteil gegen Hitze-Spots im Mittelmeerraum. Für Gratzer ist diese Entwicklung eine nachhaltige Nachfrageverlagerung.
Auch für 2025 erwarten die Branchenvertreter:innen eine gesteigerte Nachfrage bei den Hotels. Daher planen neun Prozent, diese im Herbst noch länger offenzuhalten, jeweils fünf Prozent wollen dies im Frühling und Sommer tun und drei Prozent im Winter. Außerdem zeigt sich, dass fünf Prozent ihren Saisonbetrieb gänzlich auf einen Ganzjahresbetrieb umstellen wollen. "Zusammen mit den bereits gesetzten Verlängerungen ist das eine wichtige Entwicklung in Richtung Ganzjahresdestination", so Gratzer. Tourismusakzeptanz und Anreiseverkehr seien da kein Problem: "Verlängert wird an den Saisonrändern, wenn die Auslastung niedrig ist. Aber die Wertschöpfung nimmt zu und es entstehen Ganzjahresarbeitsplätze: Das ist eine sehr gute Nachricht für Österreich."
Der Fokus auf den Herbst lässt sich zudem mit Zahlen belegen, denn die Nächtigungen in Österreich sind über das ganze Jahr in den vergangenen zehn Jahren um 14,6 Prozent gestiegen. Dabei lag das Plus im September und Oktober bei 21,8 Prozent. "Da ist die an sich schon gute Nachfragesteigerung also noch einmal um die Hälfte höher. Da liegt also besonders viel Potenzial. Wer da die Öffnungszeiten ausweitet, liegt goldrichtig", so Gratzer abschließend.
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