KI-Kolumne von Jürgen Bogner
Mensch. Maschine. Macht. – Welche Fähigkeiten uns jetzt retten

Im Rahmen der neuen KI-Serie, bei der KI-Profi Jürgen Bogner (CEO & Gründer von biteme.digital) regelmäßig einen Beitrag rund um das Thema Künstliche Intelligenz verfasst, dürfen sich LEADERSNET-Leser:innen dieses Mal auf einen Artikel darüber freuen, welche Überlebensfähigkeiten für Führungskräfte im KI-Zeitalter entscheidend sind. 

Wir leben in einer Zeit, die so atemberaubend ist, dass sie sich kaum noch erklären lässt – man muss sie erleben. Oder besser: gestalten. Denn was sich gerade entfaltet, ist kein technologischer Fortschritt. Es ist ein zivilisatorischer Umbruch. Und mittendrin? Du. Ich. Wir. Entscheider, Unternehmer, Kreative – und zunehmend auch: Systemverantwortliche für Mensch-Maschine-Zusammenarbeit.

Sam Altman, CEO von OpenAI, hat es Anfang des Jahres radikal formuliert: "Wir erleben den Moment, in dem der Mensch seinen Platz als klügste Spezies am Arbeitsmarkt verliert." Überzogen? Vielleicht. Aber wie es aussieht, ist das Rennen zwischen KI und Human Intelligence längst nicht mehr offen. Es wird entschieden – durch diejenigen, die bereit sind, ihre Fähigkeiten neu zu denken.

Co-Intelligence statt Kontrollverlust

Es geht nicht darum, ob KI kommt. Sie ist da. Was zählt, ist, wie wir mit ihr umgehen. Die Zukunft gehört nicht der Künstlichen Intelligenz. Sie gehört den Menschen, die es schaffen, ihre humane Intelligenz mit der Kraft der Maschinen zu kombinieren. Ich nenne das: Co-Intelligence – und sie ist die neue Führungswährung.

Doch wer glaubt, man könne sich da einfach ein Tool einkaufen, ein paar ChatGPT-Prompts auswendig lernen und "ready for the future" sein, verkennt die Dimension. Wir stehen nicht vor einem Technologiewandel. Wir stehen vor einem Fähigkeitswandel. Und der ist tiefgreifend, fordernd – aber auch faszinierend.

Die fünf Überlebensfähigkeiten für Führungskräfte im KI-Zeitalter

  1. Unlearning & Meta-Lernen: Die wichtigste Fähigkeit? Lernen, was du verlernen musst. In einer Welt, in der Wissen veraltet, bevor du es aussprechen kannst, gewinnt, wer kontinuierlich umlernen kann – nicht aus Zwang, sondern aus Neugier.
  2. Systemisches Denken & Adversarial Mindset: Stell dir vor, du wärst dein:e schärfste:r Wettbewerber:in. Wie würdest du dein eigenes Geschäftsmodell mit KI angreifen? Diese Denkweise macht dich unangenehm wachsam – aber auch verdammt widerstandsfähig.
  3. Menschliche Tiefe: Empathie, Ethik, Reflexionsfähigkeit – klingt weich, ist aber hartes Business. Denn in der Welt der Maschinen zählt das, was Maschinen nicht können: Sinn stiften. Beziehung bauen. Haltung zeigen.
  4. Technologische Anschlussfähigkeit: Du musst nicht coden – aber du musst orchestrieren. Wer nicht versteht, wie Tools wie GPT, Midjourney, Synthesia oder Runway arbeiten, kann keine intelligenten Entscheidungen treffen. Und erst recht keine intelligenten Teams führen.
  5. Verlustkompetenz: Die Fähigkeit, Dinge loszulassen – Strukturen, Gewohnheiten, Sicherheiten – ist vielleicht das Schwierigste. Aber auch das Notwendigste. Zukunft braucht Platz. Und der entsteht nur durch Mut zur Leere.

Leadership 2025: Weniger Kontrolle, mehr Kontext

Die klassische Management-Lehre? In der KI-Welt bestenfalls Folklore. Denn die Welt von heute braucht keine Kontrollfreaks, sondern Kontextgeber:innen. Keine Erbsenzähler:innen, sondern Ermöglicher:innen. Keine Hierarchie-Verwalter:innen, sondern Kultur-Schaffer:innen.

Wer führen will, muss Sinn geben. Wer Sinn gibt, muss zuhören. Wer zuhört, muss lernen. Und wer lernt, muss bereit sein, sich selbst zu verändern. Kein Tool, kein Framework, keine Roadmap kann dir das abnehmen.

Was jetzt zu tun ist – kein BlaBla, sondern Battleplan

  • Auditiere deine Fähigkeiten wie ein Geschäftsmodell: Welche deiner persönlichen Skills sind 2027 noch relevant? Sei brutal ehrlich.
  • Trainiere dein Team in kritischer KI-Nutzung: Nicht nur wie man Tools nutzt – sondern wann man es besser lässt.
  • Positioniere dich als Mensch in einem technisierten System: Menschen folgen Menschen. Nicht Interfaces.
  • Sorge für Resilienz – persönlich wie unternehmerisch: Wer kein zweites Standbein hat – geistig, wirtschaftlich oder emotional – wird wackeln, wenn's ruckelt.
  • Führe mit Haltung, nicht mit Hektik: Deine innere Stabilität entscheidet über die Zukunftsfähigkeit deines Unternehmens.

Fazit: Die Zukunft ist keine App. Sie ist ein Muskel. Trainiere ihn.

Die kommenden Jahre werden brutal. Aber auch brillant. Es wird Gewinner:innen geben – aber nur unter denen, die bereit sind, sich neu zu erfinden.

Wenn du das gelesen hast und dir denkst: "Klingt nach viel Arbeit."

Dann antworte ich: "Stimmt. Aber es ist die einzige Arbeit, die zählt."

www.ahoi.biteme.digital


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