Zuletzt hat vor allem die Industriellenvereinigung immer wieder darauf verwiesen, dass Österreich in Sachen Wettbewerbsfähigkeit stark ins Hintertreffen gerät (LEADERSNET berichtete). Nun wird diese Einschätzung von einer aktuellen Analyse untermauert.
Höchster Anstieg der Lohnstückkosten
Die aktuelle UniCredit Bank Austria Analyse warf einen genauen Blick auf die Wettbewerbsfähigkeit des Landes und machte einige Baustellen aus.
Ein Ergebnis besagt, dass Österreich seit Beginn der Pandemie bei den Lohnstückkosten innerhalb der Top zehn Länder des Euroraums mit einem Anstieg von 23,4 Prozent (erstes Quartal 2024 im Vergleich zu Ende 2019) die stärkste Erhöhung hinnehmen, fast zehn Prozentpunkte mehr als der Durchschnitt des Euroraums oder Deutschland (15,4 Prozent), fast 15 Prozentpunkte mehr als etwa Italien. Der wesentlichste Grund für den stärkeren Anstieg der Lohnstückkosten in Österreich sei dabei die höhere Inflation, die seit Beginn der Pandemie in Österreich mit 23 Prozent (zweites Quartal 2023 bis erstes Quartal 2024 im Vergleich zu 2019) um fünf Prozentpunkte höher ausfiel als im Euroraum.
"Österreich musste unter den Top-Euroländern den stärksten Anstieg der Lohnstückkosten seit 2019 hinnehmen, hauptverantwortlich war dafür die höhere Inflation in Österreich", meint Stefan Bruckbauer, Chefökonom der UniCredit Bank Austria. "Trotz des stärkeren Kostenanstiegs in Österreich stiegen vor allem die Exportpreise von Waren und Dienstleistungen aus Österreich nicht stärker, somit konnten sogar Exportmarktanteile gewonnen werden, allerdings zulasten der Erträge, wobei vor allem die Industrie einen starken realen Gewinneinbruch hinnehmen musste", fasst Bruckbauer das Ergebnis einer UniCredit Bank Austria Analyse zusammen.
Trotz starkem Anstieg der Kosten, unterdurchschnittlicher Anstieg der Exportpreise
Trotz höchstem Anstieg der Lohnstückkosten in Österreich im Vergleich zu den großen Euroländern hätten sich die Produzentenpreise (Verkaufspreise der Industrie) sowohl im Inland, aber vor allem auch im Ausland für Österreich deutlich geringer als bei den meisten anderen Euroländern erhöht. So stiegen die Produzentenpreise im Inland in Österreich seit 2019 um 35 Prozent, eine Erhöhung, die um vier Prozentpunkte unter dem Durchschnitt des Euroraums lag und sogar sechs Prozentpunkte unter der Verteuerung in Deutschland. Mit 18 Prozent zeigten die Produzentenpreise österreichischer Waren im Ausland sogar den geringsten Preisanstieg, insgesamt fiel jedoch der Preisanstieg im Ausland deutlich geringer aus als im Inland.
Exporterfolg Österreichs auf Kosten der Erträge
Dementsprechend konnte Österreich auch seine Position im Export, zumindest im Vergleich zu anderen Euroländern seit Ende 2019 halten bzw. sogar ausbauen. "Österreichs Exporte von Waren und Dienstleistungen sind seit 2019 mit 8,2 Prozent real stärker als etwa die Exporte aus Deutschland (1,4 Prozent) oder Frankreich (3,7 Prozent) gestiegen, lediglich Italien und Portugal hatten einen stärkeren Exportanstieg von Waren und Dienstleistungen unter den größeren Ländern des Euroraums", sagt Bruckbauer. "Jedes der Top 10 Länder des Euroraums, mit Ausnahme von Österreich konnte seine Exportpreise stärker steigern als die Lohnstückkosten, so stiegen sie im Durchschnitt des Euroraums um 8,3 Prozentpunkte stärker, in Deutschland immerhin noch 2,7 Prozentpunkte, in Italien 8,9 Prozentpunkte. Der Exporterfolg und die Aufrechterhaltung der Wettbewerbsfähigkeit dürfte in Österreich damit deutlich zulasten der Profitabilität gegangen sein", so die Ökonomen der UniCredit Bank Austria.
Herausforderung Kosteneffizienz zu verbessern
Die österreichische Wirtschaftspolitik stehe laut der Studie vor der Aufgabe, die Rahmenbedingungen für Kosteneffizienz zu verbessern. Obwohl Österreichs Industrie in der Vergangenheit erfolgreich war, hat sich die Situation zuletzt verschlechtert. Bis 2022 waren insbesondere die Maschinen-, KFZ- und Möbelindustrie von Ertragsproblemen betroffen, während der Energiesektor und die Bauwirtschaft besser abschnitten. Einzelhandel und Transportwirtschaft standen ebenfalls unter Druck, während die Gastronomie und Beherbergung ihre Margen halten konnten. Verschiebungen zwischen Löhnen und Gewinnen sowie die Lohnfestsetzung nach Inflationsrate haben Herausforderungen für den Standort geschaffen. Während die Industrie dies durch Produktivitätssteigerungen teilweise ausgleichen kann, ist dies für den Dienstleistungssektor, insbesondere den Fremdenverkehr, schwieriger.
"Eine Steigerung der Effizienz und andere Maßnahmen zur Senkung der Kostenbelastung, vor allem des Faktors Arbeit, sind nun besonders notwendig und stellen eine wichtige Aufgabe für die nächste Regierung in Österreich dar", meint Bruckbauer.
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