Am Dienstag ging im Hotel Bristol in Wien eine international beachtete Studienpräsentation über die Bühne. Konkret wurden dabei von Marketagent und Board Search die Umfrageergebnisse zum Thema "Top-Management und Politik zwischen Anspruch und Wirklichkeit" präsentiert.
Bei der Studie haben das Marktforschungsinstitut und das Führungskräfte-Netzwerk unter die Lupe genommen, welche Qualifikationen es an der Spitze braucht, wie mit Interessenskonflikten umgegangen werden sollte und welche objektiven Kriterien helfen können, die Ansprüche näher an die Wirklichkeit zu bringen. 210 internationale Vertreter:innen aus dem Top-Management, Eigentümer, Aufsichtsräte und Beiräte haben bei der Beantwortung von den 30 Fragen ihre Erfahrungen und ihr Praxis Know-How eingebracht.
Beratende Gremien werden als notwendig erachtet
Den Ergebnissen zufolge sollten Führungspositionen in Wirtschaft und Politik zumindest in der Theorie von Personen besetzt werden, die über außergewöhnliche Qualifikationen, höchste Professionalität und eine unabhängige Entscheidungsfähigkeit verfügen. Doch in der Realität würden diese Ideale oft durch Inkompetenz, persönliche Netzwerke, politische Loyalitäten und wirtschaftliche Interessen geschmälert, so die Studienautoren.
85 Prozent der befragten Top-Führungskräfte bewerten Aufsichtsräte und Beiräte als sehr oder eher wichtig für den Unternehmenserfolg. Zudem sollten beratende Gremien vor allem unabhängig sein und ethisch korrekt agieren. Fachliche Kompetenz werde als nachrangig erachtet. Prominente als Aufsichtsratsmitglieder lehnt die Mehrheit (55 Prozent) der Teilnehmer:innen ab. Dafür sprechen sich 80 Prozent für strengere Vorschriften hinsichtlich der Aus- und Weiterbildung von Aufsichtsratsmitgliedern aus. Außerdem wird die Gefahr von Interessenskonflikten in der Politik doppelt so hoch eingeschätzt wie in Unternehmen.
Signa-Insolvenz als Mahnmahl
Für ein Negativbeispiel aus der Praxis müsse man nicht lange suchen, hieß es im Rahmen der Präsentation: Die internationale Insolvenz der Signa sei ein Mahnmal aus der jüngsten Geschichte, das die Kluft zwischen dem Anspruch auf Professionalität & Unabhängigkeit und der Wirklichkeit verdeutliche. Einer Wirklichkeit, in der Geschäftspraktiken durch private Netzwerke, persönliche Bereicherung und mangelnde finanzielle Sorgfalt korrumpiert würden und zu einem massiven Unternehmensversagen führten.
Die Signa Holding musste – bewusst als GmbH konstruiert – keinen Aufsichtsrat einsetzen, René Benko installierte jedoch einen Beirat als beratendes Gremium. Dass Beraterstäbe dieser Art eine wichtige Rolle für den Unternehmenserfolg spielen, steht für die 210 befragten Mitglieder des Board Search Führungskräfte-Netzwerks außer Frage. 85 Prozent weisen ihnen eine hohe Wichtigkeit zu. Dabei ist für die Business-Insider:innen auch klar, dass die Wirkkraft der Beratenden mit ihrer Unabhängigkeit (78 Prozent) stehe und falle. Nur unabhängige Mitglieder könnten objektiv entscheiden und das Management effektiv überwachen und zur Rechenschaft ziehen. Als weitere Kernkompetenzen eines Beratergremiums werden Integrität (75 Prozent), Rückgrat (65 Prozent) und hohes Verantwortungsbewusstsein (64 Prozent) identifiziert. Fachlicher Kompetenz (55 Prozent) wird im Vergleich zur ethischen Eignung dagegen eine deutlich geringere Rolle zugewiesen.
© Marketagent/Board Search
Politik zwischen Kompetenzdefizit und Interessenskonflikt
Ähnlich wie das Top-Management in Unternehmen müssten auch Politiker:innen Führungsqualitäten zeigen. Als wichtigste Kompetenz wird dabei von den befragten Expert:innen ein hohes Verantwortungsbewusstsein angesehen (91 Prozent). Das fachliche Know-How erachten hingegen nur rund vier von zehn als sehr wichtig für die Ausübung der Profession als Volksvertretende. In der Gesamtbevölkerung werde der fachlichen Kompetenz deutlich mehr Wichtigkeit zugesprochen.
Wunsch und Wirklichkeit würden dabei eklatant auseinanderklaffen. "Die Daten unserer Umfrage machen deutlich, dass die heimischen Politiker*innen den Ansprüchen aus der Bevölkerung nicht einmal ansatzweise gewachsen sind. Als stark wird lediglich das Netzwerk der Volksvertretenden angesehen. In Sachen Kompetenz, Persönlichkeit oder Verantwortungsbewusstsein können die Politiker:innen die Bevölkerung hingegen ganz und gar nicht überzeugen", erläutert Thomas Schwabl, Geschäftsführer von Marketagent. Nur jeweils rund zwei von zehn Befragten aus der Gesamtbevölkerung seien der Ansicht, dass die heimischen Volksvertretenden ausreichende soziale und fachliche Kompetenzen bzw. den nötigen Anstand an den Tag legen.
60 internationale Gäste
Im Anschluss an die Präsentation wurden die Studienergebnisse von den rund 60 internationalen Gästen diskutiert. Mit dabei waren u.a. Alexander Eichner, Transition Manager, Reinhold Wochner, Delivery Hero, Dita Chrastilova, Liburnia Riviera Hoteli D.D., Mirjam Blechner, Accenture, Marco Falger, Aurisura, Rainer Schamberger, Eurogroup Consulting, Gerhard Fiala, Auctus Capital Partners AG, Julian Hödlmayr, Hödlmayr International AG, Jasmin Soravia, Kollitsch & Soravia Immobilien, Daniela Colleoni, ISS Austria, Asli Chamizo-Toksal, Nifty Books/Idonatemyway, Michael Köttritsch, Die Presse, Oliver Jonke, Medianet Group, Erich Lugbaur, Gas Connect Austria, Gerhard Sukup, Schoellerbank, Jörg Egretzberger, Timetoact Österreich, Olaf Schermann, Timetoact Österreich, Peter Hofbauer, APAB, Norbert W. Scheele , C&A Group, Erich Dosek, Rauscher Consumer Products, Peter Dziergas, Dale Carnegie Österreich, Gerhard Pix, Huemer Group, Helmut Mock, Böhler Uddeholm, Ilse Ennsfellner, Ennsfellner Consulting, Walter Koren, Educatio, Josef Kainz, Diesaremas, Patrick Pils, Leto Space, Marion Szeiler, Szeilerei Executive Coaching, Stephan Eberhardt, Rechtsanwalt & Autor, Helmut Tenschert, Einstein Gmbh, Michael Weilguny, Evolit, Brigitta John, Smart Value Creation und Annika Popov, Timetoact.
LEADERSNET war bei der Präsentation. Fotos sehen Sie in unserer Galerie.
www.boardsearch.at
www.marketagent.com
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