"Großes Potenzial sehe ich in der privaten Unfallversicherung"

| 13.03.2013

Stadler, Vorstandsvorsitzende der ERGO, im Interview über die Transparenzoffensive, die Positionierung am heimischen Versicherungsmarkt und ob Lebensversicherungen noch sinnvoll sind. 

Die Marke ERGO startete Mitte April 2012 in Österreich operativ unter ERGO Versicherung AG durch und ersetzt damit die VICTORIA-VOLKSBANKEN Versicherung. Die Holdinggesellschaft gehört zur international tätigen ERGO Versicherungsgruppe AG mit Sitz in Düsseldorf, die mit Tochtergesellschaften in einigen mittel- und osteuropäischen Staaten aktiv tätig ist. leadersnet.at plauderte mit Elisabeth Stadler, Vorstandsvorsitzende der ERGO Austria International AG, über Trends und Entwicklungen, neue Produkte, Frauen in Führungspositionen und darüber wie aus Victoria-Volksbanken Versicherungen ERGO wurde.

leadersnet.at: Unter der Marke ERGO werden erst seit knapp einem Jahr Lebens- und Sachversicherungen angeboten (vorher Victoria-Volksbanken Versicherungen). Wie gut konnte der neue Name am heimischen Versicherungsmarkt positioniert werden?

Stadler: Mit Unterstützung unserer Markenpositionierungskampagne konnten wir in weniger als einem Jahr eine gestützte Bekanntheit von 30 % in Österreich erzielen. Damit sind wir sehr zufrieden zumal uns bewusst ist, dass Versicherungen nicht zu jenen Marken gehören, die emotional leicht zu besetzen sind. Wir bieten eine Dienstleistung, ein immaterielles Gut, das für den Konsumenten nicht unmittelbar angreifbar ist.   

leadersnet.at: Als ERGO-Testimonial konnte Harald Krassnitzer gewonnen werden. Warum fiel die Wahl ausgerechnet auf ihn?

Stadler: Harald Krassnitzer ist ein sehr charismatischer und bekannter Schauspieler, der klar und offen seine Meinungen äußert und dazu steht. Wir positionieren uns als Versicherung, die unkompliziert und klar verständlich sein will. Herr Krassnitzer transportiert somit unsere Botschaften sehr glaubwürdig. Dass wir mit ihm die richtige Wahl getroffen haben, zeigt uns eine ganz aktuelle Studie über die Werbelieblinge Österreichs von „marketagent.com“. Hier wurden prominente Werbetestimonials abgefragt. Herrn Krassnitzer werden vor allem die  Attribute vertrauenswürdig, seriös, bodenständig, ehrlich und kompetent zugeordnet. Das passt optimal zu unserer Unternehmensphilosophie.

leadersnet.at: Sie haben letztes Jahr die Parole „Versichern heißt verstehen“ ausgegeben. Können Sie den Gedanken dahinter erläutern?

Stadler: Hinter diesem Leitspruch steckt das Ziel, mit der neuen Versicherungsmarke ERGO jene Attribute für unsere Kunden erlebbar zu machen, die sie einer Versicherung gerne zuordnen würden: Das anzubieten, was die Kunden gerne abgesichert haben möchten und dabei einfach, klar und verständlich zu sein.

leadersnet.at: Dazu hat ERGO 2012 eine Transparenzoffensive gestartet. Was waren die Beweggründe?

Stadler: Wir wissen, dass Versicherungen allgemein als sehr komplex empfunden werden. Wir greifen diese Thematik  aktiv auf und haben 2012 begonnen, Kundenunterlagen für neue Produkte auf Verständlichkeit und Einfachheit zu überarbeiten. Weitere Maßnahmen sind in Planung. Wir orientieren uns an dieser Strategie mit dem Bewusstsein, noch nicht am Ziel angekommen zu sein. Das ist ein sehr ambitioniertes Projekt mit vielen Schritten, die wir 2013 konsequent weitergehen.

leadersnet.at: Inwieweit gilt das auch für neue Produkte? Sie sind gerade mit einer neuen Kfz-Versicherung am Markt gestartet.

Stadler: Hier setzen wir unseren Leitspruch in die Tat um. Bei der Neugestaltung haben wir uns mit den Absicherungsbedürfnissen von Autofahrern intensiv beschäftigt. Wir haben festgestellt, dass Haustiere im Auto bei einem Unfall, vor allem wenn der Lenker ihn selbst verursacht hat, keinen Schutz haben. Aus Gesprächen wissen wir, dass dies vielen Tierbesitzern ein großes Anliegen wäre, daher haben wir diese Lücke mit unserer Kfz-Versicherung jetzt geschlossen.  Wir sprechen mit unserem Angebot auch jene Kunden an, die auf ein Auto nicht verzichten möchten, aber häufig mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs sind. Wir dehnen den Schutz den sie im Auto genießen für relevante Risiken auch auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmitteln aus.

leadersnet.at: Welche Trends und Entwicklungen werden 2013 am Versicherungsmarkt maßgeblich sein?

Stadler: In der Lebensversicherung erwarten wir weiterhin eine eher verhaltene Entwicklung  vor allem bei den Einmalerlägen. Hier reagieren die Kunden sehr zurückhaltend auf Grund der Verlängerung der steuerlichen Mindestbindungsdauer von 10 auf 15 Jahre.  Der Wachstumsträger wird auch 2013 das Sachversicherungsgeschäft sein. Großes Potenzial hat die private Unfallversicherung. Wir haben seit Jahren steigende Zahlen bei Freizeitunfällen. 75 % aller Unfälle in Österreich entfallen auf diesen Bereich. Vielen Österreicherinnen und Österreichern ist nicht bewusst, dass sie bei einem Freizeitunfall mit bleibenden Folgen keinen einzigen Euro aus der gesetzlichen Unfallversicherung erhalten. Dafür in etwa täglich die Kosten einer Tageszeitung zu investieren, sollte für jeden leistbar sein.

leadersnet.at: Ist für den Kunden der Abschluss einer Lebensversicherung – der Garantiezins beträgt gerade mal 1,75 Prozent – überhaupt noch sinnvoll? Und was ist die Alternative dazu?

Stadler: Dazu gibt es von mir ein klares Ja. Die Vorteile dieser Vorsorgeform, biometrische Risiken wie die Langlebigkeit abzudecken und gleichzeitig Sicherheiten zu bieten, sind und werden wichtig bleiben. Die Leistung einer lebenslang garantierten Rente kann nur von der Lebensversicherung abgedeckt werden. Vergessen wir nicht: Unsere Lebenserwartung steigt täglich um sechs Stunden. Aktuell sind 23 Prozent der Bevölkerung über 60, 2020 liegt ihr Anteil bei etwa 26 Prozent, ab 2030 bereits bei über 30 Prozent. Garantien wird es aus unserer Sicht bei der klassischen Lebensversicherung immer geben, aber man wird sicher über die Art und den Zeitpunkt der Garantien nachdenken müssen. Natürlich bieten wir auch Alternativen ohne Garantie oder mit eingeschränkten Leistungen an. Hier bestehen für den Kunden höhere Ertragschancen aber gleichzeitig auch höhere Risiken. Der Kunde kann für sich wählen, was ihm wichtiger ist. Meiner Meinung nach haben sich die Versicherungen in den vergangenen Jahren zu sehr in die Renditediskussion mit anderen Finanzprodukten ohne Risikodeckung verwickeln lassen. Es ist nicht Hauptaufgabe einer klassischen Lebensversicherung, eine möglichst hohe Rendite zu bieten. Die Hauptaufgabe besteht in einer langfristig berechenbaren Leistung, die zu einem gewissen Teil bereits zum Abschlusszeitpunkt garantiert werden kann.

leadersnet.at: Welche neuen Produkte hat die ERGO 2013 im Programm?

Stadler: Neben der bereits jetzt angebotenen neuen Kfz-Versicherung überlegen wir noch die Einführung einer neuen Unfallversicherung, einer Berufsunfähigkeitsversicherung und wir arbeiten intensiv an attraktiven und innovativen Veranlagungsprodukten, die natürlich vom aktuellen Umfeld abhängen.  

leadersnet.at: Wie hat sich die Einführung der Unisex-Tarife ausgewirkt?

Stadler: Aus unserer Sicht ziemlich unspektakulär. Wir haben weder vorher einen besonderen Ansturm erlebt noch jetzt ein Abflauen der Nachfrage. Versicherungen sind keine Produkte die man mit Schnäppchen im Supermarkt vergleichen kann. Hier geht es um langfristige Vorsorge, die nachhaltig wirken soll.  

leadersnet.at: Stichwort Frauen: Sie sind die Chefin einer der größten Versicherungsgruppen in Österreich. Welche Qualitäten bringen speziell Frauen für solche Führungspositionen mit?

Stadler:  Ich sage immer: Wichtig sind Kompetenz, Management Skills, Leadership, strukturiertes und strategisches Denken. Das sind Eigenschaften, die geschlechtsunabhängig für die Besetzung einer Führungsposition zählen sollten. Frauen müssen allerdings diese Eigenschaften noch ausgeprägter zeigen und noch intensiver leben, um gleich aufzufallen wie Männer. Wichtig ist auch selbstbewusst sein und dies auch zeigen. Wir Frauen sind im Großen und Ganzen nicht so selbstbewusst wie Männer und trauen uns meistens zu wenig zu. Wenn ich eine Führungsposition ausschreibe und zehn Punkte aufliste, die ich voraussetze, dann bewirbt sich vielleicht eine Frau. Die erfüllt neun der zehn Punkte, hat aber schon Angst, weil sie den einen Punkt nicht erfüllt. Bei den Männer bewerben sich unzählige, die nur vier oder fünf Punkte erfüllen, und ihrer Ansicht nach sowieso die Besten für diesen Job sind.

www.ergo-austria.at

 

Elisabeth Stadler

Seit November 2009: Vorstandsvorsitzende ERGO Austria International AG

1/2005 – 11/2009: Vorstand Raiffeisen Versicherung AG und FinanceLife Lebensversicherung AG

12/2003 – 11/2009: orstand UNIQA Personenversicherung AG and Call Direct Versicherung AG

11/1983: Eintritt in Bundesländer Versicherung, Lebensversicherung

1980 - 1983 Studium der Versicherungsmathematik an der Technischen Universität Wien

Elisabeth Stadler

Seit November 2009: Vorstandsvorsitzende ERGO Austria International AG

1/2005 – 11/2009: Vorstand Raiffeisen Versicherung AG und FinanceLife Lebensversicherung AG

12/2003 – 11/2009: orstand UNIQA Personenversicherung AG and Call Direct Versicherung AG

11/1983: Eintritt in Bundesländer Versicherung, Lebensversicherung

1980 - 1983 Studium der Versicherungsmathematik an der Technischen Universität Wien

leadersnet.TV