VfGH kippt Teile der Cofag-Grundlagen: Die Reaktionen fallen heftig aus

Obwohl laut dem Urteil auch Richtlinien des Finanzministeriums zur Auszahlung von Finanzhilfen teils rechtswidrig sind, fließen die Gelder an Unternehmen dank einer Übergangsfrist vorerst weiter. Dennoch hagelt es Kritik.

Seit Monaten hat sich der Verfassungsgerichtshof (VfGH) mit den gesetzlichen Grundlagen zur Auszahlung von CoV-Hilfen durch die eigens dafür eingerichtete Covid-19-Finanzierungsagentur "Cofag" auseinandergesetzt. Am Dienstag ist das Höchstgericht zu einem Urteil gekommen. Demnach sind Teile der rechtlichen Grundlagen rechtswidrig und wurden somit gekippt. Als Grund wird genannt, dass sie gegen die Verfassung verstoßen. Darüber hinaus sind laut VfGH auch Richtlinien des Finanzministeriums zur Auszahlung von Finanzhilfen teilweise rechtswidrig.

Zahlungen fließen weiter

Dank einer relativ langen Übergangsfrist müssen die Auszahlungen aber nicht gestoppt werden, was im Finanzministerium sichtlich für Erleichterung sorgte. Konkret teilte das Höchstgericht mit: "Die Aufhebung der verfassungswidrigen Bestimmungen tritt mit Ablauf des 31. Oktober 2024 in Kraft". Bis zur Erlassung derartiger gesetzlicher Regelungen könne die Cofag weiterhin die ihr durch das ABBAG-Gesetz übertragenen Aufgaben besorgen und daher auch Finanzhilfen auszahlen, heißt es weiter. Das dürfte auch bei betroffenen Unternehmen, die nach wie vor auf die Auszahlung von CoV-Hilfen warten, für Erleichterung sorgen. Diese laufen nun noch ein gutes Jahr weiter.

Die Cofag wurde aufgrund der ersten Lockdowns im Rahmen der Corona-Pandemie von der türkis-grünen Regierung ins Leben gerufen. Damals war Gernot Blümel Finanzminister und das Motto der politischen Entscheidungsträger:innen lautete "Koste es, was es wolle". Die Finanzierungsagentur gehörte zum gigantischen Hilfsprogramm für die Wirtschaft. Seither wurden mehr als 1,3 Millionen Anträge auf finanzielle Unterstützung gestellt - in 99,9 Prozent der Fälle kam es den offiziellen Angaben zufolge zu Auszahlungen. Insgesamt 15 Milliarden Euro an Hilfen wurden über die Cofag abgewickelt. Seit Dienstag wissen wir, dass Teile davon verfassungswidrig sind.

Reaktionen

Die Reaktionen auf das Urteil fallen unterschiedlich aus, wobei eindeutig die kritischen Stimmen dominieren. Zu den wenigen, die sich positiv geäußert haben, zählt wenig überraschend der Wirtschaftsbund: "Die Bundesregierung hat durch die schnelle und unbürokratische Hilfe während der COVID-19-Pandemie eine Insolvenzwelle verhindert und damit tausende Arbeitsplätze gesichert. Zwischenzeitlich sind die meisten Fälle abgearbeitet. Das VfGH-Erkenntnis muss nun zum Anlass genommen werden, die verfassungsrechtlichen Vorgaben umzusetzen und die noch offenen Fälle rasch zu erledigen, um die Cofag auflösen zu können", nimmt WB-Generalsekretär Kurt Egger zum VfGH-Erkenntnis Stellung.

Bei den Oppositionsparteien sieht die Sache freilich anders aus. SPÖ-Finanzsprecher Jan Krainer sagt: "Wir werden das genau analysieren; aber klar ist schon jetzt, dass das Erkenntnis des VfGH vielleicht das Ende der Cofag ist, aber sicher der Beginn der umfassenden, lückenlosen Aufklärung darüber, was mit den 15 Milliarden Euro, die alle Menschen, die in Österreich leben, in die Cofag eingezahlt haben, passiert ist und wer die politische Verantwortung für einen der größten Finanzskandale, die Österreich je gesehen hat, trägt". FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker und FPÖ-Budget- und Finanzsprecher Hubert Fuchs finden in einer ersten Reaktion auf das VfGH-Urteil ebenfalls keine netten Worte: "Was wir Freiheitliche von Anfang an gesagt haben, wurde jetzt auch vom Verfassungsgerichtshof bestätigt: Die Übertragung der Abwicklung der Covid-Hilfsgelder an die eigens dafür gegründete Cofag war rechtswidrig. Der VfGH bestätigt damit das schwarz-grüne Totalversagen."

Die Reaktion der NEOS fällt nicht ganz so heftig aus. Sie fordern nun aber eine rasche Abwicklung der Finanzierungsagentur. NEOS-Budget- und Finanzsprecherin Karin Doppelbauer: "Die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs, dass die Aufgabenübertragung an die Cofag gegen die Verfassung verstößt und auch die Richtlinien des Finanzministers zur Auszahlung der Finanzhilfen zum Teil rechtswidrig sind, kommt daher alles andere als überraschend. Nur ÖVP und Grüne wollten nicht und nicht hören und ihren Fehler korrigieren. Das zeigt einmal mehr, wie verantwortungslos und am Ende diese Bundesregierung ist."

Gerald Zmuegg vom Finanzombudsteam kommentiert das Urteil wie folgt: "Desinteresse oder Inkompetenz – eines von beiden muss bei den politischen Verantwortlichen zutreffen, anders ist der Umgang mit den ausstehenden Corona-Hilfen nach so langer Zeit nicht zu erklären. Beides sind aus Unternehmersicht Gründe für den Rücktritt der Cofag-Geschäftsführung sowie von Finanzminister Brunner und Vizekanzler Kogler."

Dieser harten Forderung stimmt Walter Veit, Präsident der Österreichischen Hoteliervereinigung, zwar nicht zu, Kritik übt aber auch er. Dass die Cofag-Konstruktion kein Ruhmesblatt sei, wisse mittlerweile jeder. Dass der VfGH dem Finanzminister ein Jahr gibt, um für Ordnung zu sorgen, sei jedoch für alle eine Chance. Magnus Brunner habe eigentlich für Mitte September die Auflösung der Agentur angekündigt, um sie so – wie jetzt vom VfGH angeordnet – unter seine Kontrolle und damit auch die des Nationalrats zu bringen. "Jetzt ist Schluss mit dem Versteckspiel, mit anonymen E-Mail-Adressen, der Degradierung steuerzahlender Unternehmer:innen zu Bittsteller:innen, mit fragwürdigen, aber nicht anfechtbaren Entscheidungen, mit dem undurchsichtigen Mischmasch aus Amtsgeschäften und einer GmbH", so Veit.  Ausständige Entschädigungen müssten rasch ausgezahlt werden. Dazu brauche es ausreichend Mitarbeiter:innen.

www.vfgh.gv.at

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