Vor zwei Wochen luden wir unter dem Motto "RepuBLICK" zu einem Get-together im Parlament, von dessen wunderbarer Terrasse aus, die Gäste in die schöne Wiener Innenstadt "Blicken" konnten. Dabei wurde lebhaft über das Staatsgefüge der Republik und über Demokratie philosophiert. Im Zuge dessen ging Winston Churchill mit seiner Aussage: "Demokratie ist die schlechteste aller Regierungsformen – abgesehen von all den anderen Formen, die von Zeit zu Zeit ausprobiert worden sind" als der meistzitierte Mann des Abends hervor.
"Die Demokratie braucht vor allem uns"
Der Demokratie wurden an diesem Abend eine Reihe wichtiger und erstrebenswerter Eigenschaften und Aufgaben zugeschrieben, etwa, dass sie Vorhersehbarkeit für die Zukunft schaffen solle. Sie böte außerdem die einzige Chance für sowohl die persönliche Freiheit als auch die Freiheit eines Landes. In jedem Falle müsse mit der Demokratie als schützenswertes Gut behutsam umgegangen werden. Hierzu passt auch das Zitat Frank Walter Steinmeiers, welcher meinte: "Wir brauchen die Demokratie – aber ich glaube: Derzeit braucht die Demokratie vor allem uns."
Was aber bedeutet das, nämlich vor allem in Hinblick auf das von uns so geschätzte Gut Freiheit – die persönliche, die unternehmerische und die des Landes? Für uns ist es selbstverständlich, unseren Bildungsweg zu wählen, eine freie Berufswahl treffen zu können und im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben ein Unternehmen zu betreiben. Das ist nicht überall auf der Welt so. Und der Gesetzesrahmen, innerhalb dessen wir uns als Unternehmer:innen bewegen, wurde nicht durch einzelne sondern durch den Konsens vieler erarbeitet. So funktioniert Demokratie, beziehungsweise sollte sie es, manchmal auch mit Kompromissen.
Taten, die überzeugen
Die Corona-Pandemie hat allerdings recht eindrücklich gezeigt, dass die Handlungsfähigkeit der Politik in Ausnahmesituationen sehr eingeschränkt ist. Der Rückhalt in der Bevölkerung und das Vertrauen der Menschen im Lande hat darunter massiv gelitten und abgenommen. Man hat aber auch grundsätzlich den Eindruck, dass sich viele in der Bevölkerung nun am Rande oder sogar außerhalb des Verfassungsbogens einordnen. Umso wichtiger ist es, hier nun dringend gegenzusteuern und Vertrauen wieder aufzubauen. Das funktioniert jedoch – nebenbei angemerkt – weder, indem unkontrolliert Subventionen verteilt werden, noch fällt irgendjemand mehr auf schöne Worte und leere Versprechungen herein. Was es jetzt braucht, auch mit Blick in Richtung der EU, sind Taten, die überzeugen, dass Demokratie funktioniert und eben doch nicht die schlechteste aller Regierungsformen ist.
Was kann nun der oder die Einzelne dazu beitragen? Es klingt banal, ist es aber keineswegs: mehr für die Demokratie eintreten! Nicht der Auseinandersetzung aus dem Weg gehen. Denn uns sind im täglichen Zusammenleben Fähigkeiten abhanden gekommen, die auch unsere Volksvertreter:innen teilweise schmerzlich vermissen lassen. Dazu gehört etwa, seinem Gegenüber die Chance zu geben, mit Argumenten zu überzeugen – genau das sollte nicht nur im Parlament passieren. Leider ist jedoch die Fähigkeit "agree to disagree" zurückgegangen, Dialog findet kaum statt. Darüber hinaus würde es auch nicht schaden mehr hervorzuheben, was die Demokratie für uns leistet und wir zu oft als selbstverständlich nehmen. So wie in den Medien der Weg gefunden werden muss, nicht nur negativ zu berichten, sondern auch positiv, so müssen wir mehr die Leistungen der Demokratie sichtbar machen.
Unternehmen sollten "lauter" agieren
Dass Unternehmen mehrheitlich keine absoluten Demokratien sein können, ist indes eine andere Geschichte. Natürlich sind Partizipation, Empowerment und Mitsprache wichtige Elemente, ohne die es auch keinen Erfolg geben kann. Aber Strategien und Pläne werden selten absolut demokratisch entwickelt, aber fast in allen Unternehmen immer mit der Beteiligung – auf die ein oder andere Art – aller. Eine andere Frage ist es aber, wie weit sich Unternehmen mehr in der politischen Diskussion einbringen können und sollen. Hier schrecken noch viele Unternehmen viel zu sehr zurück, um ja keiner politischen Richtung auf die Füße zu treten. Hier ist sicherlich noch viel Luft nach oben und auch Unternehmen sollten hier eindeutiger und merklich lauter agieren.
JTI Austria feiert im kommenden Jahr sein 240-jähriges Jubiläum. Und so unterschiedlich wie die Staatsformen, die Österreich während dieses Zeitraums durchlaufen hat, gestaltete sich sicherlich auch die Art der Unternehmensführung. Heute zählen vorrangig die von mir oben bereits erwähnten Parameter – Partizipation, Empowerment, Mitsprache und andere –, die am Ende des Tages Mitgründe für das lange Bestehen des Unternehmens sind. Aber auch wir haben dazu gelernt, und so haben wir nicht nur von den Mitarbeiter:innen, sondern auch von der Gesellschaft gelernt, dass mehr Positionierung von Unternehmen in politischen Prozessen gewünscht wird.
Deshalb ist es unser aller Aufgabe, jene Dinge, die wir mitbestimmen und positiv beeinflussen können, auch zu tun und damit die Demokratie aufrecht zu erhalten. Wir haben nur diese eine, und die gilt es zu schützen.
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