Im Auftrag unter der Koordination der Austrian Angel Investors Association (aaia) hat das Wirtschaftsforschungsinstitut EcoAustria eine Studie zur Wertschöpfung von Startups in Österreich durchgeführt. Ziel der Studie war es, mögliche Aufholpotenziale für den Wirtschaftsstandort Österreich im internationalen Vergleich zu identifizieren und geeignete Handlungsempfehlungen zur Überwindung bestehender Hindernisse zu formulieren. Die Ergebnisse wurden am 25. Mai von Monika Köppl-Turyna (EcoAustria), Lisa-Marie Fassl (aaia), Amelie Groß (WKÖ) und Laura Egg (aaia) präsentatiert.
Wenn es darum geht, das gesamtwirtschaftliche Wachstumspotenzial einer Volkswirtschaft zu fördern, spielen innovative Jungunternehmen eine bedeutende Rolle. Im internationalen Vergleich weist Österreich laut der Studie allerdings eine verhältnismäßig geringe Anzahl an Startups vor. Bei einer Betrachtung aller europäischen Länder befindet sich Österreich zwar im Mittelfeld, jedoch liegen so gut wie alle "alten" EU-Länder in dieser Hinsicht vor Österreich. Konkret sind hierzulande pro Million Einwohner 687 Startups und Scaleups registriert. Im direkten Vergleich mit der Spitze Europas finden sich in den Niederlanden herausragende 2.400 und im Vereinigten Königreich beachtliche 1.811 derartige Unternehmen. Darauf folgen die nordischen und baltischen Länder sowie Israel.
Startup-Anzahl wurde hochskaliert
Um die positiven wirtschaftlichen Auswirkungen einer erhöhten Gründungs-Rate für den Standort Österreich zu analysieren, hat EcoAustria eine Anhebung auf die Anzahl der Startups der beiden Spitzenländer – Niederlande und Vereinigtes Königreich – simuliert. Im Vergleich mit den Niederlanden würde dies einen Anstieg von 6.200 auf 21.400 Unternehmen bedeuten. Nach zehn Jahren würden die Investitions- und Beschäftigungseffekte in diesem Szenario auf 1,3 Prozent bzw. 12.000 Beschäftigte steigen und nach 20 Jahren bereits auf 2,5 Prozent und 26.000 Beschäftigte. In diesem Fall würde das BIP nach zehn Jahren um 5,7 Milliarden Euro und nach 20 Jahren um 11,9 Milliarden Euro höher liegen.
Wird das Vereinigte Königreich als Maßstab herangezogen, würde dies einen Anstieg von 6.200 auf knapp 16.200 Unternehmen zu Folge haben. Die Investitions- und Beschäftigungseffekte würden dabei nach zehn Jahren um 0,8 Prozent bzw. 8.000 Beschäftigte, und nach 20 Jahren bereits um 1,6 Prozent bzw. 17.300 Personen steigen. Das BIP wäre in diesem Szenario nach zehn Jahren um 3,8 Milliarden Euro, und nach 20 Jahren um 7,8 Milliarden Euro höher.
Investitionen in digitale Technologien in Form von IKT würden dabei zu einem höheren Wachstumsbeitrag führen als herkömmliche Investitionen. Bis 2028 würde dies bei einem Aufschließen Österreichs in eine Spitzengruppe der führenden europäischen Länder, ein jährliches Wachstum zwischen 2,2 Milliarden Euro und 2,4 Milliarden Euro bedeuten. Der kumulative Effekt über die Jahre der Ausweitung der Digitalisierung würde in diesem Szenario etwa 14 Milliarden Euro betragen.
Empfehlungen für Österreich
Auf Basis dieser Berechnungen ergab sich die Frage, welche Maßnahmen in Österreich konkret gesetzt werden können, um die Startup-Rate hierzulande zu erhöhen und folglich das gesamtwirtschaftliche Wachstumspotenzial zu verbessern.
Zu den aktuellen Herausforderungen heimischer Startups würden unter anderem restriktive Regulierungen bei der Gründung und beim Marktzugang sowie auch im späteren Verlauf entstehende bürokratische Hindernisse zählen. Diese betreffen den Verkauf von Unternehmensanteilen, die Einbringung von Investor:innen oder die Incentivierung von Mitarbeiter:innen. Einige dieser Hürden werden derzeit bereits in einem Reformpaket für eine neue flexible Kapitalgesellschaft adressiert. Das Ziel: ein einfaches, flexibles und unbürokratisches Gründungsverfahren mit Rechtssicherheit und Investorenschutz. Darunter fallen Maßnahmen wie die elektronische Firmengründung oder auch die Möglichkeit, Dokumente in englischer Sprache einzureichen, was vor allem im Kontext der Internationalisierung und Standortattraktivität förderlich ist.
Eine weitere wichtige Rolle spiele die Herabsetzung des Mindestkapitals zur Gründung einer GmbH sowie ein schnelleres Verfahren bei der Eintragung ins Firmenbuch. Was die steuerlichen Anreize für privates Beteiligungskapital betrifft, könnten Steuerfreibeträge oder Gutschriftenmodelle weiterhin als sinnvolle Maßnahmen erachtet werden.
Eine überlegenswerte Option im Sinne der Erweiterung der Flexibilität von Unternehmen bei der Entwicklung ihrer Produkte und Prozesse, stelle der vermehrte Einsatz von Sandbox-Regulierungen dar. Diese könnten sich vor allem in Bereichen mit hoher sozialer und gesellschaftlicher Innovationsdynamik als sinnvoll erweisen.
Nicht zuletzt werde auch die mangelnde Verfügbarkeit qualifizierter Mitarbeiter:innen als besondere Hürde für viele Startups erachtet. Hier liege die größte Herausforderung darin, Mitarbeiter:innen zu rekrutieren, die dem Qualifikationsanspruch des jeweiligen Unternehmens entsprechen. Da der Personalbedarf am österreichischen Arbeitsmarkt oftmals nicht gedeckt werden könne, verlagere sich die Suche immer häufiger ins Ausland, was den gesamten Recruiting-Prozess verlangsame. Neben bisherigen Regelungsformen wie der Rot-Weiß-Rot-Karte, benötige es künftig womöglich weitere Faktoren um Österreich als attraktives Zielland für ausländische Arbeitskräfte zu positionieren.
Fazit der Expertinnen
"Die Ergebnisse machen deutlich, dass Startups nicht nur heute schon einen Milliarden Wirtschaftsfaktor darstellen, sondern sie in den nächsten zehn bis zwanzig Jahren zum wesentlichen Faktor unserer Wirtschaft aufsteigen werden. Nun gilt es die notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen und strukturelle sowie institutionelle Faktoren anzupassen", so Amelie Groß, Vizepräsidentin der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ).
Monika Köppl-Turyna, Direktorin, EcoAustria: "Startups tragen durch ihre Innovationskraft aktiv zu einem nachhaltigen Wachstum auf der Angebotsseite bei. Dadurch verbessern sie die Grundstruktur der Gesamtwirtschaft."
Lisa-Marie Fassl, Mitglied des Vorstandes, Austrian Angel Investors Association (aaia): "Wenn wir es als Wirtschaftsstandort Österreich jetzt nicht schaffen, die richtigen Impulse zu setzen, dann werden wir im internationalen Vergleich noch weiter zurückfallen. Es ist daher Zeit, dass die Politik beginnt, auf die Forderungen der Startup-Szene zu hören." (red)
Die gesamte Studie finden Sie hier
www.ecoaustria.ac.at
www.aaia.at