Bild-Chefredakteur Julian Reichelt ist mit sofortiger Wirkung von seinen Aufgaben entbunden worden, teilte der Axel-Springer-Verlag mit. "Als Folge von Presserecherchen hatte das Unternehmen in den letzten Tagen neue Erkenntnisse über das aktuelle Verhalten von Julian Reichelt gewonnen", lautet es.
Den Vorstand belogen
Man sei Informationen nachgegangen und hätte erfahren, dass Julian Reichelt auch nach Abschluss eines Compliance-Verfahrens im Frühling 2021 Privates und Berufliches nicht klar getrennt haben soll und dem Vorstand darüber die Unwahrheit gesagt habe. Parallel dazu seien rechtliche Schritte gegen Dritte eingeleitet worden, "die versucht haben, die Compliance-Untersuchung vom Frühjahr mit rechtswidrigen Mitteln zu beeinflussen."
Konkret ging es um Vorwürfe des Machtmissbrauchs im Zusammenhang mit einvernehmlichen Beziehungen zu Mitarbeiterinnen – er habe Bett und Schreibtisch mit seinen Kolleginnen geteilt – sowie Drogenkonsum am Arbeitsplatz.
Der Verlag schaltete die Compliance-Abteilung ein, die wiederum die Wirtschaftskanzlei Freshfields mit der Aufklärung beauftragte. Diese gestaltete sich schwierig, "denn fast niemand wollte sich gegenüber der Kanzlei äußern, zu groß sei die Angst vor Konsequenzen und Rache", schreibt der Spiegel.
Den Stein ins Rollen brachte jetzt ein Bericht der New York Times mit Blick auf die Pläne zur Übernahme der US-Mediengruppe Politico, die die größte Unternehmensübernahme der Firmengeschichte werden soll.
Journalistisch hervorragend
"Bild hat sich journalistisch hervorragend entwickelt und mit Bild Live die Marke zukunftsfähig gemacht. Wir hätten den mit der Redaktion und dem Verlag eingeschlagenen Weg der kulturellen Erneuerung bei Bild gemeinsam mit Julian Reichelt gerne fortgesetzt", kommentiert der Springer-Vorstandsvorsitzende Mathias Döpfner. Dies ist nun nicht mehr möglich.
Neuer Vorsitzender der Bild-Chefredaktion wird Johannes Boie. Der 37-Jährige ist derzeit Chefredakteur der zu Springer gehörenden Zeitung Welt am Sonntag. (jw)
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