Umsatzrückgänge für europäische Automobilzuliefererindustrie

Krise verstärkt Kostenproblematik und lässt Eigenkapital deutscher Zulieferer schmelzen.

Lockdowns, Kurzarbeit und Lieferprobleme: Auch 2020 setzte sich die angespannte Lage der Automobilzulieferer weltweit fort. An die sinkenden Umsätze des Vorjahres anknüpfend, verzeichneten die Top-Lieferanten für die Automobilbranche 2020 einen globalen Umsatzrückgang von zwölf Prozent.

Damit befinden sie sich im Gleichschritt mit den weltweit führenden Autoherstellern, deren Umsätze im selben Jahr um 13 Prozent sanken. Das belegen die Ergebnisse der aktuellen "Automobilzulieferer-Studie" von Strategy&, der Strategieberatung von PwC. In absoluten Zahlen fielen die Umsätze im globalen Zulieferermarkt der Top-80 Zulieferer von 893 Milliarden Euro (2019) auf 783 Milliarden Euro (2020).

Wettbewerb mit asiatischen Lieferanten intensiviert sich

Auch europäische Zulieferer (ohne Deutschland) sind schwer betroffen: Ihre Umsätze sanken 2020 im Vergleich zum Vorjahreswert um 16,4 Prozent auf 134 Milliarden Euro. Deutsche Lieferanten konnten die Krise mit 10,8 Prozent Umsatzrückgang auf 199 Milliarden Euro besser abfedern. Der Anteil deutscher Zulieferer am Weltmarkt blieb mit 26 Prozent auf einem starken Niveau, doch für das restliche Europa verringerte sich der Weltmarktanteil von 21 Prozent (2015) auf 17 Prozent. Ebenso intensiviert sich der Wettbewerb mit asiatischen Lieferanten: Diese konnten Zulieferunternehmen aus anderen Regionen Weltmarktanteile abnehmen und lagen 2020 bei einer Quote von nunmehr 43 Prozent.

Im internationalen Vergleich zeigt sich, dass die Auswirkungen der Covid-19-Krise auf das Jahresergebnis der Autozulieferer über die Regionen hinweg höchst unterschiedlich ausfallen. In Europa (ohne Deutschland) sank die operative Gewinnmarge um 4,5 Prozentpunkte von 7,3 Prozent (2019) auf 2,8 Prozent (2020). Noch stärker betroffen war die Region Americas (-4,7 Prozentpunkte).

Mangelnder Kostenfokus

In Deutschland lag der Rückgang bei -2,1 Prozentpunkten, wohingegen die führenden Zulieferer aus Asien kaum nennenswerte Rückgänge (-0,7 Prozentpunkte) zu beklagen hatten und mit 4,4 Prozent EBIT-Marge die höchste operative Rentabilität erzielten. Auch wegen des schwierigen Marktumfeldes in diesem Krisenjahr wuchs der Anteil der Herstellungskosten am Umsatz in Europa beständig an – im Betrachtungszeitraum 2017 bis 2020 von 77 Prozent auf 86,5 Prozent, im Zehnjahrestrend 2010 bis 2020 insgesamt um 5,1 Prozentpunkte.

© Strategy&
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"2020 war ein schwieriges Jahr für die Zuliefererindustrie. Gleichwohl war der Einbruch geringer als zu Jahresanfang befürchtet. Vor allem die staatlichen Fördermaßnahmen und die Erfahrungen aus der Finanzkrise haben dazu geführt, dass die Industrie profitabel geblieben ist", kommentiert Henning Rennert, Studienautor und Partner bei Strategy& Deutschland. "Ein mangelnder Kostenfokus bei vielen Zulieferern könnte jedoch zu einer teuren Hypothek im globalen Wettbewerb werden. Vor allem europäische Firmen haben ihre konkurrenzfähige Kostenstruktur aus dem Blick verloren. Und das nicht erst seit der Krise, sondern bereits seit 2010. Somit ist Rationalisierung jetzt das Gebot der Stunde, um Prozesse zu optimieren, Kosten zu senken und im Transformationswandel bestehen zu können."

Krise hinterlässt deutliche Spuren

Trotz angespannter Kostenlage investierten die europäischen Zulieferer auch im Krisenjahr stark in ihre Zukunft und sicherten sich damit über alle Regionen hinweg einen unangefochtenen Spitzenplatz bei den F&E-Ausgaben. Im Schnitt investierten sie in Europa (ohne Deutschland) 4,8 Prozent ihres Umsatzes in Forschungs- und Entwicklungsprojekte, in Deutschland sogar 6,1 Prozent (Americas: 3,6 Prozent; Asien: 3,8 Prozent).

Insbesondere Hersteller mit Geschäft im Bereich Antriebsstrang treiben durch hohe Investitionsausgaben die eigene Transformation aktiv voran und entwickeln neue Produkte für die Zukunft. Gleichzeitig ist bei europäischen Zulieferern allerdings der Anteil des Eigenkapitals an der Bilanzsumme 2020 im Vergleich zum Vorjahr um 3 Prozentpunkte zurückgegangen und erreicht nun eine Quote von nur noch 15 Prozent.

"Das letzte Krisenjahr hat deutliche Spuren in den Bilanzen hinterlassen. Der Umsatzrückgang hat wichtige Eigenkapitalreserven aufgezehrt, die für die umfassende Transformation des Zulieferergeschäfts dringend benötigt werden. Damit die Zulieferer den Wandel ihrer Branche weiterhin aktiv mitgestalten können, sind auch die CFOs gefordert, ihre Bilanzstruktur für die kommenden Herausforderungen fit zu machen. Vor allem europäische Zulieferer sollten durch effiziente Kapitalallokation die eigene Resilienz steigern, um ihre globale Position im Markt nicht zu gefährden", resümiert Peter Trögel, Director bei Strategy& Österreich. (as)

www.strategyand.pwc.com/at

Über die Studie

Für die Studie wurden 80 internationale Top-Zuliefererunternehmen mit einem Umsatzanteil im Automotive-Sektor von mehr als 50 Prozent untersucht. In die Analyse flossen die Finanzkennzahlen der Zulieferer ein (Bilanzkennzahlen, GuV-Kennzahlen und weitere Kennzahlen wie die F&E-Quote). Der Betrachtungszeitraum der Studie umfasst die Jahre 2010 bis 2020 mit Fokus auf 2019 und 2020.

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Über die Studie

Für die Studie wurden 80 internationale Top-Zuliefererunternehmen mit einem Umsatzanteil im Automotive-Sektor von mehr als 50 Prozent untersucht. In die Analyse flossen die Finanzkennzahlen der Zulieferer ein (Bilanzkennzahlen, GuV-Kennzahlen und weitere Kennzahlen wie die F&E-Quote). Der Betrachtungszeitraum der Studie umfasst die Jahre 2010 bis 2020 mit Fokus auf 2019 und 2020.

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