Als Österreichs größtes Inkubatoren-Netzwerk setzt AplusB wichtige Impulse zur erfolgreichen Entwicklung von forschungsorientierten Start-ups und Spin-offs. AplusB ist der zentrale Partner für Start-ups mit hochtechnologischen Innovationen in ganz Österreich. Mit seinen sechs AplusB-Zentren unterstützt das Programm flächendeckend Start-ups mit hohem Wachstumspotenzial. In einer durch die Austria Wirtschaftsservice GmbH beauftragten Studie der Joanneum Research Forschungsgesellschaft wurde die Wirkung der AplusB-Inkubationszentren untersucht.
Die Auswertung der Ergebnisse für Start-ups in Oberösterreich verdeutlicht die Wirkung des Programms und bestätigt die Rolle von tech2b als zentralen Bestandteil des oberösterreichischen Start-up-Ökosystems. Fazit: Oberösterreich ist laut Studie ein besonders guter Boden für Start-ups. Die Studie zeigt weiters, wie der Inkubator durch Gründung hochinnovativer Unternehmen mit großem Wachstumspotential Wirtschaft und Wissenschaft nachhaltig stärkt.
LEADERSNET hat sich deshalb mit Johanna Köhler (Leitung MedTech-Inkubator), Romana Fuchs (HR- & Organisationsmanagerin sowie Leitung Tourismus-Inkubator) und Romana Pusch (Internes Projektmanagement und Projektleitung Female Empowerment) von tech2b zum Interview getroffen.
LEADERSNET: Mit dem MedTech-Inkubator richten Sie sich gezielt an Medizin-Start-ups aus Oberösterreich. Wie groß ist der Medizin-Start-up-Markt in Oberösterreich eigentlich derzeit und was sind die Wachstumsprognosen in den kommenden Jahren?
Johanna Köhler: Die Medizintechnik-Branche allgemein umfasst in Oberösterreich mehr als 60 Unternehmen mit rund 7.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Diese Unternehmen erzielen insgesamt einen Umsatz von 2,6 Milliarden Euro pro Jahr. Medizintechnik- und Digital-Health-Start-ups bzw. Produktinnovationen und neuen medizintechnischen Lösungen kommt in dieser Branche eine besondere Bedeutung zu. So zeigen Vergleichswerte aus Deutschland, dass über die Hälfte des Umsatzes der deutschen Medizintechnik-Branche mit Produkten realisiert werden, die jünger als zwei Jahre sind. Das zeigt, dass durch die gezielte Unterstützung von Start-ups bzw. Innovationsvorhaben in dieser Branche nicht nur die Zukunft der medizinischen Versorgung gestaltet, sondern auch wesentlich zum wirtschaftlichen Erfolg dieser Branche beigetragen wird.
LEADERSNET: Nach einer Pilotphase geht der MedTech-Inkubator jetzt in den Regelbetrieb über. Mit welchen Leistungen und Services dürfen Medizin-Start-ups konkret rechnen?
Johanna Köhler: Zusätzlich zum Business-Coaching und der branchenspezifischen Beratung durch tech2b und das Medizintechnik-Cluster der Business Upper Austria (MTC) , stehen den Gründer:innen finanzielle Zuschüsse, ein breites Weiterbildungsangebot, die Unterstützung durch Mentoren und Umsetzungspartner, Infrastruktur sowie Zugang zu den Netzwerken von tech2b und dem MTC zur Verfügung. Darüber hinaus erhalten die MedTech-Start-ups und -Spin-offs die Mitgliedschaft des MTC und damit Zugang zu weiteren zahlreichen Leistungen unseres Kooperationspartners.
LEADERSNET: Welche Learnings konnten Sie aus der Pilotphase ziehen?
Johanna Köhler: Das Pilotprogramm hat gezeigt, dass eine sehr hohe Nachfrage nach einem branchenspezifischen Gründungsprogramm im Bereich MedTech/Digital-Health besteht. MedTech-Start-ups und -Spin-offs sind mit einem komplexen und dynamischen Branchenumfeld konfrontiert, das sich im Wesentlichen durch ein stark reguliertes und interdisziplinäres Forschungs- und Entwicklungsumfeld auszeichnet. Die Entwicklung von Medizinprodukten impliziert strenge Anforderungen an Produktzuverlässigkeit und -genauigkeit und geht daher oft mit einem vergleichsweisen höheren Aufwand, potentiell höheren Entwicklungskosten und längeren -zyklen einher. Das zeigen auch unsere Erfahrungen in der Begleitung von MedTech-Start-ups und -Spin-offs im Rahmen der Inkubation.
Das Pilotprogramm hat auch gezeigt, dass branchenspezifische Beratungs- und Zusatzleistungen nicht nur für branchenfremde Gründer:innen relevant sind, sondern allgemein die Realisierungswahrscheinlichkeit des Markteintritts medizintechnischer Lösungen erhöht. Durch die Erfahrungswerte des Piloten und das Feedback der Gründer:innen konnten wir darüber hinaus das Angebot noch spezifischer an die Anforderungen und Herausforderungen der Branche anpassen und unser umfassendes Programm noch weiter optimieren.
LEADERSNET: Welche Voraussetzungen müssen Start-ups erfüllen, um für die Leistungen des MedTech-Inkubators in Anspruch nehmen zu können?
Johanna Köhler: Bewerben können sich alle Gründer:innen mit innovativen Produktideen im Bereich Medizintechnik oder Digital Health mit darstellbarem Skalierungspotenzial und einer geplanten Gründung in Oberösterreich. Bei Interesse freuen wir uns über eine Kontaktaufnahme per Email an medtechinkubator@tech2b.at. Im Rahmen eines Erstgesprächs mit unserem Beraterteam von tech2b und dem MTC werden dann weitere Schritte einer Bewerbung sowie Anforderungen und Leistungen des Gründungsprogramms näher besprochen und offene Fragen beantwortet.
LEADERSNET: Welche Rolle spielt das Thema Digitalisierung in der Medizintechnik und hat es hier während der Corona-Pandemie ebenfalls den viel beschworenen Digitalisierungsschub gegeben?
Johanna Köhler: Die Corona-Pandemie hat auch hier die Digitalisierung massiv vorangetrieben. Das zeigt sich an konkreten Beispielen, wie der Akzeptanz und Anwendung von Telemedizin oder digitalen Verschreibungen (e-Medikation), aber auch bei Anwendungen und innovative Lösungen in den Bereiche Robotik und Hightech-Medizin. Beispiele dafür sind digitale Produkte wie Warn-Apps, präventive Diagnostik und Prozessdigitalisierung im Krankenhaus. Das inkludiert auch eine durchgängige Verfügbarkeit von Gesundheitsdaten: von der Prävention bis zur Nachverfolgung des Patienten – Stichwort: Digital Patient Journey. Hier bietet die aktuelle Situation unter anderem Chancen für neue Lösungsansätze einer Digitalisierung des Gesundheitswesens.
Digital Health ist ein wesentlicher Zukunftsmarkt. So wurde in einem der vier Schwerpunkte der oberösterreichischen Wirtschafts- und Forschungsstrategie #upperVision2030 – im Handlungsfeld "Systeme und Technologien für den Menschen" – dementsprechend bereits ein Fokus auf Digital Health gelegt. Es zeigt sich in Oberösterreich aber auch bei den MedTech-Start-ups und -Spin-offs, die seitens tech2b und dem Medizintechnik-Cluster im MedTech-Inkubator begleitet werden bzw. wurden. Ein konkretes Beispiel hier ist zum Beispiel die B2B-App "Vivellio" des Unternehmens Blockhealth. Mit diesem digitalen Gesundheitsassistenten verwalte ich als Person meine eigenen Gesundheitsdaten und kann diese auf Wunsch mit Ärzten teilen. Die Anwendung trifft sehr gut das Prinzip des Patient-Empowerment.
LEADERSNET: Warum ist es für Start-ups wichtig, dass es eine Organisation wie tech2b gibt?
Johanna Köhler: Die Studie von Johanneum Research zeigt deutlich, dass durch tech2b betreute Start-ups eine deutlich höhere Überlebensrate verglichen mit der Kontrollgruppe haben. Während im zweiten Jahr die Überlebensrate bei den oberösterreichischen AplusB-Scale-up-Unternehmen bei 95,7 Prozent liegt, ist diese im Vergleich bei Unternehmen der Kontrollgruppe bereits auf unter 80 Prozent gesunken. Dieser Trend setzt sich über den gesamten Betrachtungszeitraum fort. Sieben Jahre nach Gründung existieren nur mehr knapp mehr als die Hälfte der ohne Unterstützung gegründeten Unternehmen, während fast drei Viertel der AplusB-Start-ups noch in Oberösterreich aktiv sind. Als weiteres erfreuliches Ergebnis der durchgeführten Studie lässt sich die Entwicklung des steuerbaren Umsatzes in Oberösterreich herausheben. Auch hier zeigt sich nach einer der längeren Entwicklungsdauer der komplexen Hightech-Produkte geschuldeten Anlaufphase, dass AplusB-Unternehmen deutlich höheres Umsatzwachstum realisieren können als andere vergleichbare Unternehmen. Jeweils die mehr als die Hälfte der befragten Unternehmer:innen haben explizit betont, dass die Betreuung durch tech2b großen Einfluss auf eine nachhaltige Gründung und stabile Marktposition, die Erhöhung der Sichtbarkeit und Wettbewerbsfähigkeit sowie die thematische Erschließung eines neuen Innovationsvorhabens hat. Rund 70 Prozent bestätigten außerdem, dass tech2b maßgeblichen Einfluss auf die Erschließung nachhaltiger Finanzierungsquellen für die Unternehmensentwicklung hat.
LEADERSNET: Anfang Juni ist auch der Bewerbungsprozess, der noch bis 31. Juli läuft, für den Tourismus-Inkubator gestartet. Gibt es im Tourismus eigentlich eine klassische Start-up-Szene?
Romana Fuchs: Im Tourismus gibt es aktuell keine klassische Start-up-Szene. Umso wichtiger ist es hier in Zeiten wie diesen – Stichwort Corona – einen Schwerpunkt und Fokus zu setzen. Oft wären die innovativen Lösungen und Ideen unserer Start-ups leicht für den Tourismus anwendbar, aber viele Gründer:innen haben die Bereiche Gastro, Hotellerie und Freizeitwirtschaft als Zielgruppe und potentielle Kund:innen nicht am Radar. In Tirol und Salzburg ist das Thema Tourismus-Start-ups präsenter, aber die Ideen unserer bisherigen Einreicher stehen ihnen um nichts nach. Das macht uns natürlich stolz und zeigt das große Potential in Oberösterreich, dass es in diesem Bereich gibt.
LEADERSNET: Welche Kriterien müssen Start-ups erfüllen um für den Tourismus-Inkubator in Frage zu kommen?
Romana Fuchs: Folgende Punkte müssen gegeben sein: Innovationsgrad, Wirtschaftlichkeit, Bedarf, Team und Standort Oberösterreich.
LEADERSNET: Können Sie die Leistungen des Tourismus-Inkubators konkret skizzieren?
Romana Fuchs: Wir bieten Beratung durch tech2b, der Business Upper Austria und Oberösterreich Tourismus. Darüber hinaus bieten wir Mentoring, einen Zuschuss in Höhe von 10.000 Euro, Zugang zum Gründer:innen-Netzwerk und Partner-Netzwerk und ein umfassendes Weiterbildungsangebot an.
LEADERSNET: Welche positiven Effekte für den Tourismus in Oberösterreich erwarten Sie sich durch den Inkubator?
Romana Fuchs: Es gibt frische Ideen und neuen Wind für eine krisengebeutelte Branche. Darüber hinaus können wir dazu beitragen, dass die Tourismusbetriebe mit innovativen Lösungen unterstützt, weiterentwickelt und vorangetrieben werden.
LEADERSNET: Laut dem jüngsten "Austrian Start-up Monitor" werden der überwiegende Teil der Start-ups von Männer bzw. rein männlichen Teams gegründet. Woran liegt das und welche Maßnahmen sind notwendig, um mehr Frauen zu Gründerinnen zu machen?
Romana Pusch: Frauen sind oft zu wenig selbstbewusst und überlegen einfach viel länger und gründlicher, ob sie tatsächlich den Schritt in den Selbstständigkeit wagen sollen! In den meisten Fällen liegt der Bärenanteil der Verantwortung für die Kinderbetreuung usw. noch in weiblicher Hand und das macht Frauen weniger flexibel. Die Awareness, dass auch Frauen gute Gründerinnen und Unternehmerinnen sein können, müsste eigentlich schon viel früher geschaffen werden – nämlich im Schulalter. Meist sehen Töchter von Unternehmerinnen, wie "einfach" Gründen ist, und werden dann auch Gründerinnen und setzen sich eher mit der Thematik auseinander und verlieren die Scheu an der Selbstständigkeit.
Darüber hinaus wäre es dringend notwendig das Kinderbetreuungsangebot so auszubauen und flexibel zu gestalten, dass es möglich ist, sowohl Mutter als auch Gründerin zu sein. Wir sind umso stolzer, dass wir in den letzten Jahren einige sehr erfolgreiche Gründerinnen auf ihrem Weg begleiten durften. Auch konnten wir bei unseren "gemischten" Teams beobachten, dass starke Frauen ein Unternehmen entscheidend voranbringen können. Dazu gibt es auch mehrere Studien und Best Practice Beispiele, wie etwa das Start-up Symflower.
LEADERSNET: Was tut tech2b konkret, um den Anteil der Gründerinnen zu erhöhen und Frauen dazu zu ermutigen ein Start-up zu gründen?
Romana Pusch: Wir arbeiten aktuell am Aufbau des Gründerinnen-Netzwerkes "tech2female emPOWERment" welches nicht nur bestehende Gründerinnen besser vernetzten soll, sondern auch neue Gründerinnen motivieren soll – Stichwort Peer Learning – ihre Ideen in Oberösterreich umzusetzen. (as)
www.tech2b.at
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