LEADERSNET: Sie haben kürzlich ein sehr aufsehenerregendes Projekt im Prunksaal der Österreichischen Nationalbibliothek abgewickelt. Können Sie uns dieses "Leuchtturmprojekt" skizzieren? Wie kam es zu diesem Auftrag?
Regvart: Wir haben schon mehrere Projekte für, bzw. mit dem Bundesdenkmalamt abgewickelt: Es handelte sich dabei um die Redoutensäle nach dem Brand, die Schatzkammer, das Völkerkundemuseum, Stift Admont und das Palais Hansen - Kempinski. Man kennt uns dort also bereits als zuverlässigen Partner. Zusätzlich war man in der Vergangenheit mit anderen Mitbewerbern anscheinend nicht so ganz zufrieden. Weiters hat es natürlich eine große Rolle gespielt, dass wir in der Lage waren, das beste Gesamtangebot zu legen.
LEADERSNET: Welche Vorteile bringt die neue Beleuchtung des weltberühmten Prunksaals der Österreichischen Nationalbibliothek gegenüber der bisherigen?
Regvart: Alle Blendungspunkte wurden auf ein Minimum reduziert. Die Farbwiedergabe wurde um ein Vielfaches verbessert, nun sind die gesamten Deckenfresken in ihrer vollen Schönheit zu sehen und zusätzlich kommen die künstlerischen 3D Effekte heraus, die vorher nicht wahrgenommen wurden. Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass nun die konservatorischen Vorgaben und Notwendigkeiten zu 100 Prozent eingehalten werden. Trotzdem war es möglich, den Prunksaal in seiner ganzen Pracht zu inszenieren.
LEADERSNET: Historische Substanz und modernste Technik: Wie passt das zusammen?
Regvart: Ganz einfach, indem man als Besucher die eingesetzte modernste Technik nicht wahrnimmt. Ein Ziel war es, die neue Beleuchtung so unsichtbar als möglich zu machen, damit das historische Ambiente nicht gestört, aber das Besuchserlebnis maximiert wird.
Der neu beleuchtete Prunksaal in seiner vollen Pracht © LDA
LEADERSNET: Was wird dem Besucher auf seinem Weg durch den Raum am ehesten auffallen?
Regvart: Ich denke, dass selbst Besucher, die den Prunksaal schön öfter gesehen haben, nicht genau wissen, was anders ist, aber im Gesamteindruck sehr wohl wahrnehmen, dass sich der Prunksaal wesentlich verändert hat, da nun Details sichtbar sind, die vorher einfach untergegangen sind. Genau dieser Effekt, komplett frei von Störungen durch falsche Farben oder Blendungen, macht die Anlage so wertvoll. Es war ausdrücklich nicht der Wunsch, ein Disneyland zu erzeugen, sondern den Prunksaal in seiner ganzen unverfälschten Schönheit mit allen Details zu zeigen.
LEADERSNET: Was unterscheidet ein Bild alter Beleuchtung und ein Bild in der neuen Ausleuchtung voneinander?
Regvart: Die alte Beleuchtung hat alles sehr flach und ausgewaschen verblasst wirken lassen. Nun sind die Farben sichtbar, Licht und Schatten ergeben spannende Details und 3D-Effekte. Die Akzentuierung erlaubt es, den Prunksaal mit einem Gefühl von Erhabenheit, Größe und unglaublichen Detailreichtum wahrzunehmen. Manche Bauteile, die vorher ein "Schattendasein" gefristet haben, sind erst jetzt in ihrer vollen Schönheit dargestellt. Auch die Bücherausstellung ist jetzt lebendig und zeigt ein Detailreichtum, das unglaublich ist. Zudem hat die neue Beleuchtung die Möglichkeit geschaffen, auf die vielen verschiedenen Events im Prunksaal punktgenau mit einer großen Flexibilität zu reagieren, ohne der historischen Substanz zu schaden.
LEADERSNET: Wie war es möglich, dass Figuren auf Bildern nun auch eine Präsenz im Raum haben, die vorher nicht da war?
Regvart: Vorher bestand die Beleuchtung aus ca. 20 Stück von alten Metalldampflampen und Deckenflutern, die nur die Decke und Fresken beleuchtet haben. Zusätzlich gab es noch eine geringe Anzahl von PAR64 Halogenlampen, die recht martialisch und stark sichtbar mit großer Blendung angebracht waren. Das alles über nur drei Schaltgruppen. Nun haben wir rund 350 LED Lichtpunkte (mit gesamt weniger Anschlussleistung als vorher), aber mit viel längerer Lebensdauer und viel weniger Wartungsaufwand. Diese LED Strahler mit verschiedenen Optiken leuchten nun zielgerichtet und effizient die Flächen in der Besucherebene und auf der Galerie aus. Das alles passiert im Zusammenspiel mit einer KNX/DALI Steuerung, die es ermöglicht, jeden einzelnen Lichtpunkt anzusprechen und je nach Erfordernis zu dimmen, mit einer uneingeschränkten Anzahl von Lichtstimmungen. Meine 20 jährige Tätigkeit an verschiedenen großen Theatern und Opernhäusern sowie meine Mitarbeit bei Film und Fernsehproduktionen haben mir einen Erfahrungsschatz eingebracht, der für solche Aufgaben eine unersetzliche Grundlage ist.
© LDA
LEADERSNET: Was verstehen Sie unter der Beleuchtung mit "einem wohldosierten Akzent", der hier zum Einsatz kam?
Regvart: Ein Beispiel: Bei den Stiegenhäusern stehen Figuren, die vorher nicht zusätzlich beleuchtet waren. Jetzt wird jede Figur über zwei Lichtpunkte, einer von unten direkt und einer von oben, von der gegenüberliegenden Seite aus beleuchtet. In Verbindung mit der Steuerung wurden diese zwei Leuchten in Kombination mit dem Licht, das die Umgebung beleuchtet, so in Einklang gebracht, dass diese Figuren jetzt als architektonisches Highlight wahrgenommen werden können. Zuvor sind sie einfach "verstaubt" im Raum gestanden, ohne jede Präsenz.
Der Architekt hat sich große Mühe gegeben diesen Prunksaal mit reichen Details zu versehen, mit der neuen Beleuchtung ist es gelungen, die ursprüngliche Situation, die es am Abend mit Kandelabern gegeben haben könnte, sobald das Tageslicht weg war, wieder nachempfindbar zu machen, ohne zuviel Dramatik und sichtbare Inszenierung zu verursachen. Es geht um die natürliche Schönheit und Detailreiche des Prunksaals, da braucht man nichts hinzuzufügen.
LEADERSNET: Was hat sich am System der Regalbeleuchtung geändert?
Regvart: Die alte Beleuchtung hat die Regale nur über indirektes Licht versorgt. Eine Direktbeleuchtung wäre für die Bücher viel zu schädlich gewesen. Jetzt haben wir alle Regale mit gezielt ausgerichteten und nach konservatorischen Vorgaben gedimmten LED Leuchten bespielt. Diese haben eine wesentlich bessere Farbwiedergabe und einen wesentlich reduzierten UV-Anteil in Vergleich zu den alten IP-Flächenstrahlern.
LEADERSNET: Konnte man damit dem Problem der dunklen Bereiche zu Leibe rücken?
Regvart: Es gibt jetzt keine dunklen Bereiche mehr. Wo es weniger Licht gibt (z. B. Globen mit 50 Lux) geschieht das aus konservatorischen Gründen und nicht weil die Beleuchtung es nicht schafft. Die Einstellung (ca. 350 Leuchten) und Programmierung der Anlage dauerte fast 14 Nächte, um all die Erfordernisse und Details zu einem großen Ganzen zusammenzufügen.
li.: bisherige Beleuchtung, re. neue Beleuchtung © LDA
LEADERSNET: Mit welchen Zielsetzungen ist man an den Sichtbereich der Besucherebene herangegangen, um die Schönheiten des Prunksaales unmittelbar erlebbar zu machen?
Regvart: Der Umsetzung ist eine groß angelegte Bemusterung vorangegangen um den EntscheiderInnen die Möglichkeit zu geben, eine genaue Vorstellung vom möglichen Endergebnis zu bekommen. Oberstes Ziel war es, die Beleuchtung so unsichtbar als möglich zu machen, ähnlich einer Bühnenbeleuchtung, die vom Zuschauer nur dann wahrgenommen wird wenn sie nicht korrekt ausgeführt ist.
Ein Hauptpunkt war z. B. die Leuchten so aufzurüsten, dass die Einstellung nicht "im vorbeigehen" verändert werden kann. Man muss bedenken, dass der Prunksaal eine wissenschaftliche Bibliothek ist, wo täglich etliche Bücher ausgehoben, bzw. zurückgebracht werden. Diese Arbeiten finden während des Besucherbetriebes statt und erfordern eine garantierte Fixierung der Leuchten. Nur so ist zu gewährleisten, dass das Erlebnis für lange Zeit unverfälscht erhalten bleibt.
LEADERSNET: Was waren die größten Herausforderungen dieses Projektes?
Regvart: Die konservatorischen Angaben, die historische Substanz, die Dimension des Prunksaals, die technische Problematik alle notwendigen Elektroleitungen für Energie, Sicherheit und Steuerung so zu verlegen, dass das Bundesdenkmalamt es abnehmen wird und die Besucher von der technischen Infrastruktur nichts mitbekommen. Natürlich ist auch die Einhaltung des Kostenrahmens eine Herausforderung.
LEADERSNET: Worauf sind Sie besonders stolz?
Regvart: Auf die gute Zusammenarbeit mit allen Beteiligten und speziell auch mit der Auftraggeberseite bin ich besonders stolz. Man hat selten das Vergnügen, einen so professionellen und unterstützenden Auftraggeber zu haben. Alle Beteiligten auf der AuftraggeberInnenseite waren über den gesamten Prozess der Planung und Ausführung ausdrücklich bemüht uns bei der Umsetzung zu unterstützen. Dieses Verhältnis basierte auf gegenseitiger Wertschätzung und natürlich auch unserer professionellen Herangehensweise Lösungen zu suchen und nicht Probleme zu finden.
LEADERSNET: Welchen speziellen Aufgaben widmet sich die Firma Lighting Design Austria in Zukunft?
Regvart: Wir betreuen noch andere historische Projekte in Österreich, die jedoch zur Zeit noch nicht öffentlich gemacht werden dürfen, weiters sind wir trotz COVID-19 unseren Hauptmärkten im Mittleren Osten treu geblieben und haben dort eine große Zahl an laufenden Projekten. Ganz abgesehen von sehr spannenden Großprojekten in Europa, die wir betreuen dürfen.
Unsere Kunden sind in den meisten Fällen Stammkunden, da wir es uns zum Ziel gesetzt haben 100-prozentigen Einsatz zu bringen,unabhängig vom vereinbarten Honorar. Alles, was notwendig ist, um eine Projekt erfolgreich abzuschließen wird gemacht, dafür sind wir bekannt. Wir sind der Problemlöser für jede Art von Beleuchtungsanforderungen, seit 43 Jahren weltweit. (red)
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