Ex-Pratersauna-Chef will Eventbranche aus dem Lockdown holen

"Es geht darum, der Pandemie einen Schritt voraus zu sein": Mit dem Start-up "testFRWD" möchte Hennes Weiss Planungssicherheit ermöglichen und das erste Musikfestival nach Ausbruch der Pandemie veranstalten.

Es war ein kollektiver Schluckmoment, als die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel davon sprach, dass angesichts der imminenten Gefahr durch eine hochinfektiöse Mutation des Coronavirus, das trotz Lockdowns in Europa grassiert, der aktuelle Lockdown noch "6 bis 8 Wochen", also bis Ostern, verlängert werden müsste. Auch in Italien werden die Maßnahmen verlängert und auch wenn sich die österreichische Regierung noch bedeckt hält, so munkeln viele Stimmen, dass man auch hierzulande nachziehen wird. Ein herber Schlag auch für die (Nacht-)Gastronomie-, Tourismus- und Veranstaltungsbrache sowie die gesamte Kulturszene, die teilweise seit Beginn des ersten Lockdowns "on hold" steht. 

Großes Warten bis ins Frühjahr scheint fix

Eine Wiedereröffnung mit Ende Jänner scheint mehr als unwahrscheinlich, laut Standard planen einzelne Kinobetreiber mit einer "vorsichtigen" Öffnung ab April und auch das von manchen Usern liebevoll als "Ho-Orakel" betitelte Buchungssystem der beliebten Dots-Restaurants des erfolgreichen Wiener Gastronomen Martin Ho, dessen Nähe zur Regierung bekannt ist und dem ein dementsprechender Vorsprung in Sachen Informationen zu weiteren Schritten im laufend adaptierten Maßnahmenplan gegen die COVID-19-Pandemie nachgesagt wird, lässt erst ab Mitte April wieder Buchungen zu, wie aufmerksame Web-User bemerkten.

Einer, der das Leid der Branche am eigenen Leib erfahren hat und der nicht bis zum Ende der Pandemie warten möchte, um Schritte zur Wiedereröffnung zu setzen, ist Hennes Weiss. Der Wiener-Szenegastronom ist als Ex-Chef der Pratersauna und langjähriger Veranstalter des beliebten Lighthouse Festivals in Kroatien bekannt und hatte im vergangenen Jahr ganz knapp vor dem ersten Lockdown sein jüngstes Gastro-Projekt, die Praterstrasse, eröffnet (LEADERSNET berichtete). Dass diese nach weniger als zwei Wochen wieder dicht machen müsste und auch alle anderen Pläne des Gastronomen coronabedingt ins Wasser fallen würden, hätte damals niemand absehen können. 

© testFRWD

Lighthouse Festival 2021 soll als erstes Musikfestival wieder stattfinden

Nun, fast ein Jahr später steht Weiss mit einem neuen Start-up und großen Plänen da: Er will mit seinem Lighthouse-Festival in Kroatien der erste sein, der nach Ausbruch der Pandemie wieder ausgelassenes Feiern trotz Corona ermöglicht. Essenziell für dieses Vorhaben und für die Kultur-, Event- und Festivalbranche ist nach Monaten der Unsicherheit jetzt vor allem eines, und das sei "Planungssicherheit", wie Hennes Weiss in einem Interview mit FM4 verrät: "Unser Festival ist in Kroatien, das heißt wir sind nicht nur an die pandemische Entwicklung in Österreich, sondern auch an Kroatien gebunden. Und wir wissen natürlich alle, dass ganz Europa im Sommer gerne nach Kroatien auf Urlaub fährt und es dort im Worst Case im Sommer viele Ansteckungen geben wird. Das heißt: Es ist alles ein bisschen Kaffeesud-Lesen. Und das ist der Grund, warum es mittel- und langfristige Tools braucht - und die haben wir mit unserem testFRWD Start-up, mit dem Veranstalter Planungssicherheit bekommen. Ich bin also sehr optimistisch, dass wir mit den entsprechenden Sicherheitsmaßnahmen, nämlich dass wir eine Safety Bubble für die ganze Halbinsel schaffen, Ende Mai das erste Festival weltweit sein werden, das in der Größenordnung von mehreren tausend Leuten ein sicheres Festival abhalten kann."

"Wir könnten Kulturstätten sofort wieder aufsperren"

Das Thema Eintrittstests liegt schon lange als mögliches Ticket für eine sichere Wiederauferstehung der Event- und Kulturbranche auf dem Tisch. Das sieht auch Weiss so, weshalb er, motiviert durch die Frage wie er sein eigenes Festival retten könnte, mit der Gründung des Start-ups "testFRWD" (Test forward) die Flucht nach vorn antrat. Das testFRWD Gründungsteam baut unter anderem auch auf die Expertise  des Virologen Christoph Steininger von der Medizinischen Universität Wien.

testFRWD verspricht Planungssicherheit und einen Eventablauf ohne Angst vor Ansteckung durch günstige PCR-Tests um 25 Euro, die weitaus sicherer und von längerer Gültigkeitsdauer im Ergebnis sein sollen als die geläufigen Schnelltests, die aktuell auch bei Massentestungen zum Einsatz kommen. In einem aktuellen Interview mit dem Kurier meint der erfahrene Event-Experte: "Wir können Kulturstätten sofort wieder aufsperren." Denn auch wenn Weiss sich selbst auch für eine Verlängerung des Lockdowns bis ins Frühjahr ausspricht, wie der Standard berichtet, wäre das schon ein gewaltiger Lichtblick für die baldige Abhaltung von kleineren Events wie Theater- oder Clubveranstaltungen (Nachtgastronomie), die durch die Implementierung seiner Start-up-Tests wieder "sehr sicher" durchführbar wären.

© testFRWD

DIY-Tests als Eintrittskarte zu Veranstaltungsfreiheit

Weiss' Vorschlag zum seiner Meinung nach besten Vorgehen wäre es, seine testFRWD-Tests gleich gemeinsam mit dem Veranstaltungsticket zu kaufen und den Test zwei bis drei Tage vor dem Event zu machen. Die Ergebnisauswertung im Labor würde binnen 24 Stunden erfolgen und dann bis zu 72 Stunden ein sicheres Ergebnis liefern, so Hennes Weiss. testFRWD sei international bereits mit einigen Ländern in Verhandlungen über die gesundheitspolitische Zulassung der Tests, die allerdings noch nicht zum Einsatz gekommen sind. 

Aus Regierungskreisen hierzulande heißt es laut Standard-Informationen, dass man aktuell alles begrüße, "was hilft, die Testungen zu erleichtern". Ein "leichtes" Prozedere verspricht Weiss bei seinen Plänen für die Durchführung der DIY-Testungen sowie bei der Logisitk rund um den Festival-Einritt vor Ort in Kroatien allemal, wie er im FM4-Interview erklärt: Alle, die unter den Sicherheitsmaßnahmen, die wir vorlegen, Lust haben zu kommen, bekommen ein paar Tage vor Festivalbeginn ein Test-Kit nach Hause geschickt. 48 Stunden vor der Abreise macht man zu Hause den Gurgel-Test. Das dauert insgesamt drei Minuten: Man lädt die App runter, meldet sich an, dann gurgelt man 60 Sekunden", so Weiss.

"Idiotensicherer" DIY-Coronatest mit App und Handyvorrichtung

"Das besondere ist: Das Packaging des Tests hat eine Vorrichtung, wo du dein Handy hineinsteckst. Die App filmt dich dann in einer bestimmten Position, wo du nichts falsch machen kannst, während du 60 Sekunden gurgelst. Du musst deinen Ausweis zeigen, die Software matcht das Bild am Ausweis mit dem Video und es gibt einen Timestamp, der beweist, dass du 60 Sekunden gurgelst. Wenn du nur 30 Sekunden gurgelst, ist der Test fehlerhaft. Dahinter liegt eine Künstliche-Intelligenz-Software, die übrigens auch von der deutschen Polizei an den Flughäfen zur Terrorismusbekämpfung verwendet wird. Danach versiegelst du das ganze Paket, gibst es bei der Post ab und circa sechs bis acht Stunden, bevor du mit deinen Freundinnen und Freunden ins Auto nach Kroatien steigst, hast du bereits das Testergebnis per QR-Code am Handy", erläutert Hennes Weiss und weiter: "Beim Eingang am Festivalgelände matchen wir das Testergebnis von testFRWD mit deinem Ticket. Und dann fährst du einfach durch. Und so machen wir das mit jeder Person, die das Areal betritt. Zusätzlich wird dann noch das Personal vor Ort, das Hotelpersonal, Köche etc. getestet. Ansonsten bleibt alles gleich, nur den heißgeliebten Nassraum, die einzige Indoor-Location, die wir am Lighthouse-Festival haben, würde ich aus Risikogründen nicht machen."

Man darf gespannt sein, ob die testFRWD-Lösung sich am Markt etablieren wird. Wenn es so ist, dann könnte sie für die milliardenschwere Festivalindustrie und die gesamte Kultur- und Eventbranche nicht nur das Jahr, sondern ganze Existenzen retten. LEADERSNET bleibt am Ball und berichtet über weitere Entwicklungen in der Sache. (rb)

www.testfrwd.me

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