Es sind unfassbare Bilder aus dem Kapitol in Washington D.C., die am Mittwochabend mitteleuropäischer Zeit weltweit Schlagzeilen machten. Bilder, die die Vereinigten Staaten von Amerika und ihre Demokratie in ihren Grundfesten erschütterten und deren Nachhall wohl noch lange bleiben wird: Das Kapitol wurde von radikalen Demonstranten aus dem Lager der Trump-Anhänger brutal gestürmt, die Politiker, darunter viele hochrangige Angehörige Trumps eigener Partei, der Republikaner, sowie sein Vizepräsident Mike Pence, mussten evakuiert werden, Schüsse fielen, vier Todesopfer sind zu beklagen.
"Kriegserklärung"
Eine offene Wunde im Herzen der "wichtigsten Demokratie der Welt", wie unter anderem die Strassburger Tageszeitung Dernieres Nouvelles d'Alsace, kurz DNA, schreibt. Weiter heißt es: "Der Angriff auf das Kapitol, der gestern Abend stattgefunden hat, ist eine irreparable, unfassbare Tat. Symbolisch gesehen ist es eine Kriegserklärung. Und diese Kriegserklärung, die die schlimmsten Befürchtungen der letzten Monate bestätigt, ist von Donald Trump unterzeichnet worden. Erst gestern hat er seine Anhänger dazu aufgerufen, zum Allerheiligsten der wichtigsten Demokratie der Welt zu marschieren. (...) Trump ist ein Wahnsinniger und eine Bedrohung für die freie Welt (...)." Viele internationale Medien sprechen von einem "Putschversuch" und einem Aufruf zum "Bürgerkrieg", wie es auch die DNA zusammenfasst: "Amerika steht heute Morgen am Rande des Zusammenbruchs, am Rande eines kollektiven Bewusstseinsverlusts und eines Bürgerkriegs. Wir können es nicht fassen, diese Worte zu schreiben."
Und tatsächlich lässt sich an diesen jüngsten, von Trump befeuerten Entwicklungen nichts schönreden: Nachdem der scheidende US-Präsident Donald Trump noch viele Wochen nach seiner mehrmals bestätigten Wahlniederlage gegen Joe Biden nicht anerkennen wollte, dass seine Amtsperiode nun endet, hatte er mehrmals Klagen eingereicht und bereits vor der Wahl Gerüchte um Wahlbetrug geschürt. Ohne Erfolg - obwohl Trump nichts unversucht ließ, um seinen Platz im weißen Haus nicht räumen zu müssen und trotz aller falschen Behauptungen zu seinem vermeintlichen Sieg, welche er vor allem via Twitter und Facebook verbreitete hatte, sollte am Mittwoch im Herzen der US-amerikanischen Demokratie, im Kapitol in Washington im Rahmen einer Sitzung des Kongresses, der Wahlsieg von Joe Biden und seiner designierten Vizepräsidentin Kamala Harris endgültig und unwiderruflich bestätigt und besiegelt werden. Ein Dorn im Auge von Trump und seinen Anhängern - und eine Glut, die Trump mit gezielten Kommentaren und Hetze zu schüren und anzustacheln wusste. Das ging so weit, dass ein wütender Mob von Trump-Anhängern von einem stürmischen Protest in einen wilden Putschversuch kippte, dem nicht einmal die US-amerikanische Polizei standhalten konnte.
Social-Media-Sperre für den US-Präsidenten
Nachdem der noch amtierende US-Präsident seine Anhänger in Tweets und Posts wiederholt dazu aufgerufen hatte, sich in ihrem Unmut nicht bremsen zu lassen, zogen Twitter und Facebook die Reißleine. Für viele eine längst überfällige Reaktion, nachdem die Social Media Plattformen Trump im Rahmen früherer Falschmeldungen bereits verwarnt beziehungsweise seine Posts als irreführend markiert hatten.
Twitter sperrte das Konto des scheidenden Amtsinhabers am Mittwoch vorerst für zwölf Stunden, unter der Androhung der kompletten Löschung, sollte der Noch-US-Präsident seine hetzerischen Tweets nicht löschen. Trump reagierte und ruderte mit deeskalierenden Posts zurück, mittlerweile ist sein Twitter-Account wieder aktiv.
Facebook sperrte die Seite des Präsidenten für zunächst 24 Stunden und ging dann in eine Sperre auf unbestimmte Zeit über, doch am späten Donnerstagabend mitteleuropäischer Zeit war auch dieser Account wieder aktiv.
Hohe Wellen und potenzielle Amtsenthebung
In Amerika kursieren nun heftige Gerüchte um geheime Maßnahmen zu einer schnellstmöglichen Amtsenthebung Trumps, während unzählige Bürger, Personen des öffentlichen Interesses sowie führende Vertreter beider US-Parteien offen die sofortige Entfernung des Präsidenten aus dem Amt fordern. Ein Prozess, der keinesfalls einfach ist, aber so real und imminent wie nie erscheint.
Es gibt zwei Möglichkeiten, wie Trump nun vorzeitig seines Amtes enthoben werden kann: Das sogenannte Impeachment, also ein Amtsenhebungsverfahren, wie es Trump schon einmal durchgemacht hat, oder eine Erklärung zur Amtsunfähigkeit, wie sie im Jahr 1967 in der Folge der Ermordung von Präsident John F. Kennedy geschaffen worden war – allerdings ist diese für Fälle gedacht, in denen der Präsident aufgrund geistiger oder körperlicher Gebrechen nicht mehr dazu in der Lage ist, sein Amt auszuüben. So oder so, die Tage der Trump'schen Präsidentschaft sind gezählt, spätestens mit 20. Jänner 2021 endet die Amtsperiode von Donald Trump endgültig. (rb)
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Mit welcher Absicht sollen nun simple Tatbestände "herunter - relativiert" werden?!
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