Die Regierung stellt 300 Mio. Euro für die angeschlagene Veranstaltungsbranche bereit. Wird etwa eine Messe oder eine Kulturveranstaltung coronabedingt abgesagt oder kann sie nur eingeschränkt stattfinden, sollen jene Ausgaben, die nicht stornierbar sind, ersetzt werden.
Die Reaktionen fallen gemischt aus: Die IG Österreichische Veranstaltungswirtschaft freut sich über den von der EMBA (Event Marketing Board Austria), dem AEP Austria Event Pool und Experten der WKO ausgearbeiteten Schutzschirm, übt aber Kritik an den aktuell gültigen Auflagen. Der Kurs der österreichischen Bundesregierung sei richtig, es dürfe aber der Beginn der zweiten COVID-19-Welle nicht als Planungsgrundlage für künftige Veranstaltungen herangezogen werden.
Gesamte Wertschöpfungskette
Die aktuell gültigen Auflagen würden beispielsweise maximal 3.000 Personen bei einem Open-Air-Event umfassen. Daher ist es aus Sicht der IG Österreichische Veranstaltungswirtschaft ein Muss, zukünftige Entwicklungen wie Impfungen, Schnelltests oder Tools zur Datenerfassung in die Überlegungen miteinzubeziehen. Nur so können ab den Sommermonaten wieder Veranstaltungen in einer wirtschaftlich relevanten Größenordnung angedacht werden. Ein Großkonzert, beispielsweise im Wiener Ernst-Happel-Stadion, bietet bis zu 50.000 Besuchern Platz und ist auch nur in dieser Größenordnung realisierbar. Die Hotellerie und der gesamte Tourismus sowie die angeschlossenen Branchen profitieren von jeder durchgeführten Veranstaltung. Von Großevents aber über Gebühr, weshalb es essenziell sei, diese auch in den Schutzschirm zu integrieren.
"Der nun beschlossene Schutzschirm ist in meinen Augen die wichtigste Maßnahme für die Veranstaltungswirtschaft. Einerseits wird die für diese Branche so wichtige Perspektive geschaffen, um den Motor wieder anzuwerfen. Andererseits wird die gesamte Wertschöpfungskette bei Veranstaltungen bedient. Somit garantieren wir Live-Erlebnisse und viele Jobs gleichermaßen", erklärt Herwig Straka (e|motion group)
"Der Schutzschirm ist für unsere Veranstaltungsbranche ein enorm wichtiger und überlebensnotwendiger Schritt, auch in Richtung Planungssicherheit für 2021. Hier wurden zum Glück unsere Hilferufe, Argumente und Fakten verstanden. Ein großer Dank dafür an alle Entscheidungsträger! Äußerst beunruhigend ist jedoch eine Anmerkung von Staatssekretärin Mayer bezüglich großer Festivals und Open-Air-Veranstaltungen, dass diese womöglich nicht für den Schutzschirm in Betracht kämen. Warum? Denn gerade diese sind die mitunter besucherstärksten Kultur-Veranstaltungen in unserem Land. Ich hoffe sehr, dass diese Aussage nur ein verbaler Irrläufer war und natürlich auch diese Kultur-Flaggschiffe Österreichs unter diesem Schutzschirm fallen werden. Alles andere wäre völlig unverständlich – um nicht zu sagen absurd", so Ewald Tatar (Barracuda Music), dessen Festival "Nova Rock" in normalen Jahren über 200.000 Besucher verzeichnet.
"Der heute angekündigte Rettungsschirm ist die einzige Möglichkeit, damit überhaupt noch Veranstaltungen geplant werden können. Allerdings ist es keine Zukunftsperspektive, mit den aktuell gültigen Personenobergrenzen zu planen, weil das die wirtschaftlich relevanten Veranstaltungen nicht berücksichtigt", führt Klaus Leutgeb (Leutgeb Entertainment) aus.
Der Hund liegt im Detail begraben
"Der Rettungsschirm ist nicht nur für die kulturelle Vielfalt essenziell, sondern auch die einzige Möglichkeit, die hohe Wertschöpfung durch die Veranstaltungswirtschaft zu erhalten. Die Einhaltung der COVID-19-Bestimmungen ist eine Selbstverständlichkeit für alle Veranstalterinnen und Veranstalter. Der Hund liegt im Detail begraben: Die Branche braucht eine Planungsperspektive für die neue Normalität", ergänzt CTS-EVENTIM-Austria-CEO Christoph Klingler. "Contact-Tracing ist eine sinnvolle Maßnahme, die unabhängig von der Gästeanzahl verantwortungsvoll durchführbar ist. Gesamtwirtschaftlich braucht es auch wieder eine Möglichkeit, in größeren Dimensionen zu denken!"
Tausende Existenzen
"Die Klärung aller Details wird bei einer so heterogenen Branche eine große Herausforderung sein. Es wurde auch die Breite des Schutzschirms angesprochen, welche nicht nur Großveranstaltungen schützen soll, sondern auch die vielen kleineren Veranstaltungen. Dass zurzeit keine Veranstaltungen möglich sind, ist allen klar. Jedoch der Kampf ums Überleben einer ganzen Branche hängt vom Zusammenspiel des Fixkostenzuschusses Phase II und dem Schutzschirm ab. Ebenso die flexible Handhabung von Corona-Kurzarbeitsmodellen für die Branche, die auch von der WKO mit den Sozialpartnern vereinbart (Einzelfallprüfungen) wurde, wird dabei helfen, die Event-Branche wieder aufzurichten", so Erik Kastner, Gründer des Austria Event Pools und Agenturchef von OPUS Marketing GmbH. Es gehe schließlich um tausende Existenzen und hunderttausende Arbeitsplätze. Die Veranstaltungswirtschaft trägt mit 8,9 Milliarden Euro 3,4 Prozent zur Wirtschaftsleistung Österreichs bei, sichert in der Branche 144.000 Arbeitsplätze, inkl. Zulieferern sind es 250.000 mit dem Sektor verknüpfte Jobs. (jw)
ww.igoev.at
www.eventpool.at
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