Am Wiener Flughafen soll sich das Flugangebot in Bälde schlanker zeigen als gewohnt – und das, obwohl man sich in Schwechat im vergangenen Geschäftsjahr über einen Gewinn in Rekordhöhe freuen konnte. Grund für das Kürzen bzw. Streichen von Flügen – vor allem nach China, Italien und den Iran – sei der rapide Rückgang an Passagieren durch die aktuelle Coronavirus-Thematik. Die Fughafen-Vorstände Julian Jäger und Günter Ofner präsentierten im Rahmen der Bilanzpressekonferenz am Montag ein vorsorgliches Sparkpaket und erklärten, warum der Flughafen "sehr krisenfest" dasteht und der im Jänner prognostizierte Gewinn-Ausblick noch nicht verloren sein muss.
Passagiere bleiben wegen Coronavirus zuhause
Das Coronavirus wütet in der Wirtschaft und trifft somit naturgegeben auch die Luftfahrtbranche mit voller Wucht: zwischen Wien und China gibt es mittlerweile gar keine Flüge mehr. Nach dem Ausbruch in Italien ist die Nachfrage auch dorthin eingebrochen – Mailand sei, so Jäger, in den letzten Tagen ein "absolutes Desaster" gewesen. Die AUA, Wizz Air und andere Airlines haben ihre Flüge nach Italien reduziert. Dazu kommen abgesagte Großveranstaltungen in ganz Europa, zuletzt der Genfer Autosalon und die Reisemesse ITB in Berlin.
Seit einer Woche sieht der Wiener Flughafen die Krise auch an stark rückläufigen Passagierzahlen in Schwechat: Gab es am Montag, den 24. Februar, gegenüber dem Vorjahrestag noch ein Passagierplus von 6,2 Prozent, ging es am Dienstag im Jahresabstand um 2,1 Prozent nach unten, am Mittwoch um 9,3 Prozent, am Donnerstag um 9,1 Prozent, am Freitag um 10,2 Prozent und am Samstag um 13,7 Prozent. Auch am Sonntag sei das Minus in der Größenordnung von zehn Prozent gelegen.
Positive Prognose für 2020 wackelt
Der im Jänner gegebene Ausblick für 2020 sei "noch erreichbar", aber er "wird mit jedem Tag, den die Coronakrise anhält, unwahrscheinlicher", sagte Vorstand Julian Jäger. Ein Update zur Lage sowie eine mögliche aktualisierte Prognose will das börsennotierte Unternehmen in vier bis acht Wochen geben. Erst Ende April sei eine seriöse Einschätzung möglich, so Jäger. Vorstandskollege Günther Ofner erklärte, noch sei es möglich, dass es zwar ein heftiger, aber kurzfristiger Einbruch sei. Die positive Prognose für das heurige Geschäftsjahr habe man noch nicht aufgegeben, sie sei aber nun mit "großer Unsicherheit" behaftet. Ofner sagte, dass die langfristige Entwicklung auch von anderen Krisen wie der SARS-Epidemie, der Aschewolke in Island oder der Finanzkrise vor zehn Jahren nicht gebremst worden sei. "Derartige Schocks hat es immer wieder gegeben", so Ofner. "So mild" wie bei SARS werde der Flughafen zwar nicht davonkommen, sagte Jäger. Er wäre aber überrascht, wenn es 2021 noch drastische Auswirkungen gebe.
Noch immer Jänner hatte es geheißen, die Slots für Starts und Landungen würden heuer im Sommer zu den Stoßzeiten knapp. "Die Probleme, die wir vor einer Woche noch hatten, lösen sich mehr oder weniger in Luft auf", sagte Jäger. Wie sich die Krise auf den Preiskampf zwischen Lauda, Wizz Air und Level auswirken wird? "Da, glaube ich, werden die nächsten Wochen sicherlich sehr spannend zu beobachten sein", so Jäger.
2019 brachte Vienna Airport Rekordzahlen
Derzeit spielt der Flughafen alle Szenarien durch. Wesentlich sei, ob die Krise vor dem Sommer vorbei ist oder ob sie anhält, sagte Jäger. Laut Ofner bereitet man verschiedene Sparmaßnahmen vor, die je nach Entwicklung in Kraft treten sollen. Nicht notwendige Aufwendungen würden zurückgestellt oder gestrichen, eine Höhe für die Sachkostenreduktion nannte der Vorstand jedoch nicht. Auch Urlaube und Überstunden sollen nun abgebaut werden. Für die Hauptreisezeit im Sommer hätten eigentlich hunderte neue Mitarbeiter aufgenommen werden sollen. Ob es einen Einstellungsstopp oder gar einen Stellenabbau geben wird, hänge ebenfalls davon ab, wie sich die Krise entwickelt. Es liefen jedenfalls auch Vorbereitungen für ein Sozialpaket, um in "Ultima Ratio" Mitarbeiter abzubauen. Klarheit soll es bis Ende April geben.
Der Flughafen berichtete am Montag eigentlich über seine Rekordzahlen des Vorjahres. Der Umsatz stieg wegen des Billigflieger-Booms um 7,2 Prozent auf 858 Millionen Euro, das operative Ergebnis (Ebit) um 14,3 Prozent auf 252 Millionen Euro und der Nettogewinn um 15,7 Prozent auf 175,7 Millionen Euro. Auch die Aktionäre dürfen sich freuen, sie erhalten heuer eine um ein Viertel höhere Dividende. Der Vorstand schlägt der Hauptversammlung eine Ausschüttung von 1,13 Euro je Aktie vor. Kopfzerbrechen dürfte den Börsianer derzeit aber mehr der Kurs bereiten: Die Aktien des Flughafens verloren am Montag bis Mittag - nach dem Absturz in der Vorwoche - weitere 2,8 Prozent. Ofner hält die momentane Börsenreaktion für "etwas übertrieben". Er meinte, für mutige Anleger wäre dies ein günstiger Einstiegszeitpunkt.
Der Flughafen betonte angesichts der Krise seine Finanzkraft. Die Nettoverschuldung sei 2019 von 198 auf 81 Millionen Euro gesenkt worden. "Wir stehen daher sehr krisenfest da", sagte Ofner. Das Unternehmen sei in hohem Maße liquide. "Wir könnten bis zu 1,5 Milliarden Euro locker finanzieren." An langfristigen Investitionsvorhaben wie der Erweiterung der Terminals hält der Vorstand fest. Auch am Zeitplan für den Bau der dritten Piste ändere sich durch die Corona-Epidemie nichts. (red)
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