"Welcher Mitarbeiter möchte nicht für ein positives Unternehmen arbeiten"

Hermann Retter im Interview über den 30. Geburtstag des Seminar Hotels Retter, wie er das Personal bei der Stange hält und warum er keinen Neid spürt.

Das Seminar Hotel Retter im steirischen Pöllauberg feiert heuer seinen 30. Geburtstag und der Gasthof seinen 55. Geburtstag. Darüber hinaus haben die Inhaber Hermann und Ulli Retter vor kurzem ein hoteleigenes BioGut eröffnet, das als Bio-Lebensmittel-Manufaktur dem Hotel Retter beste Bioprodukte wie Brot, Eis, Kräuter, Marmeladen und Edelbrände liefert. 

LEADERSNET hat Hermann Retter deshalb zum Interview getroffen und sich mit ihm über das neue BioGut, motivierte Mitarbeiter, Wünsche an die Regierung und warum es die Jugend heute schwerer hat, unterhalten.

LEADERSNET: Sie haben seit kurzem ein eigenes BioGut neben dem Hotel, auf dem sie Bio-Lebensmittel anbauen und produzieren. Was ist die Idee dahinter?

Retter: Das Retter BioGut ist die logische Fortschreibung unserer 25-jährigen BIO-Zertifizierung und unseres Öko-Engagements. Wir setzen auf ein Höchstmaß an Selbstversorgung unseres Hotel- und Restaurantbetriebs mit besten, zertifizierten Bio-Produkten, die wir selbst herstellen und veredeln.

LEADERSNET: War es vor 30 Jahren einfacher, einen Betrieb wie den ihren aus dem Boden zu stampfen?

Retter: Ich denke, dass es heute für die Jungen definitiv schwieriger ist. Zur damaligen Zeit war es allein schon deshalb einfacher, weil es beispielsweise bei den Banken einen örtlichen Direktor gab, der viel mehr Freiheiten bei der Vergabe von Krediten hatte. Damals konnte ein Bankdirektor noch nach Sympathie oder Bauchgefühl entscheiden. Das geht heute nicht mehr, da in diesem Bereich alles überreglementiert ist und es gibt auch kaum Risikokapital, außer man nimmt einen Investor dazu.

LEADERSNET: Gibt es in der Tourismusbranche in der Steiermark sehr viele Neider, wenn man über einen so langen Zeitraum so erfolgreich ist, wie sie?

Retter: Natürlich gibt es auch Neid. Aber wenn man auf die Leute zugeht und in die Gesellschaft und die Umgebung integriert ist, merken die Leute auch, wie viel Arbeit man in so einen Betrieb reinstecken muss. Deshalb spüre ich glücklicherweise keinen Neid.

LEADERSNET: Die Tourismus- und Gastrobranche beklagt sich immer wieder darüber, dass ein eklatanter Fachkräfte- und Mitarbeitermangel herrscht. Wie schaffen Sie es, motiviertes und qualifiziertes Personal zu finden?

Retter: Da steckt langjährige Aufbauarbeit dahinter. All unsere Führungskräfte sind seit mindestens 15 Jahren im Haus. Wir richten uns sehr nach den Bedürfnissen der Mitarbeiter und schaffen quasi Arbeitsplätze und Arbeitszeiten, die auf die Mitarbeiter abgestimmt sind. Das bringt den Vorteil, dass unsere Mitarbeiter den perfekten Job für ihren Lebensrhythmus haben. Wir stellen ihnen beispielsweise E-Firmenautos zur Verfügung und wir haben eine Art Prämiensystem. Im Gegenzug belohnen sie uns damit, dass sie dem Unternehmen sehr treu sind. Ich glaube, dass die Mitarbeiter sich mittlerweile die Betriebe aussuchen und nicht umgekehrt. Unser Konzept, mit Bio und dem ganzheitlichen Ansatz, spricht jene Menschen an, die selbst danach leben und das schätzen, was wir tun.

LEADERSNET: Was würden Sie sich von der Regierung wünschen, um das Leben für einen Unternehmer, gerade im Tourismus, einfacher zu gestalten?

Retter: Also ich würde mir wünschen, das ganze Thema AfA (Absetzung für Abnutzung), also die Abschreibungen zu überdenken. Es ist absoluter Wahnsinn, dass ich eine Hotelimmobilie auf 40 Jahre abschreibe und es alle zehn Jahre erneuern muss. Das ist völlig weg von den Realitäten des Marktes. Zudem wäre es gut, nicht entnommene Gewinne weniger zu versteuern, um Kapital für Investitionen ansparen zu können.

LEADERSNET: Abschließend noch eine persönliche Frage: Was ist ihr Lieblingsplatz im Hotel?

Retter: Ich bin am Wirtshausstammtisch aufgewachsen, deshalb bleibt der Stammtisch auch mein Lieblingsplatz.

LEADERSNET: Vielen Dank für das Gespräch und auf weitere erfolgreiche 30 Jahre.

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