"Events müssen niederschwellig sein, aber ein hochwertiges Programm bieten"

Riedl, Geschäftsführerin stadt wien marketing, über die Highlights des Filmfestivals, den Beitrag zum Image der Stadt und attraktive Events in den Außenbezirken.

Gerlinde Riedl wurde vor rund einem Jahr in die Geschäftsführung der stadt wien marketing gmbh berufen. Im Interview mit LEADERSNET zieht sie ein erstes Resümee, erklärt, warum man sich als 100 Prozent Tochter der Stadt Wien in einem besonderen Spannungsfeld befindet, gibt einen Vorgeschmack aufs Filmfestival und spricht über die wachsende Bedeutung von Crowd Management bei Großveranstaltungen.

LEADERSNET: Sie sind seit rund einem Jahr Geschäftsführerin, können Sie eine erste Bilanz ziehen?

Riedl: Was meine persönliche Bilanz anbelangt: ich habe wahnsinnig viel gelernt in dieser kurzen Zeit. Es war auch gar nicht anders möglich. Als ich im September 2017 eingestiegen bin, musste ich in kürzester Zeit Sponsorengelder in siebenstelligen Bereich erwirtschaften. Das war eine große Herausforderung, aber es machte auch wahnsinnig viel Spaß. Was die Veranstaltungen und die wirtschaftlichen Begebenheiten des Unternehmens anbelangt, können wir sehr zufrieden sein. Wir haben gerade eine schöne Bilanz abgeschlossen. Ich habe mir vorgenommen, diesen erfolgreichen Weg fortzusetzen und die bestehenden Partnerschaften zu pflegen, aber auch neue zu gewinnen.

LEADERSNET: Wann haben Sie High-Season? Ist das Sommerquartal das wichtigste?

Riedl: Wir sind eigentlich fast 365 Tage im Jahr mit Veranstaltungen präsent. Wichtig ist das Filmfestival genauso wie der Eistraum. Es liegt uns der Weihnachtstraum genauso am Herzen wie das Forschungsfest. Über die Initiative "Bewegung findet Stadt" unterstützen wir laufend sportliche Events. Insgesamt sind es rund 50 Projekte und Veranstaltungen, die wir im Jahr umsetzen.

LEADERSNET: Wie setzt sich ihr Zielpublikum zusammen?

Riedl: Das Zielpublikum ist analog zu unserem Angebot sehr breit aufgestellt. Wir freuen uns über Wienerinnen und Wiener genauso wie über Gäste aus anderen Bundesländern, aber natürlich auch über das internationale Publikum, das tatsächlich wächst, wie unsere letzten Studien belegen. Was die Altersgruppen anbelangt, sprechen wir mit vielen unserer Veranstaltungen wirklich alle Bevölkerungsgruppen – vom Kleinkind bis zu den Pensionisten – an. Das ist ja auch Auftrag der Stadt Wien, Veranstaltungen umzusetzen, die niederschwellig und für alle gesellschaftlichen Gruppen zugänglich sind und zugleich ein hochwertiges Programm bieten. Das heißt, die meisten unserer Veranstaltungen sind bei freiem Eintritt zu besuchen, wie etwa das Film Festival: 65 Tage lang hat man hier die Möglichkeit, sich kostenlos hochwertige Klassikproduktionen anzusehen und anzuhören, umgeben von einem traumhaften Ambiente, eingebettet zwischen Rathaus und Burgtheater, unter freiem Himmel.

LEADERSNET: Mit welchen Highlights warten Sie heuer auf?

Riedl: Wir haben heuer das 28. Film Festival, also bald feiern wir das 30. Jubiläum und trotzdem – was mich besonders freut – hat diese Publikumsveranstaltung nichts von ihrer Anziehungskraft verloren. Im vergangenen Jahr konnten wir einen BesucherInnenrekord von 920.000 Gästen verzeichnen. Zu den Highlights zählen sicherlich die Jubilare, wie etwa Leonhard Bernstein, der heuer seinen 100. Geburtstag feiern würde. So steht etwa zum Start der österreichischen EU-Präsidentschaft Beethovens 9. Symphonie auf dem Programm, mit ihrer berühmten Ode an die Freude, die ja auch die Europahymne ist. Hinter dem Pult steht kein geringerer als Bernstein. Mit dabei sind natürlich auch die großen Klassikstars, zum Beispiel Elena Garanca in Carmen, Anna Netrebko in der Aida, der Pianistenstar Daniel Trifonov, Glenn Gould mit seinen Goldberg-Variationen. Im Pop-Genre gedenken wir natürlich des 20. Todestages von Falco, aber auch die fantastischen Vier, Norah Jones und Alicia Keys sind zu hören. Es wird sich für jeden etwas Schönes finden.

LEADERSNET: Wird das Konzept nach so langer Zeit überarbeitet?

Riedl: Ja, 30 Jahre ist eine lang Zeit, aber das Film Festival funktioniert immer noch mit demselben Grundkonzept. Natürlich ist es über die Jahre hinweg gewachsen und hat sich verändert – Veranstaltungen leben ja auch von ihrer Weiterentwicklung, es braucht aber auch ein gutes Basiskonzept. Ein großer Trumpf ist sicher der wunderbare Platz im Herzen der Stadt, und natürlich ständige Verbesserungen vor allem in Sachen Infrastruktur, Technik, Service.

LEADERSNET: Wie steht es um die Side-Events?

Riedl: Wir haben sehr viele Side-Events – eigene, aber auch Veranstaltungen, die bei uns zu Gast sind. Beispielsweise gibt es mehrere Gastspiele des Jazzfests, das im Juli in Wien stattfindet. Unser eigenes Zusatzprogramm startet am Donnerstag mit einer Happy Hour, gefolgt vom Kinderopern Festival am Freitag, den Künstler-Samstagen mit Unplugged-Konzerten von heimischen Bands und dem sonntäglichen Jazzfrühshoppen. Es ist ein buntes Programm, bei dem jeder etwas findet.

LEADERSNET: Welche Möglichkeiten bieten Sie der Business-Klientel?

Riedl: Wer es exklusiv haben möchte, kann sich eine eigene Loge für zwölf Personen mit Cateringbegleitung von Do & Co mieten, da haben wir noch ein paar Termine frei. Ansonsten gibt es für Business-Events natürlich auch die große VIP-Terrasse. Erfreulicherweise haben wir sehr viele langjährige, aber auch ganz neue Sponsoren, die dieses Angebot in Anspruch nehmen.

LEADERSNET:  Dürfen Sie da auch Namen nennen?

Riedl: Ja, einer unserer treuen Kooperationspartner ist die Bank Austria, die eine eigene Loge für ihre Mitarbeiter und Kunden hat. Darüber hinaus kam heuer mit Café Royal ein neuer wunderbarer Sponsor hinzu, auch Türkisch-Airlines, Madame Tussauds uvam. sind mit an Bord. Vor allem Letztere wird möglicherweise auffallen, weil sie extra den Bernstein aus den USA bringen – als Wachsfigur – für ein Meet & Greet mit dem Wiener Wachs-Beethoven.

LEADERSNET: Wie steht es um die Werbemöglichkeiten?

Riedl: Es gibt viele Möglichkeiten für die Kooperationspartner, vor Ort präsent zu sein. Beispielsweise mit einem Imagespot vor dem Hauptfilm auf der 300 Quadratmeter großen Leinwand. Wir haben aber auch moderne LED-Wände vorne am Ring, die unter dem Jahr als Informations- und Besuchersystem fungieren und während des Film Festivals eine sehr wirkungsvolle und sehr auffällige Werbefläche darstellen.

LEADERSNET: Wie viele Sichtkontakte können dort verzeichnet werden?

Riedl: 80.000 pro Tag nur vom fließenden Verkehr, da sind die Fußgänger gar nicht einberechnet. Ein Sujet wird ungefähr 3.000 Mal am Tag gespielt. Wer sich dafür interessiert, kann sich gerne bei mir melden und kriegt dann noch ein Plätzchen auf den LED-Wänden.

LEADERSNET: Ist Sicherheit das Überthema, das über allen Veranstaltungen schwebt?

Riedl: Das Thema Sicherheit hat zweifelsohne an Bedeutung gewonnen, nicht zuletzt aufgrund von zahlreichen Ereignissen. Dadurch steigen natürlich die Anforderungen an die Sicherheitskonzepte. Hier braucht es Fachwissen, aber vor allem auch Erfahrung. Wir nehmen dieses Thema sehr ernst und arbeiten im Bereich der Veranstaltungssicherheit mit den besten Experten des Landes zusammen.

LEADERSNET: Crowd Management ist in aller Munde?

Riedl: Ja, die Steuerung der Besucherströme wird insbesondere bei Großveranstaltungen im öffentlichen Raum immer wichtiger. Grundlage eines effizienten Crowd Managements ist eine gute und ausreichende Information der Besucher, sei es über LED-Anzeigen, über Lautsprecherdurchsagen, über Leitsysteme etc. Aber auch das funktionierende Zusammenspiel zwischen Veranstalter und Einsatzkräften, wie Feuerwehr, Rettung, Polizei, Sicherheitspersonal ist essentiell.

LEADERSNET:  Das Spannungsfeld Eigenevents und Fremdevents ist bei stadt wien marketing ein spezielles. Können Sie die Eckpunkte kurz aufzeigen?

Riedl: In der Tat, denn wir sind ja keine Agentur, die am freien Markt agiert, sondern werden wir 100 Prozent Tochter der Stadt Wien ausschließlich durch die Stadt und ihre Magistratsabteilungen oder Töchterunternehmen beauftragt. Wir veranstalten seit vielen Jahren in Eigenregie die großen Cityevents, wie den Wiener Eistraum, den Silvesterpfad, das Film Festival, aber auch den Weihnachtstraum, daneben gibt es noch kleinere Veranstaltungen wie den Wiener Weinpreis, die Sportstargala, das Genussfestival etc. Unter den Events, die wir bereits traditionell für bestimmte Magistratsabteilungen durchführen, sind etwa das Mistfest, der Weinwandertag, das Forschungsfest, das Streetlife-Festival. Es kommt eine bunte Mischung zusammen. Darüber hinaus sind wir auch für die Vergabe des Rathausplatzes an andere Veranstalter zuständig.

LEADERSNET:  Wie sind Sie eigentlich beim Beachvolleyball involviert?

Riedl: Das ist wieder eine andere Schiene. Als Stadtmarketing Agentur haben wir ja nicht nur die Aufgabe, selbst Veranstaltungen zu machen, sondern wir sind auch Unterstützer, Partner und Berater von anderen Veranstaltern. Partner heißt in diesem Fall, wir sind die Schnittstelle zur Stadt Wien, sodass alle Aktivitäten und auch die Kommunikation zwischen dem Veranstalter und der Stadt über uns laufen.

LEADERSNET:  Sie tragen also maßgeblich zum Image der Stadt bei?

Riedl: Ich glaube, dass Veranstaltungen die Anziehungskraft und das Image einer Stadt heben und dass sie ein wichtiger Standortfaktor sind, weil der Erlebniswert einer Region auch über die Attraktivität für Arbeitskräfte entscheidet. Ich glaube aber auch, dass es wichtig ist, gerade in Wien, der am stärksten wachsenden Stadt Europas, darauf zu achten, dass sich die Attraktionen und Events nicht nur auf das Zentrum konzentrieren. In Zukunft muss es auch in den neuen Stadtteilen, in den großen Flächenbezirken attraktive Veranstaltungen geben, die als Anziehungspunkte dienen – für die Gäste von auswärts, aber auch für die Bewohner. Da gibt es noch Luft nach oben, da kann man sich durchaus noch einiges einfallen lassen.

LEADERSNET: Und gibt es da schon konkrete Pläne?

Riedl: Nein, aber ich freue mich, dass die neue Stadtregierung hierauf einen politischen Fokus setzt.

filmfestival-rathausplatz.at

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