Bildung, Zielstrebigkeit, Bodenständigkeit: Das sind jene Bestandteile, aus denen erfolgreiche Spitzensportler einen vernünftigen Plan B zimmern können. Zu diesem Fazit kamen drei Fußballprofis und ein Sportpädagoge beim ExpertenClub des BFI Wien zum Thema "Was kommt nach der Kickerkarriere?" Bei sommerlichen Temperaturen fanden sich in der Wiener Innenstadt zahlreiche Gäste und wohl auch Fans zum ExpertenClub ein, um sich bald rege an der Diskussion zu beteiligen.
Dass ein Plan B immer ausbaufähig sei, stellte Gastgeber Franz-Josef Lackinger bereits zu Beginn fest. Denn selbst vom Profifußball könne man hierzulande kaum leben, so der Geschäftsführer des BFI Wien: "Die Hälfte der Spieler in der obersten Liga verdient weniger als 30.000 Euro brutto im Jahr, trotzdem machen nur etwa zehn Prozent eine berufsbegleitende Ausbildung." Ein Plan B für den Spitzensport würde alle fordern: Sportler, Eltern, Vereine. Lackinger: "Das BFI Wien kooperiert bereits mit tollen Projekten, etwa mit dem FAC oder mit Violafit bei der Wiener Austria. Wir wollen das ausbauen."
Superstars nicht im Mittelpunkt
Das Thema kam im brechend vollen Saal der Labstelle rasch in Schwung. Denn im Mittelpunkt standen im Vorfeld der Fußball-WM nicht die Superstars, wie Moderator Thomas Teufl eingangs anmerkte: "Sondern die vielen engagierten Nachwuchstalente, die es nicht nach ganz oben schaffen", so der Bereichsleiter der Privat- und Firmenkunden sowie Marketing am BFI Wien.
Ihm sei schnell klar gewesen, dass er zumindest am Beginn seiner Karriere in Österreich vom Sport nicht leben könne, so Stefan Maierhofer, aktiver Stürmer beim SV Mattersburg: "Mein Ziel war es, so schnell wie möglich ins Ausland zu kommen." Als Kapitän der zweiten Mannschaft von Bayern-München habe er bereits 2005 gut verdient. Später als Erstligist in England, Deutschland, bei Rapid Wien oder Red Bull Salzburg sei das Gehalt mitgewachsen. "Ich habe gutes Geld verdient und konnte meinen Eltern etwas zurückgeben. Aber ausgesorgt habe ich nicht", gab Maierhofer zu bedenken. Deshalb hat er unter anderem die Sportlerberaterfirma Sportscon gegründet.
"Verdammte Verantwortung"
Fußball, meint der frühere Erstligist Michael Wagner – unter anderem SC Freiburg (D), Rapid Wien und Austria Wien – sei nicht nur ein Privileg, sondern auch ein knochenharter Job: "Am Anfang bist du froh über jedes Autogramm, das du geben darfst. Irgendwann sitzt du in Bilbao, während deine Frau zu Hause ihren 30er feiert. Das ist nicht immer lustig." Für einen Plan B habe man in der aktiven Phase kaum Zeit, meint Wagner: "Aber dann kommt der Tag X, wo du nicht mehr Profi bist und dich um deine Ausbildung kümmern musst." An diesem Punkt kommt Wagner mit seiner Firma JobConsulting ins Spiel.
Manuel Ortlechner nimmt aber auch die Clubs in die Pflicht. Es sei deren "verdammte Verantwortung", sich schon vorher um die Weiterbildung ihrer Spieler zu kümmern, sagt der frühere Kapitän der Wiener Austria: "In Österreich landen 97 Prozent der Hoffnungsträger aus den Akademien in den unteren Ligen. Die Clubs müssen hier Unterstützungsarbeit leisten." Deshalb sei ihm Violafit – die von Ortlechner initiierte Bildungsinitiative des FK Austria Wien – mittlerweile ein Herzensanliegen.
Erfolgreiche Schulkarriere als Basis
Robert Parma macht die erfolgreiche Schulkarriere für den Erfolg im Spitzensport verantwortlich. "Ich denke seit 25 Jahren darüber nach, warum es Vorbilder wie Andreas Ivanschitz oder Maximilian Wöber, die unter meinen Fittichen waren, ganz nach oben geschafft haben. Was sie alle gemeinsam hatten: Sie waren im Sport und in der Schule zielstrebig", meint der Leiter des Schulleistungssportzentrums Wien West in der Maroltingergasse. "Es braucht zwei Welten, um im Sport erfolgreich zu sein. Wenn sich einer neben dem Sport noch anderweitig weiterbildet, dann befruchtet sich das gegenseitig." Dafür könnten sich die Spitzensportler aus 33 Disziplinen an der Maroltingergasse auch vom Unterricht freistellen lassen. "An den Unis ist das später leider nicht mehr der Fall."
Nachholbedarf in Sachen Kompatibilität sieht Michael Wagner auch beim Thema Sport und Lehre: "Es geht nicht immer nur um den Bachelor oder Master. Wir orten mit unseren Firmen speziell bei Lehrberufen einen Riesenmangel. Elektriker, Installateur oder Maurer, das sind tolle Berufe, die nicht nur in Österreich gefragt sind. Zum Glück haben wir da mit dem BFI Wien einen tollen Partner, der diese Ausbildungen ermöglicht, auch als Plan B."
Uneinig waren die Diskutanten zuletzt bei den Tipps für den Weltmeistertitel . Hier fielen die Namen Belgien Frankreich, Argentinien und natürlich Brasilien – mehrheitlich. Wer alles beim BFI Wien ExpertenClub mit dabei war, sehen Sie in unserer Galerie. (as)
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