Die Wirtschaft brummt, das Konjunkturhoch der Wiener Industrie hält weiter an. Das spiegelt sich auch in der Standortbefragung wider, die alle zwei Jahre unter den Wiener Industriebetrieben durchgeführt wurde. "Besonders deutlich zeigt sich die gute Wirtschaftslage bei den Investitionen", sagt EVVA-CEO Stefan Ehrlich-Adam, Obmann der Sparte Industrie der Wirtschaftskammer Wien. "Allein im Zeitraum 2016 bis 2018 wurde eine Milliarde Euro in den Industriebetrieben investiert." Die Aufrüstungen kamen größtenteils Umwelttechnik, Energieeffizienz und Maschinenmodernisierung zugute.
Betriebe wandern ins Umland ab
Dieser positiven Entwicklung stehen die Abwanderungen gegenüber: 17 Prozent der Wiener Betriebe haben angegeben, dass in den letzten Jahren Betriebsteile vom Standort Wien an einen anderen Standort verlagert worden sind. Weitere zehn Prozent können sich vorstellen, in den nächsten Jahren ihren Standort zu verlagern. "Besonders bitter ist, dass 70 Prozent angeben, vor allem Produktionsbereiche zu verlagern", so Ehrlich-Adám. "Damit verlassen viele Arbeitskräfte Wien und auch die Zugkraft für indirekte Arbeitsplätze geht verloren."
Die Standortverlagerungen seien meistens nicht in die Ferne: Der Großteil, nämlich knapp 60 Prozent, bleibt in Österreich. Mit Abstand beliebtester Ort für Standortverlagerungen ist Niederösterreich. Es kämen zwar internationale Firmen nach Wien, allerdings keine industrielle Produktion. Als Top 3 Gründe für Abwanderungen werden die Kosten, der Mangel an Flächen für Erweiterung sowie Anrainerprobleme angegeben.
Auch büßt der Standort Wien bei seinen traditionell wichtig bewerteten Vorteilen "Nähe zu den Ostmärkten" und "Hauptstadtfunktion Wiens" ein. Beides wurde von den Befragten drastisch schlechter bewertet als in den Jahren davor. Die Nähe zu den Ostmärkten wurde 2010 noch von 68 Prozent der Befragten als Vorteil gesehen, heuer waren es nur noch 28 Prozent. Die Hauptstadtfunktion Wiens wurde 2010 von 67 Prozent erkannt, heuer sind es nur noch 37 Prozent.
Drei grundlegende Forderungen
"Die Lage für die Unternehmer ist generell gut, die Auftragsbücher sind voll", resümiert Ehrlich Adám. "Jetzt muss man daran arbeiten, dass der Wirtschaftsstandort auf seinem Hoch bleibt und nicht an Boden verliert. Jetzt gilt es, ein Umfeld zu schaffen, in dem Unternehmer auch in weniger rosigen Zeiten erfolgreich sein können."
Aus diesem Grund hat die Wiener Industrie drei grundlegende Forderungen. Einmal möchte man ein Bildungsreform, um dem Fachkräftemangel entgegenwirken, da besonders in Wien die Schulabgänger nicht den Anforderungen der Betriebe entsprechen würden. Der zweite Punkt ist der Ausbau der Infrastruktur. Die Anbindungen an andere Länder müsse vermehrt werden. Die dritte Forderung ist die Stärkung der Beziehungen in den Osten. Die künftige Stadtregierung müsse sich noch mehr auf die Ostmärkte konzentrieren und die Beziehungen stärken, von denen Wien seit den 90er profitierte. (as)
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