Vor einem Jahr ist Franz Solta in die Fußstapfen von Karl Javurek getreten und hat das Zepter bei der Gewista übernommen. LEADERSNET hat sich aus diesem Grund mit Solta getroffen, mit ihm einen Blick zurück auf sein erstes Jahr als CEO beim größten heimischen Außenwerber geworfen und über Zukunftsstrategien, einen Piccadilly Circus für Wien, KMUs als potentielle Kunden und größenwahnsinnige Konkurrenten gesprochen.
LEADERSNET: Wie fällt ihr Resümee nach einem Jahr an der Spitze der Gewista aus?
Solta: Es war ein sehr intensives Jahr. Wenn man neu in so eine Position kommt, muss man viel lernen. Ich bin davon ausgegangen, dass ich die Gewista schon ganz gut kenne, aber die Komplexität und Dimension des Unternehmens hat sich erst durch die Geschäftsführertätigkeit wirklich eröffnet. Die Gewista ist ein tolles Unternehmen mit einem großartigen Portfolio und ist der Top-Innovator am österreichischen Out Of Home-Markt.. Dazu fällt mir ein, dass ich kürzlich ein Advertorial der Epamedia gelesen habe, die sich darin als führender Außenwerber in Österreich bezeichnet. Da habe ich schon sehr schmunzeln müssen. Ich bin eigentlich niemand der auf einen Mitbewerber oder Marktbegleiter hinhackt. Aber dieses Selbstverständnis, mit dem die Epamedia von sich behauptet, "Österreichs führender Außenwerber" zu sein, hat mich schon sehr gewundert. Wenn man sich die Zahlen anschaut, dann ist die Epamedia gerade einmal ein Drittel der Gewista. Das wäre so, als würden wir behaupten, dass wir der Weltmarktführer sind. Was ja eigentlich sogar stimmt, da wir zur JCDecaux-Gruppe gehören (lacht).
LEADERSNET: Man kann also sagen, dass es ein gutes Jahr für die Gewista war?
Solta: Der wirtschaftliche Erfolg ist für ein Unternehmen essenziell und deshalb bin ich froh, dass die von mir eingebrachten Ideen diesem Erfolg keinen Abbruch getan haben. Dinge müssen im Windschatten des Erfolgs verändert werden. Das ist so ähnlich – auch wenn das jetzt dramatisch klingt – wie eine Operation am offenen Herzen. Das ist zwar nicht immer ganz einfach, aber trotzdem schön.
LEADERSNET: Welche Geschäftsfelder haben sich im abgelaufenen Jahr besonders gut entwickelt?
Solta: Die Treiber des Erfolges waren City Light und Digital. Die beiden Kategorien sind fast ähnlich stark gewachsen. Das Potential im digitalen Bereich ist gigantisch. Wir generieren mittlerweile 17 bis 18 Prozent des Umsatzes aus dem digitalen Geschäft. Es ist also ein echter Wachstumsmotor. Darüber hinaus haben wir, in den bestehenden Segmenten das Potential gehoben, beispielsweise die Sales Unit neu aufgestellt und neben dem klassischen Key Account Bereich eine Digital Unit ins Leben gerufen. Für Wien wurde eine eigene Unit für KMUs gegründet, die sich Stadtwerbung nennt, mit der wir den Lokalmarkt intensiver betreuen werden.
LEADERSNET: Der Wiener Lokalmarkt ist nicht gerade klein …
Solta: Das ist richtig. Man macht in Wien oft den Fehler, dass man ob der ganzen großen Kunden manchmal die kleinen Unternehmen ein wenig aus dem Focus verliert. Aber dort liegt noch viel Potential. Als Erweiterung haben wir die Unit Transport Media Verkehrsmittelwerbung gegründet. Das ist ein sehr spezielles Segment, dem wir hinkünftig auch noch mehr Aufmerksamkeit widmen wollen.
LEADERSNET: Wie kann ein KMU konkret bei der Gewista werben?
Solta: Das kann so aussehen, dass ein Lokal ein oder zwei Plakatflächen in der näheren Umgebung als Dauerwerbung bucht. Dazu kann auf einer Buslinie, die in der Gegend verkehrt, eine Heckfläche beklebt werden. Es gibt eine Reihe von preisgünstigen Werbemitteln, die gezielt eingesetzt und eben auch kombiniert werden können. Ein gutes Beispiel dafür ist auch eine Dauerwerbetafel an einem Lichtmasten, auf der stehen kann, dass es noch 200 Meter bis zum Lokal sind. Da gibt es ganz gezielte Targetingmaßnahmen, die sowohl im analogen Bereich als auch im digitalen Bereich umsetzbar sind.
LEADERSNET: Sind neue digitale Werbeflächen geplant?
Solta: Es sind heuer sehr viele dazugekommen. Wir haben 2017 den nationalen Rollout fast vollständig vollzogen und sind im Jänner aus Wien heraus nach Salzburg gegangen, haben im März Graz in Angriff genommen und sind im Oktober in Linz gelandet. Anfang 2018 wird Innsbruck, und in weiterer Folge der restliche Westen Österreichs realisiert. Parallel dazu haben wir in Wien in der U-Bahn die Digitalisierung weiter vorangetrieben. Neben den bereits bestehende sieben größten U-Bahnstationen wurden jetzt noch weitere 18 Stationen mit 44 Screens erschlossen. Hier haben wir Screens gezielt an hochfrequentieren Passantenwegen, an denen der Aufnahmezeitraum hoch ist, platziert. Damit ist die Digital Roadmap im Groben vorerst abgeschlossen.
LEADERSNET: Könnten Sie sich vorstellen eine richtige große Werbefläche – ähnlich dem Piccadilly Circus in London – in Wien zu installieren?
Solta: Wir würden so etwas schon gerne machen. Andererseits muss man aber auch hinterfragen, wie groß die Werbewirksamkeit dort tatsächlich ist. Der Piccadilly Circus ist quasi ein Fleckerlteppich, der aus vielen Screens und Elementen besteht. Da finde ich das analoge Megaboard am Schwarzenbergplatz in Wien, bei dem einem der Mund offen stehen bleibt, wenn man daran vorbeigeht, wesentlich effektiver. Wir würden so etwas schon auch gerne in digitaler Form machen, aber das erlauben die verkehrstechnischen Richtlinien bei uns nicht. Der Uniqa Tower ist vielleicht ein Vorbote der Digitalisierung nahe von Straßenzügen. Die machen das sehr gescheit, dezent und sehr subtil.
LEADERSNET: Welche Innovationen möchten Sie 2018 in Angriff nehmen?
Solta: Ganz oben auf der Prioritätenliste steht, dass wir den digitalen Rollout, von dem ich vorher gesprochen habe, auch im Hintergrund unterstützen und diese Werbeflächen entsprechend monetarisieren. Um dies zu erreichen, haben wir unsere Sale Units entsprechend aufgestellt und ein neues CRM (Customer Relationship Management) Tool implementiert. Darüber hinaus haben wir das analoge Plakat mit dem digitalen Medium verschränkt, in dem wir Geofencing einsetzen, uns alleinstehende Werbeträger, Wartehallen, usw. herausgesucht und einen Geofence gezogen. Passanten, die sich in diesem Radius bewegen, bekommen über bestimmte Apps zu den Plakaten passende Botschaften auf ihrem Smartphone ausgespielt. Eine neu eingerichtet Arbeitsgruppe, erarbeitet gerade wie wir das Rolling Board zu einem „intelligenten" Medium machen können. Ein erster Schluss daraus ist, dass wir begonnen haben, das Rolling Board temperaturgesteuert einzusetzen: Das bedeutet, dass bestimmte Werbebotschaften nur bei entsprechendem Wetter erscheinen. So können wir beispielsweise einstellen, dass eine Eskimo-Werbung erst ab 25 Grad ausgespielt wird oder dass bei einem Absinken der Temperatur unter sieben Grad die Botschaft "Bitte nicht vergessen, auf Winterreifen umzusteigen." ausgespielt wird.
LEADERSNET: In unserem letzten Gespräch haben Sie angedeutet, dass die Gewista mit ihren Wiener Tochtergesellschaften Infoscreen, Megaboard, Kulturplakat und Autobahnwerbung einen gemeinsamen Standort beziehen könnte. Sind diese Pläne in der Zwischenzeit schon konkreter geworden?
Solta: Wir haben diesbezüglich noch kein grünes Licht von den Gesellschaftern, aber die Weichen sind de facto gestellt. Wir hatten dieses Jahr im Hinblick auf unsere Tochtergesellschaften auch viele andere wichtige Themen auf der Tagesordnung. Sollte also die Entscheidung dahingehend fallen, dass wir alle unter einem Dach vereint sein werden, haben wir unsere Hausaufgaben schon erledigt. Darüber hinaus haben wir für 2018 auf Initiative von CSO Andrea Groh einen Markenpositionierungsprozess angestoßen. Wir überlegen uns dabei, wie wir die Gewista in Zukunft als Marke positionieren.
LEADERSNET: Welche Veränderungen in der Positionierung sind angedacht?
Solta: Es wird hier ein paar Stellschrauben geben, an denen wir drehen und werden den Markensteckbrief sowie den Markenkern etwas neu definieren. Das wird auch Auswirkungen auf unsere Kommunikation, auf das Corporate Wording und auf unseren Auftritt am Markt haben.
LEADERSNET: Gibt es schon eine neue Location für die Gewista Plakatparty, nachdem die Stammlocation, der Arkadenhof im Rathaus, gerade saniert wird?
Solta: Im Zuge des Markenpositionierungsprozesses nehmen wir uns die Freiheit auch die Plakatparty neu zu definieren. Da passt es uns eigentlich ganz gut ins Konzept, dass der Arkadenhof renoviert wird. Das heißt, wir werden die Plakatparty 2018 nicht durchführen. Wir haben uns Alternativen zum Rathaus angeschaut, aber gemerkt, dass keine andere Location für uns in Frage kommt. Deshalb nutzen wir die Zeit, um die Plakatparty neu zu denken und uns 2019 mit einem neuen Konzept zurückzumelden.
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