In Seattle hat Amazon seinen Hauptsitz jüngst mit futuristischer Architektur aufgemotzt. Das Unternehmen will zudem aber ein zweites, riesiges Hauptquartier bauen. Die Suche des Online-Riesen nach einem Standort für den Bau hat in den USA und Kanada ein regelrechtes Wettrennen ausgelöst. Denn ganz Nordamerika will das Unternehmen "haben". Mindestens eine Million Einwohner, ein internationaler Flughafen sowie eine stabile und unternehmerfreundliche Umgebung, so lauten die Anforderungen. Das "HQ2" soll mit 50.000 neuen Mitarbeitern besetzt werden. Dafür ist das Unternehmen bereit, fünf Milliarden Dollar hinzublättern.
"Keiner bietet derartige Möglichkeiten"
Um sich gegenüber der Konkurrenz von mehr als 130 Bewerbern durchzusetzen und so namhafte Städte wie New York oder Dallas auszustechen, greift die Stadtverwaltung der kleinen Provinzmetropole Stonecrest im Bundesstaat Georgia nun zu drastischen Mitteln. Sie will dem IT-Konzern im Fall eines Zuschlags insgesamt 345 Morgen Land (rund 140 Hektar) zur Verfügung stellen, um dort eine neue Stadt zu errichten, die auf den Namen "Amazon" getauft werden soll.
"Es gibt sicherlich viele US-amerikanische Städte, die Amazon haben wollen. Aber keine davon bietet diesem phantastischen Unternehmen derartige Möglichkeiten, die eigene Marke auszubauen, wie wir", zitiert die Seattle Times den Bürgermeister von Stonecrest, Jason Lary. Der Vorschlag, dass man dem Online-Händler ein riesiges Stück Land bereitstellen will, das dieser nach sich selbst benennen darf, sei von den Mitgliedern der hiesigen Stadtverwaltung mit vier zu zwei Stimmen angenommen worden. "Was könnte es für dieses Unternehmen im 21. Jahrhundert besseres geben, als sein neues Hauptquartier in einer Stadt zu bauen, die Amazon heißt?", so Lary.
Befürworter würde es auch in Österreich geben
"Wenn Amazon in Österreich einen Standort errichten würde, würde es wohl auch einige Stimmen geben, die das befürworten. Insgesamt gesehen steht der Handel hierzulande diesem Unternehmen aber sehr kritisch gegenüber", erklärt Iris Thalbauer, Geschäftsführerin der Sparte Handel der Wirtschaftskammer Österreich (WKO). Die Gründe hierfür seien vor allem in unfairen Steuerbelastungen zu sehen. "Während unsere Unternehmen mit Ertragssteuern von bis zu 25 Prozent rechnen müssen, bezahlen Internetgiganten wie Amazon nur ein Geringfaches davon. Das schafft ungleiche Wettbewerbsbedingungen und schwächt sowohl den heimischen stationären als auch den Online-Handel", betont Thalbauer.
Doch das sei nicht das einzige Problem. "Österreichische Firmen müssen eine ganze Reihe von Gebühren beachten und zum Beispiel Verpackungsgebühren oder Urheberrechtsabgaben bezahlen. Diese Dinge verteuern natürlich die Produkte, was zu einem Kaufkraftabfluss führt", erläutert die WKO-Expertin. Dieser Tatsache müssten sich auch die Konsumenten stärker bewusst werden. "Man sollte sich bei jedem Einkauf überlegen, ob man dasselbe Produkt nicht auch bei einem österreichischen Händler bekommt", meint Thalbauer.
Die aktuelle politische Debatte, bei der es darum geht, Internetgiganten wie Amazon auch steuerrechtlich stärker in die Pflicht zu nehmen, sei daher äußerst begrüßenswert. "Es werden derzeit verschiedenste Modelle diskutiert, deren Konsequenzen wir uns genau anschauen müssen. Das alles wird sicher nicht von heute auf morgen passieren. Ich bin allerdings zuversichtlich, dass hier eine brauchbare Lösung gefunden wird", resümiert Thalbauer.
250 Millionen Euro Nachzahlung
Drei Jahre lang wurde untersucht, jetzt liegt das Ergebnis vor: Die EU brummt Amazon eine Steuernachzahlung von 250 Millionen Euro auf. Luxemburg habe Amazon eine unlautere Steuererleichterung in dieser Höhe gewährt, so Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager. Dies sei nach den EU-Beihilfevorschriften verboten. Der Konzern habe fast drei Viertel seiner Gewinne nicht versteuert und somit die Steuerlast auf seine in Europa getätigten Verkäufe deutlich reduziert. In einem ähnlichen Fall hatte die EU-Kommission Irland bereits zum Eintreiben von bis zu 13 Milliarden Euro von Apple aufgefordert. (jw/pte)
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